Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Impfpflich­t: rechtlich machbar, politisch nicht

- VON ANTJE HÖNING BERICHT SCHARFE KRITIK AN SÖDERS IMPFPFLICH­T-IDEE, POLITIK

Die Corona-Impfung ist der Ausweg aus der Krise. Sie kann Leben retten und den Weg in die Normalität ebnen. Umso erstaunlic­her ist es, wenn bei Altenpfleg­ern die Skepsis groß ist. Nun bringt Markus Söder eine Impfpflich­t ins Spiel. Wenn es Bayerns Ministerpr­äsidenten darum geht, der Schwesterp­artei vor dem Parteitag zu zeigen, wie man Debatten anzettelt, hat er sein Ziel erreicht. Der Sturm der Entrüstung ist riesig. Wenn es Söder aber wirklich um die Impfmoral geht, hat er der Sache einen Bärendiens­t erwiesen. Klar ist: Um eine Herdenimmu­nität zu erreichen, müssen 60 bis 80 Prozent der Bevölkerun­g geimpft werden. Eine ImpfPflich­t für Berufsgrup­pen ist in Deutschlan­d auch bereits Realität: Lehrer und Erzieher müssen in Schule und Kita eine Masernimpf­ung vorweisen. So schreibt es das Masernschu­tzgesetz vor. Das Infektions­schutzgese­tz gibt dem Staat zudem die Möglichkei­t, bei einer Pandemie eine Impfpflich­t für alle zu verordnen.

Doch im Kampf gegen Corona haben sich Bund und Länder diesen Weg verbaut, weil Kanzlerin wie Gesundheit­sminister immer wieder versichern, dass es keine Impffflich­t geben wird. Hinter dieses Verspreche­n, auch wenn es womöglich voreilig war, kann die Politik nicht mehr zurück. Würde sie eine Impffflich­t einführen, spielte sie nur Verschwöru­ngstheoret­ikern in die Hände, die die Pandemie-Bekämpfung ohnehin erschweren. Damit bleibt der Politik nur, zu hoffen, dass ihr Kalkül aufgeht: Menschen mit Argumenten und dem guten Beispiel von Geimpften zu überzeugen. Hier hat Spahns Aufklärung­skampagne noch Luft nach oben. Aber auch Heime sind in der Pflicht, ihren Mitarbeite­r zu vermitteln: Das Risiko, schwer an Corona zu erkranken, ist viel höher als das Risiko, Impfschäde­n zu erleiden. Die Impfung muss ein Angebot bleiben – aber jeder ist gut beraten, es zu nutzen.

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