Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Die Appelle haben gewirkt
Nach chaotischen Zuständen in der Eifel und im Sauerland war die Situation am Wochenende recht ruhig. Die Sorge aber bleibt. Ein Besuch in Hellenthal.
Zwei kleine Jungen toben am Samstagmittag an einem Hang in Hellenthal durch den Pulverschnee. Der Jüngere, Liyan, ist zwei Jahre alt und drückt den Schnee vorsichtig zu einem Ball zusammen. „Er sieht heute zum ersten Mal Schnee“, sagt seine Tante, die eine Mohrrübe mitgebracht hat, damit die Kinder einen anständigen Schneemann bauen können. Die Familie lebt in Düren, seit einem Monat waren die Kinder nicht in der Kita. „Sie langweilen sich total“, sagt die 27-Jährige. Und deshalb habe sie sich die beiden geschnappt und sei mit ihnen in die Eifel gefahren – obwohl sie die Appelle der Bürgermeister und Landräte gehört hat. „Stay @ home!“lautete deren inständige Bitte, bleibt zu Hause.
„Ich kann die Familien mit kleinen Kindern ja verstehen“, sagt Rudolf Westerburg. „Menschlich tut mir das leid.“Westerburg ist Bürgermeister der Gemeinde Hellenthal, 60 Ortschaften mit 8000 Einwohnern gehören dazu. Im Winter ist die Umgebung nahezu paradiesisch frostig-weiß. Am ersten Sonntag des neuen Jahres sind so viele Schneetouristen in die Eifel gekommen wie zuletzt vor 30 Jahren, sagt er. „Der Verkehr staute sich durch das ganze Schleidener Tal.“Und am Nachmittag war die A1 in Richtung Köln dicht. „Die Leute fahren sehr weit, um zu uns zu kommen in diesem Jahr – obwohl sie wissen, dass alle Lokale geschlossen sind und es keine sanitären Einrichtungen gibt“, sagt Westerburg. Die Zustände seien teilweise chaotisch gewesen, an Abstände und Masken habe kaum mehr einer gedacht. „Probleme hatten wir vor allem mit jüngeren
Leuten, weniger mit Familien, die ihren Müll eigentlich mitnehmen“, sagt der 59-Jährige. Nachdem er Anfang Januar abends mehrere Autos auf einem Parkplatz gesehen hatte, an denen junge Leute dicht zusammenstanden, tranken und „Party machten“, wie Westerburg sagt, habe er die Reißleine gezogen. Seit dem 4. Januar sind jetzt alle Parkplätze gesperrt, die direkt an die Wintersportplätze angrenzen. Das fast 30 Kilometer große Loipennetz ist nicht gespurt, die Zugänge sind abgesperrt.
Westerburgs Handy brummt. Er hat eine Whatsapp-Gruppe mit 27 Mitarbeitern des Ordnungsamtes, die an diesem Wochenende im Einsatz sind. „Es ist ruhig“, sagt er. „Die Leute haben sich unsere Appelle offenbar zu Herzen genommen.“Er hatte die ganze Woche schon auch auf die Schneebruchgefahr hingewiesen. Allein von Freitagabend bis Samstagfrüh musste die Feuerwehr
in Hellenthal zehn Mal ausrücken, um dicke Äste oder auch Bäume zu beseitigen, die unter der Last des Schnees abgebrochen oder umgeknickt waren. Aus dem Grund wurden auch Spazierwege gesperrt. Streifenwagen sind den ganzen Samstag unterwegs, Falschparker werden abgeschleppt.
Einige wenige haben sich aber trotzdem auf den Weg in die Eifel gemacht. Ein Mann hat seine Mutter untergehakt und will ihr den Hellenthaler Schnee zeigen. In Tippelschritten geht sie neben ihm her. „Wir kommen aus Köln“, sagt er. „Wenn es hier überlaufen gewesen wäre, wären wir halt wieder zurückgefahren.“Ein paar Jugendliche ziehen ein Schlauchboot den Hang hinauf. Mit großem Geschrei geht es damit dann zurück ins Tal. Auch am Sonntag bleibt es aber recht ruhig. Westerburg ist zufrieden. „Kein Vergleich zum Ansturm der vergangenen Woche“, sagt er.
Im Bergischen Land waren die Ski- und Rodelhänge am Wochenende ziemlich voll, aber im Sauerland hat sich die Situation wie in der Eifel deutlich entspannt. „Die Leute verteilen sich gut“, sagt Sebastian Held, Sprecher der Kreispolizeibehörde Hochsauerlandkreis am Sonntag. Die Polizei musste nur die Zufahrt zum Skigebiet „Wilde Wiese“in Sundern sperren. Es gab danach 23 Verstöße gegen das Betretungsverbot oder die Maskenpflicht. Das Wetter habe insgesamt aber zur Entspannung beigetragen: „Es hat nochmal kräftig geschneit und so ist inzwischen das ganze Sauerland voller Schnee – die Leute müssen also nicht alle nach Winterberg fahren.“