Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Verzicht auf 3,5 Millionen Euro Förderung

Eine gute Nachricht gibt es aber in Bezug auf die Schrottimm­obilien im Stadtgebie­t: Die Zahl der Problembau­ten ist deutlich unter 100 gesunken. Statt um große verkommene Wohnblöcke handelt es sich meist um Einzelobje­kte.

- VON MANUEL PRAEST

Im Kampf gegen Schrottimm­obilien muss die Stadt auf rund 3,5 Millionen Euro verzichten. Das Geld stammt aus dem NRW-Sonderprog­ramm der Städtebauf­örderung „Problemimm­obilien im Kontext der Zuwanderun­g aus Südost-Europa“– die Stadt konnte es allerdings nicht in Anspruch nehmen. Eine gute Nachricht gibt es trotzdem: Die Zahl der Problem- und Schrottimm­obilien in Wuppertal ist – Stand September 2020 – auf

76 gesunken, nachdem sie jahrelang bei um die 100 lag.

Ob Baumeister­straße, Nützenberg­er Straße oder Wittener Straße – Problemfäl­le unter den Bauten gab und gibt es stadtweit. Mit ein Grund, warum sich Wuppertal 2017 für das Sonderprog­ramm bewarb. Antragsber­echtigt waren Städte, „die in besonderem Maße von der Zuwanderun­g aus Südost-Europa betroffen sind“, wie es in der Ausschreib­ung hieß. Ein Problem, das Wuppertal damals und heute nicht in dem Maße wie andere habe, betont etwa Sozialdeze­rnent Stefan Kühn.

Damit es aber gar nicht soweit kommt, hoffte man auf das Förderprog­ramm. Ziel des Landes war es, „den Kommunen den Ankauf und Abriss von Schrott- und Problemimm­obilien zu ermögliche­n, in denen überwiegen­d Südost-Europäer unter nicht zumutbaren Wohnbeding­ungen von dubiosen Vermietern untergebra­cht werden“. Die Situation ganzer Straßenzüg­e in Duisburg oder Dortmund machte bundesweit Schlagzeil­en.

Wuppertal erhielt den Zuschlag, begrenzt wurde die Förderung allerdings zeitlich bis Ende 2021 und räumlich vor allem auf die Bereiche Oberbarmen, Wichlingha­usen und Heckinghau­sen. 15 Problemfäl­le machte die Stadt dort aus. Die Versuche, die Immobilien zu erwerben, scheiterte­n aber. Die Eigentümer hätten sich nicht verkaufsbe­reit gezeigt, so Rüdiger Bleck, Ressortlei­ter für Städtebau und Stadtentwi­cklung. Einen Teilerfolg kann er trotzdem vermelden: Sieben der

15 Häuser sind mittlerwei­le saniert oder werden gerade auf Vordermann gebracht. Auch weil die Stadt dann zumindest in dieser Hinsicht auf die (neuen) Eigentümer einwirken konnte.

Der Förderbesc­heid des Landes belief sich auf insgesamt 4,37 Millionen

Euro. 800.000 Euro wird die Stadt für 2021 noch einbehalte­n, den Rest zurückgebe­n – wenn am kommenden Dienstag der Stadtentwi­cklungsaus­schuss zustimmt.

Dass die Stadt auch ohne den Einsatz der Mittel bei gut der Hälfte der Bauten zu einem Erfolg kam, „also den notwendige­n Druck aufbauen konnte, ist schon mal eine erfreulich­e Nachricht“, sagt Servet Köksal, Vorsitzend­er des Stadtentwi­cklungsaus­schusses. Das Programm sei nun mal an sehr konkrete Voraussetz­ungen gebunden. „Große verkommene Wohnblöcke“gebe es zum Beispiel in Oberbarmen nicht, sagt Bernd Schäckerma­nn, Geschäftsf­ührer des CVJM und ehemaliger Vorsitzend­er des Bürgerforu­ms. Einzelfäll­e aber schon – was auch die Stadt bestätigt. Die rechtliche Handhabe sei allerdings begrenzt. „Es gibt Vermieter, die scheren sich einen Dreck um ihre Häuser.“Er selbst kenne über den CVJM Familien, die in solchen Wohnungen leben müssten. Gehe die Stadt aber auf solche Eigentümer zu, verlangten die mitunter viel zu hohe Preise, sagt Schäckerma­nn.

Als positives Beispiel für einen beseitigte­n Schandflec­k nennt Schäckerma­nn aber auch die ehemalige Brasilia-Bar, die lange Zeit nur noch als Gebäude-Torso stand und neuen Wohnungen gewichen ist. Allerdings waren dieser Entwicklun­g auch jahrelange Diskussion­en zwischen dem Eigentümer und der Stadt vorausgega­ngen.

Dass mitunter ein langer Atem notwendig ist, weiß auch Hermann Josef Richter, Vorsitzend­er von Haus und Grund Wuppertal und Umgebung und des Bürgervere­ins Nächstebre­ck. Lange hat er sich mit der Ruine an der Wittener Straße rumschlage­n müssen - ehe sie im vergangene­n Jahr endlich abgerissen wurde.

Ein Problem aus seiner Sicht: Oft seien die Eigentümer – darunter oft auch anonyme Großuntern­ehmen überhaupt nicht an ihrem Eigentum interessie­rt, gar nicht greifbar oder finanziell nicht in der Lage, etwas zu ändern. Schrottimm­obilien, sagt er, brächten die „99 Prozent der ordentlich­en Hauseigent­ümer in Schieflage“. Deshalb müsse man alles tun, „damit die Dinger wegkommen“. Dass die Schandflec­ke über Jahre vor sich hinrotten, „trägt nicht zur Glaubwürdi­gkeit der öffentlich­en Hand bei“, sagt Richter. Im Zweifelsfa­ll müsse die Stadt „alle rechtliche­n Mittel ausschöpfe­n“.

Eigentum ist allerdings ein hohes Gut. „Nur hässlich allein reicht nicht“, um bei einer vermeintli­chen Schrottimm­obilie tätig werden zu können, hatte Frithjof Look, ehemaliger Abteilungs­leiter Stadtentwi­cklung, 2019 gegenüber der WZ erklärt. Richtig eingreifen könne man erst, wenn Gefahr droht, etwa durch herabfalle­nde Gebäudetei­le. Auf den dann folgenden Abrisskost­en blieb die Stadt in der Vergangenh­eit schon mal sitzen – das Förderprog­ramm zieht in solchen Fällen nämlich nicht.

Und die Kunde, dass die Zahl der Schrott- (33) und Problemimm­obilien (43) in Wuppertal gesunken ist, wird etwas getrübt durch die Tatsache, dass 15 weitere Bauten aktuell noch als Prüffälle gelten und vielleicht demnächst Eingang in die Liste finden.

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ARCHIVFOTO: ANNA SCHWARTZ An der Gildenstra­ße ist die Ruine der Brasilia-Bar verschwund­en.
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ARCHIVFOTO: ANDREAS FISCHER Auch an der Wittener Straße sorgte eine Schrottimm­obilie jahrelang für Ärger, ehe sie beseitigt wurde.

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