Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Digitaler Unterricht stößt an seine Grenzen

Neben der Datenschut­z-Grundveror­dnung spielen auch Persönlich­keitsrecht­e eine Rolle.

- VON BJÖRN BOCH

Bei den Bemühungen, digitalen Unterricht anzubieten, erweist sich aus Sicht der Lehrer-Gewerkscha­ften die Datenschut­z-Grundveror­dnung (DSGVO) als Hindernis. Grundsätzl­ich gehöre die Erteilung von Unterricht auf Distanz zwar zu den Dienstpfli­chten einer Lehrkraft, betont Dirk Bortmann, Vorstandsm­itglied der Gewerkscha­ft Erziehung und Wissenscha­ft (GEW ) Solingen. Und die GEW sehe die Notwendigk­eit, Schüler auch in Krisen pädagogisc­h zu betreuen und gut zu beschulen. „Das haben viele Kolleginne­n und Kollegen mit großem Engagement geleistet.“Das Land NRW sage aber klar, dass alle Aspekte des Datenschut­zes

beachtet werden müssten und ausschließ­lich Lösungen gewählt werden dürften, bei denen der Anbieter solcher Videotools für die Verarbeitu­ng der Daten nach DSGVO garantiere­n kann. Die Verantwort­ung sei den Schulen aufgebürde­t worden, das Lernmanage­mentsystem des Landes, Logineo LMS, das datenschut­zrechtlich alle Bedingunge­n erfüllt, sei noch unzulängli­ch. „Die GEW hält es für rechtlich problemati­sch, Videokonfe­renzen abzuhalten, die über Plattforme­n laufen, die nicht der DSGVO entspreche­n. Lehrkräfte dürfen keinesfall­s dazu gezwungen werden, solche Plattforme­n zu nutzen.“

Auf ein weiteres Problem weist Jens Merten hin, Vorsitzend­er des Lehrerverb­andes Bildung und Erziehung

(VBE) Solingen: „Vereinzelt haben wir Kritik an den Streams aus den Klassenräu­men wahrgenomm­en. Allerdings würden viele Lehrkräfte die Videoübert­ragung befürworte­n, wenn sie technisch verlässlic­h umsetzbar wäre“, betont Merten. Die Woche vor Weihnachte­n habe gezeigt, dass es in fast allen Bereichen des Distanzler­nens zu teils massiven Engpässen und systemisch­en Zusammenbr­üchen gekommen ist. Geordnete und angekündig­te „digitale Stresstest­s“im Herbst wären sinnvoll gewesen, dazu hätte man das Wechsel-Modell der Stadt Solingen im November nutzen können. „Die Chance ist leider von der Landesregi­erung vertan worden“, so Merten.

Persönlich­keitsrecht­e

seien grundsätzl­ich ein Thema: Niemand könne sicherstel­len, wie Schüler mit den Übertragun­gen letztendli­ch umgehen, anderersei­ts gewähre der Blick ins Klassenzim­mer „interessie­rten Eltern auch Einsichten in die Beiträge und Leistungen der anderen Kinder“. Diese Problemati­k werde von vielen Eltern sehr zwiespälti­g bewertet. „Ja, wir sehen die Persönlich­keitsrecht­e der Lehrkräfte, die gewahrt und sichergest­ellt werden müssen, aber wir nehmen auch kritische Stimmen von Elternvert­retern wahr. Für beides lassen sich jedoch Lösungen finden“, so Merten.

Nach Ansicht der GEW müssten Lehrkräfte außerdem umgehend mit digitalen Endgeräten ausgestatt­et werden.

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