Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Beschluss läuft ins Leere
Die vom Stadtrat übermittelte Absicht, mehr Menschen vor allem aus den Lagern in Griechenland in Remscheid aufnehmen zu wollen, wird nach längerer Wartezeit vom Land NRW höflich, aber klar abgewiesen.
Die Absicht, mehr Flüchtlinge vor allem aus den Lagern in Griechenland in Remscheid aufnehmen zu wollen, wird vom Land NRW abgewiesen.
Es hat ein bisschen länger gedauert bis die Antwort kam – und zufriedengestellt haben wird sie viele der Absender nicht. Fünf Monate nach einem mit klarer Mehrheit gefassten Beschluss des Stadtrates, Land und Bund die Bereitschaft zu signalisieren, mehr Flüchtlinge in Remscheid aufnehmen zu wollen und damit vor allem die Not unbegleiteter Kinder und Jugendliche in den Aufnahme-Einrichtungen in Griechenland zu lindern, liegt dem inzwischen neu gewählten Rat die Antwort des stellvertretenden NRW-Ministerpräsidenten Joachim Stamp (FDP) vor. Der Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration bedankt sich höflich für das Angebot, und zollt dem auch von anderen Kommunen vorgetragenen Wunsch Anerkennung.
Stamp verweist darauf, dass das Land 243 kranke Kinder mitsamt ihrer Kernfamilien aufnehmen wolle. Zugleich aber macht er in seinem Brief an die Stadt deutlich, dass er von Einzelaktionen der Kommunen wenig hält. Nur eine dauerhafte verlässliche Einigung in der EU könne die Lösung sein. „Es muss ein klares Regelwerk entstehen und es darf jetzt keine Scheinlösung geben, die die unterschiedlichen Positionen in Europa mit Formelkompromissen kaschiert“heißt es in dem Schreiben.
Die Linke, die zusammen mit den Grünen im Sommer den Antrag für den Rat gestellt hatte, spricht in einer Pressemitteilung von einer „Schande, wie Deutschland und das Land NRW hier reagieren“. Die Notwendigkeit, schnell zu helfen, sei keine abstrakte europäische Aufgabe, „sondern eine sehr konkrete, die wir hier und heute zu erfüllen haben“.
Kritische Stimmen zum Antrag hatte es in der intensiven Ratsdebatte unter anderem von CDU-Chef Jens Nettekoven gegeben. Die Stadt habe bereits Beachtliches geleistet bei der Hilfe für Flüchtlinge, sagte er.
Wie sehr sich Remscheid beim Thema Flüchtlinge in den vergangenen Jahren engagiert hat, zeigt ein Bericht der Verwaltung für die nächste Sitzung des Integrationsrates. Im Dezember 2020 lebten
2358 Flüchtlinge in Remscheid.
1650 davon hatten ein Bleiberecht,
278 befanden sich zu diesem Zeitpunkt in einem laufenden Asylverfahren. Zudem lebten im Dezember
430 geduldete Personen in der Seestadt auf dem Berge, deren Asylantrag abgelehnt wurde.
367 Menschen sind in einem der sechs Übergangsheime der Stadt und in einer Wohnanlage untergebracht. 437 leben in Wohnungen, die die Stadt für sie angemietet hat. Die Zahl der neuen Zuweisungen war 2020 mit 108 Menschen bis Dezember die niedrigste seit dem Start der Flüchtlingswelle im Jahr 2015. Damals gab es 1030 Zuweisungen, im Folgejahr 725.
Bedenkt man jedoch, dass es bedingt durch die Corona-Pandemie im Jahr 2020 eine Zuweisungspause von mehr als sechs Wochen im Frühjahr gab, ist der Wert mit dem des Vorjahres (130) vergleichbar.
Die Stadt erfüllt damit die ihr von Bund und Land zugedachte Aufnahmequote zu 87,23 Prozent. „Es kann daher demnächst mit weiteren Zuweisungen nach Remscheid gerechnet werden“, heißt es in dem Bericht, der in der kommenden Woche in der Sitzung des Integrationsrates auf der Tagesordnung steht.