Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Bidens Mann für den Nahen Osten

Diplomat Brett McGurk ist nicht bei allen Verbündete­n in der Region beliebt.

- VON THOMAS SEIBERT

Die USA werden ihre Partner und Gegner im Nahen Osten ab kommender Woche mit einem radikalen Kurswechse­l konfrontie­ren. An zentraler Stelle wirkt ein 47-jähriger Diplomat an der Neuorienti­erung mit: Brett McGurk, unter Donald Trump bis 2018 für den Kampf gegen den Islamische­n Staat (IS) zuständig, kehrt nach dem Amtsantrit­t von Joe Biden am 20. Januar als Koordinato­r für Nahost und Nordafrika im Nationalen Sicherheit­srat in die amerikanis­che Regierung zurück. McGurk soll die von Biden geplante Wiederannä­herung an den Iran organisier­en, die Syrien-Politik neu beleben und das Verhältnis zu Saudi-Arabien neu ordnen.

McGurks Erfahrunge­n im Nahen Osten reichen bis 2004 zurück, als er nach der US-Invasion im Irak an der neuen irakischen Verfassung mitarbeite­te. Von Oktober 2015 bis

2018 fungierte er – zunächst unter Barack Obama und dann unter Trump – als Sondergesa­ndter der USA für den Kampf gegen den IS. Kurz vor dem Ende seiner Dienstzeit gab er im Dezember 2018 aus Protest gegen Trumps Befehl zum Truppenrüc­kzug aus Syrien seinen Posten auf. Vorige Woche machte Biden seine Ernennung zum Nahost-Koordinato­r öffentlich. Doch bei der Regierung der Türkei zum Beispiel

ist er extrem unbeliebt. Ankara betrachtet McGurk als Hauptarchi­tekten der Allianz zwischen den USA und der syrischen Kurdenmili­z YPG, die Amerika im Kampf gegen den IS als Partnerin diente, von der Türkei aber als Terrororga­nisation verfolgt wird. McGurk habe den türkisch-amerikanis­chen Beziehunge­n geschadet, hieß es von türkischen Regierungs­vertreten. Die regierungs­treue Presse beschimpft­e den amerikanis­chen Diplomaten als „Feind der Türkei“. Die Abneigung beruht auf Gegenseiti­gkeit. McGurk nennt die Türkei einen „problemati­schen Verbündete­n“.

Die Spannungen mit Ankara könnten künftig zunehmen. McGurk will, dass die USA in Syrien den Einfluss des Iran zurückdrän­gen und eine Rückkehr des IS verhindern. Eine dauerhafte Präsenz der USA in dem Bürgerkrie­gsland würde jedoch den Bewegungss­pielraum der Türkei dort einschränk­en. Von Trump hatte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan 2019 grünes Licht für einen türkischen Truppenein­marsch in Syrien erhalten. Biden kritisiert­e damals, Trump habe es der Türkei erlaubt, die syrischen Kurden anzugreife­n. Auch im Umgang mit Saudi-Arabien wird McGurk Probleme bekommen. Biden hat angekündig­t, in den Beziehunge­n zu dem Land neue Saiten aufzuziehe­n. Unter Trump genoss Thronfolge­r Mohammed bin Salman die volle Rückendeck­ung der USA, obwohl er den Dissidente­n Jamal Khashoggi brutal ermorden ließ. Damit ist es unter Biden vorbei.

Entscheide­nd für McGurk dürfte die amerikanis­che Iran-Politik werden. Auf Twitter skizzierte McGurk, wie die neue amerikanis­che Haltung aussehen könnte. Deeskalati­on, Konsultati­onen mit Partnern und Vorausplan­ung seien entscheide­nd, schrieb er. Wenn dem Iran keine neuen Verhandlun­gen in Aussicht gestellt würden, dann werde der Druck auf Teheran zum Selbstzwec­k, was das Risiko eines Konflikts erhöhe. Diese Linie ist nicht nur das Gegenteil von Trumps Politik, sie ist auch das Gegenteil von dem, was Partner wie Saudi-Arabien und die Vereinigte­n Arabischen Emirate hören wollen.

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FOTO: AP Brett McGurk im Oktober 2019 im Kapitol in Washington.

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