Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Die Appelle haben gewirkt

Nach chaotische­n Zuständen in der Eifel und im Sauerland war die Situation am Wochenende recht ruhig. Die Sorge aber bleibt. Ein Besuch in Hellenthal.

- VON CLAUDIA HAUSER

Zwei kleine Jungen toben am Samstagmit­tag an einem Hang in Hellenthal durch den Pulverschn­ee. Der Jüngere, Liyan, ist zwei Jahre alt und drückt den Schnee vorsichtig zu einem Ball zusammen. „Er sieht heute zum ersten Mal Schnee“, sagt seine Tante, die eine Mohrrübe mitgebrach­t hat, damit die Kinder einen anständige­n Schneemann bauen können. Die Familie lebt in Düren, seit einem Monat waren die Kinder nicht in der Kita. „Sie langweilen sich total“, sagt die 27-Jährige. Und deshalb habe sie sich die beiden geschnappt und sei mit ihnen in die Eifel gefahren – obwohl sie die Appelle der Bürgermeis­ter und Landräte gehört hat. „Stay @ home!“lautete deren inständige Bitte, bleibt zu Hause.

„Ich kann die Familien mit kleinen Kindern ja verstehen“, sagt Rudolf Westerburg. „Menschlich tut mir das leid.“Westerburg ist Bürgermeis­ter der Gemeinde Hellenthal, 60 Ortschafte­n mit 8000 Einwohnern gehören dazu. Im Winter ist die Umgebung nahezu paradiesis­ch frostig-weiß. Am ersten Sonntag des neuen Jahres sind so viele Schneetour­isten in die Eifel gekommen wie zuletzt vor 30 Jahren, sagt er. „Der Verkehr staute sich durch das ganze Schleidene­r Tal.“Und am Nachmittag war die A1 in Richtung Köln dicht. „Die Leute fahren sehr weit, um zu uns zu kommen in diesem Jahr – obwohl sie wissen, dass alle Lokale geschlosse­n sind und es keine sanitären Einrichtun­gen gibt“, sagt Westerburg. Die Zustände seien teilweise chaotisch gewesen, an Abstände und Masken habe kaum mehr einer gedacht. „Probleme hatten wir vor allem mit jüngeren

Leuten, weniger mit Familien, die ihren Müll eigentlich mitnehmen“, sagt der 59-Jährige. Nachdem er Anfang Januar abends mehrere Autos auf einem Parkplatz gesehen hatte, an denen junge Leute dicht zusammenst­anden, tranken und „Party machten“, wie Westerburg sagt, habe er die Reißleine gezogen. Seit dem 4. Januar sind jetzt alle Parkplätze gesperrt, die direkt an die Winterspor­tplätze angrenzen. Das fast 30 Kilometer große Loipennetz ist nicht gespurt, die Zugänge sind abgesperrt.

Westerburg­s Handy brummt. Er hat eine Whatsapp-Gruppe mit 27 Mitarbeite­rn des Ordnungsam­tes, die an diesem Wochenende im Einsatz sind. „Es ist ruhig“, sagt er. „Die Leute haben sich unsere Appelle offenbar zu Herzen genommen.“Er hatte die ganze Woche schon auch auf die Schneebruc­hgefahr hingewiese­n. Allein von Freitagabe­nd bis Samstagfrü­h musste die Feuerwehr

in Hellenthal zehn Mal ausrücken, um dicke Äste oder auch Bäume zu beseitigen, die unter der Last des Schnees abgebroche­n oder umgeknickt waren. Aus dem Grund wurden auch Spazierweg­e gesperrt. Streifenwa­gen sind den ganzen Samstag unterwegs, Falschpark­er werden abgeschlep­pt.

Einige wenige haben sich aber trotzdem auf den Weg in die Eifel gemacht. Ein Mann hat seine Mutter untergehak­t und will ihr den Hellenthal­er Schnee zeigen. In Tippelschr­itten geht sie neben ihm her. „Wir kommen aus Köln“, sagt er. „Wenn es hier überlaufen gewesen wäre, wären wir halt wieder zurückgefa­hren.“Ein paar Jugendlich­e ziehen ein Schlauchbo­ot den Hang hinauf. Mit großem Geschrei geht es damit dann zurück ins Tal. Auch am Sonntag bleibt es aber recht ruhig. Westerburg ist zufrieden. „Kein Vergleich zum Ansturm der vergangene­n Woche“, sagt er.

Im Bergischen Land waren die Ski- und Rodelhänge am Wochenende ziemlich voll, aber im Sauerland hat sich die Situation wie in der Eifel deutlich entspannt. „Die Leute verteilen sich gut“, sagt Sebastian Held, Sprecher der Kreispoliz­eibehörde Hochsauerl­andkreis am Sonntag. Die Polizei musste nur die Zufahrt zum Skigebiet „Wilde Wiese“in Sundern sperren. Es gab danach 23 Verstöße gegen das Betretungs­verbot oder die Maskenpfli­cht. Das Wetter habe insgesamt aber zur Entspannun­g beigetrage­n: „Es hat nochmal kräftig geschneit und so ist inzwischen das ganze Sauerland voller Schnee – die Leute müssen also nicht alle nach Winterberg fahren.“

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FOTO: CLAUDIA HAUSER Rudolf Westerburg, Bürgermeis­ter der Gemeinde Hellenthal, am Samstag vor einer abgesperrt­en Loipe.

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