Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Lothar Groß geht in den Ruhestand
Urgestein leitete das Berufskolleg an der Stuttgarter Straße seit 2000.
(AWe) Das Wirtschaftsgymnasium am Berufskolleg Wirtschaft und Verwaltung verliert seinen Chef. Studiendirektor Lothar geht am 31. Januar in den Ruhestand. Seit 2000, als der Fachzweig an der Stuttgarter Straße ins Leben gerufen wurde, wird es in Regie von Studiendirektor Lothar Groß geführt. Mit 66 Jahren verabschiedet sich das Urgestein.
Heiligabend lag der Bescheid von der Bezirksregierung in der Post. 51 Berufsjahre liegen hinter dem gebürtigen Mülheimer. Als 15-Jähriger begann Groß eine Lehre als Bankkaufmann in seiner Heimatstadt im Ruhrgebiet. Weil er in der Bankbranche damals kaum Aufstiegschancen sah, machte er sein Abitur nach und studierte doppelt. Erst Wirtschaft an der Uni Duisburg mit einem Abschluss als Diplom-Ökonom. Danach legte er, ermuntert durch Erfahrungen in der Erwachsenenbildung, die ihm finanziell neben Taxifahren durchs Leben halfen, ein Lehramtsstudium mit Deutsch und Pädagogik drauf.
Nach seinem Referendariat in Duisburg gelangte er mit seiner ersten Stelle 1985 direkt nach Remscheid an das Berufskolleg Wirtschaft und Verwaltung. Als Mann aus der Praxis war der zweifache Familienvater (eine Tochter, ein Sohn), der längst in Remscheid heimisch geworden ist, eine ideale Besetzung. Das Wirtschaftsgymnasium
ins Rollen zu bringen, bereitete ihm viel Freude. Trotz starker Konkurrenz ist es zum größten Beruflichen Gymnasium in der Region geworden. In der Regel sind die Jahrgänge zweizügig. Neben den allgemeinbildenden Fächern sind BWL und VWL sowie Wirtschaftsinformatik verpflichtend. Einer der beiden Leistungskurse ist die Betriebswirtschaftslehre, der zweite entweder Deutsch, Englisch oder Mathe. Mehr als 600-mal wurde das Abitur in den 20 Jahren vergeben. Zahlreiche Rückmeldungen ehemaliger Schüler zeugen von erfolgreichen Berufsausbildungen und Studiengängen. „Natürlich haben viele unserer Absolventen Wirtschaft studiert, aber auch Maschinenbau, Sprachen, Informatik und viele weitere Wissenschaften“, erklärt Groß.
Cornelia Berghaus-Biermann, die Leiterin des Berufskollegs, gönnt ihrem erfahrenen Mitarbeiter zwar den wohlverdienten Ruhestand, verzichtet aber ungern auf ihn. „Lothar Groß hat bei allem Engagement für das Wirtschaftsgymnasium nie den
Kontakt zur Basis verloren. Als gelernter Bankkaufmann hat er es sich nicht nehmen lassen, in der Berufsschule an der Ausbildung zukünftiger Bankkaufleute mitzuarbeiten.“
Außerdem pflegte er immer den Kontakt zu den Partnerschulen. Er war zum Beispiel beteiligt, als die Stadt sich entschied, eine Sekundarschule einzurichten und für diese erste Konzepte erstellt wurden. Etwas später wurde die Nelson-Mandela-Schule aus der Taufe gehoben.
Lothar Groß ist sicher, dass „sein Wirtschaftsgymnasium“als gymnasiale Oberstufe auch in Zukunft viele Schüler überzeugen wird. Als besondere Zukunftsaufgabe sieht er die Digitalisierung an, die an der Schule in vollem Gange sei: „Wir müssen unseren Nachwuchs die Möglichkeiten der modernen Technik jenseits von Youtube, Tiktok und Instagram nahebringen.“
Nach seinem Weggang wird zunächst die Stellvertreterin von Groß, Iris Schwabe-Säbel, die Leitung kommissarisch übernehmen. Ein großes Hobby, das Reisen, wird Lothar Groß in Corona-Zeiten nur sehr eingeschränkt wahrnehmen können. Aber auch das sei in NRW unter wirtschaftshistorischen Gesichtspunkten möglich. Lothar Groß denkt an die Textilfabrik Cromford Industriemuseum in Ratingen, die erste Fabrik auf dem europäischen Kontinent. Oder an das LWL-Freilichtmuseum in Hagen-Selbecke.