Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Wirtschaft will Masterplan für Rheinbrücken
Die Industrie- und Handelskammern fürchten ein Vekehrschaos, wenn marode Stellen nicht schneller saniert oder getauscht werden.
Die Industrie- und Handelskammern des Rheinlands rufen zu einem Kraftakt auf, um einen weiteren Verfall der 28 Rheinbrücken in NRW zu verhindern. Das sagten bei einem Pressetermin im Landtag Burkhard Landers, Präsident der Industrie- und Handelskammern (IHK) Niederrhein, und Ulrich Soenius, Geschäftsführer der IHK Köln. Gregor Berghausen, Hauptgeschäftsführer der IHK Düsseldorf, unterstützt den Vorstoß: „Wir müssen die Erreichbarkeit beidseits des Rheins sichern.“
Zu den konkreten Vorschlägen: Mit einem Masterplan Rheinbrücken solle besser abgestimmt werden, welche der fünf Eisenbahnbrücken und der 23 Straßenbrücken wann saniert oder modernisiert werden. Um mehr Geld für Investitionen zur Verfügung zu haben, sollten alle Rheinbrücken in ein Sondervermögen des Bundes überführt werden. Für jede Straßenbrücke solle schon jetzt geplant werden, wie denkbarer Ausweichverkehr organisiert wird, falls sie ganz oder teilweise wie die Leverkusener Autobahnbrücke oder die A40-Brücke bei Duisburg gesperrt werden muss. Zudem solle der Bau von geplanten neuen Überführungen über Europas wichtigsten Fluss deutlich schneller vorangetrieben werden. Dazu gehören die diskutierte Brücke im Süden von Köln bei Godorf, die auch für Bonn sehr wichtig ist, und die neue Hafenbrücke in Düsseldorf, die einfacheren Verkehr zum Neusser Hafen ermöglichen soll. Hinzu kommt eine Brücke im Norden von Düsseldorf unter anderem für eine Stadtbahnlinie, die aber voraussichtlich auch für Fahrräder und Fußgänger nutzbar sein wird.
All diese Projekte sind laut den IHK unbedingt notwendig, um einen weiteren Verkehrskollaps in NRW zu vermeiden. Die 28 Brücken hierzulande seien im Schnitt mit
60 Jahren ein Jahrzehnt älter als die
47 Rheinbrücken der Niederlande.
Die 18 Straßenbrücken, von denen eine Bewertung durch die Experten bekannt sei, hätten im Durchschnitt eine „nicht ausreichende“Qualität bescheinigt bekommen. Das ergab eine Studie der IHK, die auf dem Termin vorgestellt wurde.
NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst (CDU) ließ zu den Forderungen erklären, auch er wolle marode Übergänge möglichst schnell sanieren oder ersetzen. Er habe es geschafft, nach NRW knapp 600 Millionen Euro mehr an Investitionsmitteln für Fernstraßen zu holen als vorgesehen. Er sorgt sich allerdings, dass es neue Probleme geben könnte, weil im Januar die Verantwortung für die Autobahnen und Autobahnbrücken in NRW von Straßen NRW zur Autobahn-GmbH des Bundes wechselte.
Die SPD im Landtag bezeichnete die IHK-Initiative als „Hilferuf“. Es fehle dem Land an einem breiten Gesamtblick auf die Brückensituation in NRW.
Die Kammern würdigten zwar, dass Wüst sich bemühe, Bauprojekte zu beschleunigen. Zufrieden sei man jedoch keineswegs. Es sei verheerend, dass sich der Neubau der Leverkusener A1-Brücke nun doch wieder verzögern könnte. „Es kann nicht sein, dass ein Streit über die Vergabe des Bauauftrags ein so wichtiges Projekt bremsen kann“, sagte der Kölner IHK-Mann Soenius: „Leverkusen ist ein Fanal.“Er befürchtet auch, dass die Verkehrssituation am Kölner Autobahnring sich verschlimmern könnte, falls sich der Bau der südlichen, neuen Brücke verzögert. Denn ein Neubau oder eine Erweiterung der auf Dauer zu schmalen Rodenkirchener Autobahnbrücke sei nur denkbar, wenn Autofahrer in der Nähe eine Ausweichmöglichkeit haben. Das sei gerade für die vielen Tausend Unternehmen wichtig, die Waren in NRW transportieren und deren Mitarbeiter laufend im Stau stecken.
IHK-Mann Landers wies darauf hin, dass der schnelle Bau von Brücken keineswegs nur in der Diktatur
China möglich sei. In Italien sei es gelungen, die zusammengebrochene Morandi-Brücke in Genua nur zwei Jahre nach ihrem Einsturz wiederaufgebaut und eröffnet zu haben. Dies sei gelungen, obwohl Italien an das EU-Recht gebunden sei. Landers: „Dieses Tempo muss auch unser Anspruch sein, um weiter Investoren ins Rheinland zu locken.“