Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Händler kämpfen gegen den Stillstand
Geschäfte, die trotz der Pandemie öffnen dürfen, müssen kreativ sein. Die Märkte beleben Ohligs und Mitte.
Um kurz nach 9 Uhr am Samstagmorgen gibt es in Wald nur eine Art von Hotspot – was in früheren Zeiten mal schlicht für einen gut besuchten Ort stand. Im morgendlichen Grau sind das die Bäcker. Die Menschen stehen an den verschiedenen Läden auf der Friedrich-Ebert-Straße artig an. Den an diesem Tag kräftigen Nebel durchbricht zu dieser Stunde nur grelles Orange: das der Straßenreiniger, die schon früh die öffentlichen Mülltonnen leeren, gleichermaßen wie das des Obst- und Gemüsehändlers, dessen orangefarbene Vitaminbomben in der Auslage locken.
Ansonsten: Stillstand im Stadtteil. Der obligatorische Samstagsbummel scheint hier nahezu flachzufallen, der Stadtteil wirkt eher wie am Neujahrsmorgen. Oder ist es schlicht zu früh? Der Blick auf die Einzelhändler, die hier nicht auf Lebensmittel setzen und weiter durchhalten, bekräftigt das. Der Bücherwald hat bereits geöffnet, die seitliche Eingangstür ist zum Abholen bestellter Ware umfunktioniert. Am frühen Samstag nutzt das noch niemand, später aber ist die Frequenz erfahrungsgemäß höher. Die Kreativwerkstatt gegenüber, bdruckt, hat noch eine halbe Stunde geschlossen.
Viel los ist also nicht. Und das um diese Zeit auch noch nicht mal beim Drogeriemarkt. Denn während rund um die Walder Kirche sonst momentan meist andächtige Stille herrscht, gibt es hier immer mal wieder eine Schlange. Fast nicht zu glauben, aber am Samstagmorgen doch wahr: Offenbar
ist immer noch nicht zu allen Kunden durchgedrungen, dass die Einkaufswagen oder -körbe inzwischen obligatorisch sind. Die Regale mit Klopapier & Co. sind übrigens reichlich gefüllt.
Eine Stunde später herrscht in Ohligs hingegen leichter Trubel. Der Marktplatz lockt mit seinen Händlern. Ein wenig unwirklich wirkt es momentan schon, wie nah sich an manchen Engstellen die Menschen begegnen. Sehr beliebt: Käse und die Produkte des örtlichen Metzgers. In Mitte, wo ebenfalls der Markt ganz gut besucht ist, muss man später kaum anstehen – außer beim Gemüsehändler. Wahrlich nicht unbelebt ist auch die Ohligser Fußgängerzone, vor vielen kleineren Läden bilden sich kleine Schlangen. Wie schon in Wald sind die sonst gerade samstags so beliebten Frühstückstreffs verwaist und geschlossen. Hier lebt die Hoffnung, dass Richtung Frühjahr wieder mehr Leben einkehrt. Bis dahin scheint das Frühstück mit Blick auf die abermals längeren Schlangen auch vor den Bäckereien aber nicht auszufallen.
Unweit von Ohligser Marktplatz und Düsseldorfer Straße ringen die Einzelhändler schon ganz anders um Aufmerksamkeit. „Ist das gut so?“, fragt Luan Rashiti. Er hat für Brix & Wolf, wo er unter anderem Schreibwaren, Büro- und Schulbedarf anbietet, gerade zwei Plakate gestaltet. „Man muss auf sich aufmerksam machen“, sagt er. Auf schwarzen Plakaten hat er in großen, weißen Lettern festgehalten, dass sein Laden geöffnet hat – an der Abholstation wird auch am Samstagmorgen immer mal wieder geklingelt. Rashiti: „Ich mache gleich auch direkt ein Foto fürs Internet. Gerade die Facebook-Gruppe für Solinger Händler hilft sehr. Der Druck hat uns Ideen gebracht,
ich freue mich über jeden einzelnen Kunden.“
Einige Meter weiter ist es bei Katy & Ana, dem veganen und vegetarischem Lokal, auf den ersten Blick zwar ruhig, in der Küche sind Katerina Tranidou und Anastasia Vakaka aber schwer beschäftigt: „Gott sei Dank haben wir seit unserer Ladenöffnung auch Take-away angeboten.“Das zahlt sich jetzt aus. Tranidou spricht aber trotzdem auch den anderen Händlern und Gastronomen aus der Seele: „Die Leute sitzen einfach super gerne hier drinnen. Hoffentlich geht das bald wieder.“