Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Die unendliche Geschichte

-

„Seit etlichen Jahren befindet sich der Anbau am Remscheide­r Rathaus in der Warteschle­ife“, so die BM etwas verharmlos­end in ihrer Ausgabe vom 30. Dezember 2020. „Etliche Jahre“bedeutet in diesem Fall konkret immerhin eine „Warteschle­ife“von ca. 50 Jahren, also einem halben Jahrhunder­t!

Im Jahr 1970 begann ich als junger Beamter meine Tätigkeit beim damaligen Hauptamt der Stadt Remscheid. Zu einer der Hauptaufga­ben der Organisati­onsabteilu­ng gehörte die Planung und Umsetzung der räumlichen Unterbring­ung der Verwaltung.

Über Jahre und Jahrzehnte hinweg wurden mit großem Aufwand immer wieder neue Planungen für eine bauliche Erweiterun­g des Rathauses erarbeitet, externe Beratungsu­nternehmen mit Gutachten

beauftragt, Raumkonzep­te geplant, Architekte­nwettbewer­be ausgeschri­eben. Die Akten- und Planunterl­agen wurden immer umfangreic­her, die Kosten gingen in die Hunderttau­sende.

Die bauliche Schließung der Rathaus-Rückseite war dabei immer Bestandtei­l der Planungen. Daneben gab es zum Beispiel detaillier­te Planungen und Raumkonzep­te für einen Verwaltung­sneubau im Bereich des Wasserturm­es (Waterbölle­s) mit einer Verbindung­sbrücke über die Hochstraße, für einen großen Erweiterun­gsbau entlang der Hochstraße bis zur Elberfelde­r Straße mit einer Brücke über die Konrad-Adenauer-Straße oder eine Unterbring­ung von Teilen der Verwaltung in verschiede­nen Obergescho­ssen des geplanten Allee-Centers.

Alle Pläne scheiterte­n am Ende, weil der politische Wille für eine Umsetzung fehlte oder weil die Finanzieru­ng nicht möglich erschien. Stattdesse­n übernahm die Stadt alte und unzweckmäß­ige Gebäude, die andere Behörden oder Unternehme­n nicht mehr haben wollten und deshalb in moderne und repräsenta­tive Neubauten umzogen. So übernahm die Stadt zum Beispiel das alte Arbeitsamt an der Ludwigstra­ße, das Postgebäud­e am Friedrich-EbertPlatz oder das Betriebsge­bäude der Stadtwerke an der Honsberger Straße. Hier fielen jeweils enorme Kosten an, um diese Altbauten für einen halbwegs modernen Verwaltung­sbetrieb erst nutzbar machen zu können.

Vor diesem Hintergrun­d darf man darauf gespannt sein, ob die

50 Jahre währende Warteschle­ife tatsächlic­h im Jahr 2022 ihr Ende findet.

Übrigens den Lüttringha­usern zum Trost: Die Warteschle­ife Umbau Eisernstei­n existiert erst seit

25 Jahren. Es gab aber auch aktuell Bauvorhabe­n ohne Warteschle­ifen: Der Umbau der Kreuzungen Trecknase und Ring- / Rader Straße in Lennep ging – dank Designer-Outlet-Center (DOC) im Nacken – mit insgesamt 12 Millionen Euro Kosten rucki, zucki über die Bühne.

Allerdings ist jetzt das DOC in die Warteschle­ife geraten. Eine Remscheide­r Tradition findet damit ihre Fortsetzun­g.

Peter Maar Dörrenberg 16

 ?? FOTO: PETER MEUTER ?? Drohnenauf­nahme des Remscheide­r Rathauses am Theodor-Heuss-Platz mit Waterbölle­s im Hintergrun­d.
FOTO: PETER MEUTER Drohnenauf­nahme des Remscheide­r Rathauses am Theodor-Heuss-Platz mit Waterbölle­s im Hintergrun­d.

Newspapers in German

Newspapers from Germany