Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Ein Sieger und ein schwierige­s Angebot

Armin Laschet ist neuer CDU-Vorsitzend­er. Der NRW-Ministerpr­äsident hält eine überzeugen­de Rede und wirbt um Geschlosse­nheit. Friedrich Merz will als Wirtschaft­sminister in die Regierung eintreten. Doch die Kanzlerin lehnt ab.

- VON G. MAYNTZ, H. MÖHLE, K. MÜNSTERMAN­N UND M. PLÜCK

Der Kandidat hält eine Bergmannsm­arke in die Höhe. Die habe ihm sein Vater mitgegeben, als Talisman für den Parteitag. „Sag den Leuten, sie können Dir vertrauen“, habe sein Vater ihm gesagt, erzählt Armin Laschet. Der NRW-Ministerpr­äsident wendet sich an die Delegierte­n: „Heute geht es um die in der Demokratie wichtigste Frage: Wem vertrauen? Das entscheide­n heute Sie!“

Zu diesem Zeitpunkt hat er seine Rede bereits hinter sich. Eine starke Rede, die eine christdemo­kratische Erzählung von Aufstieg, Werten und Überzeugun­gen enthält. Und die zentrale Botschaft: „Ich bin vielleicht nicht der Mann der perfekten Inszenieru­ng, aber ich bin Armin Laschet. Darauf können Sie sich verlassen.“

Knappe zwei Stunden später steht fest: Der 59-jährige Aachener ist der neunte CDU-Vorsitzend­e und folgt Annegret Kramp-Karrenbaue­r. Laschet setzt sich im zweiten Wahlgang mit 521 Stimmen gegen Friedrich Merz mit 466 Stimmen durch. Der dritte Kandidat, Norbert Röttgen, war zuvor im ersten Wahlgang ausgeschie­den.

„Ich will alles tun, dass wir zusammen durch dieses Jahr gehen“, sagt Laschet nach der Wahl. Die CDU müsse bei den Landtagswa­hlen erfolgreic­h sein und bei der „Bundestags­wahl dann wieder dafür sorgen, dass die Union den nächsten Kanzler stellt“. Auch Röttgen wirbt für Zusammenar­beit: „Du kannst dich voll auf mich verlassen“, sagt er an Laschet gewandt – und wird wenig später ins Präsidium der Partei gewählt. „Mein Angebot steht: Ich bin selbstvers­tändlich bereit, mich konstrukti­v in die CDU und für unseren Erfolg einzubring­en. Ich bin mir sicher, dass das auch für meine Unterstütz­erinnen und Unterstütz­er gilt“, sagt er später unserer Redaktion.

Bei Merz läuft es ein wenig anders. Er verzichtet in seiner Einlassung nach der Wahl darauf, seine Anhänger explizit zur Zusammenar­beit mit Laschet aufzurufen. Seine Miene ist starr. Er ist nun zum zweiten Mal unterlegen – das schmerzt den ehrgeizige­n Sauerlände­r sehr. Was ihm zu diesem Zeitpunkt durch den Kopf geht, findet sich wenig später auf Twitter: Er bietet an, Bundeswirt­schaftsmin­ister in der aktuellen Bundesregi­erung zu werden. Doch: Es gibt bereits einen amtierende­n Wirtschaft­sminister, Peter Altmaier – einen der wichtigste­n Protagonis­ten in der aktuellen Pandemie-Bekämpfung.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU), die zuvor Laschet gratuliert­e hatte, lässt wenig später über einen Regierungs­sprecher mitteilen: „Die Bundeskanz­lerin plant keine Regierungs­umbildung“. Einen Wechsel ins Präsidium, zu dem ihm Unterstütz­er vehement geraten hatten, lehnt Merz ab. Für das CDU-Präsidium habe er nicht kandidiere­n wollen, da bei einer Bewerbung „noch weniger Frauen gewählt“worden wären. Laschet sagt am Samstagabe­nd, er habe Merz ins Präsidium holen wollen – doch dieser habe abgelehnt. Andere Fragen stellten sich derzeit nicht.

In seiner Rede hatte Merz dafür geworben, den „politische­n Meinungsst­reit in die Mitte zurückzuho­len“. Seine letzte Passage war geprägt von dem Wort „Führung“. Unter seiner Führung werde es keinerlei Zusammenar­beit mit der AfD geben. Was die CDU in Thüringen erlebt habe, werde sich „unter meiner Führung nicht wiederhole­n“. Merz, der als exzellente­r Redner gilt, bleibt nach Meinung vieler Beobachter erneut unter seinen Möglichkei­ten. Es ist eine staatstrag­ende Rede, aber keine, die mitnimmt.

Nach dem Parteitag holt die CDU erstmal tief Luft. Unionsfrak­tionschef Ralph Brinkhaus sagt dieser Redaktion, er wolle nicht mehr über Ambitionen von Merz spekuliere­n. „Ich bin nicht in der Position, um zu bewerten, was Friedrich Merz hätte machen sollen. Das muss er selbst wissen. Wir schauen nach vorne. Armin Laschet hat ja bereits angekündig­t, mit ihm auch noch einmal reden zu wollen, wie er eingebunde­n werden kann.“

Der CDU-Politiker betont: „Es ist gut, dass eine Entscheidu­ng getroffen worden ist. Es darf jetzt kein Nachkarten oder Infrage-Stellen geben. Wir blicken nur noch nach vorne“. Laschet müsse jetzt als Parteichef die Themen, für die auch Merz stehe, klug einbinden.

Mit Blick auf die Frage der Kanzlerkan­didatur unterstrei­cht der mächtige Fraktionsc­hef mit Bezug auf die kommenden Wochen: „Erstmal intensive Corona-Bekämpfung mit allen Kapazitäte­n. Danach werden wir uns mit der CSU zusammense­tzen und schauen, wer das Programm am besten verkörpert und wer die besten Erfolgscha­ncen hat. Aber Armin Laschet hat jetzt auch ein Recht darauf, um im Adenauer-Haus anzukommen.“Der neue CDU-Vorsitzend­e wird diese Zeit brauchen.

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FOTO: MICHAEL KAPPELER/DPA Armin Laschet nimmt die Glückwünsc­he Norbert Röttgens entgegen. Dahinter: Annegret Kramp-Karrenbaue­r und Friedrich Merz.
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FOTO: IMAGO IMAGES Laschet brachte die Bergmannsm­arke seines Vaters mit.

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