Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Von schwarzen Katzen und Nutella

Abergläubi­sch sind viele Sportler. Manche gar so sehr, dass Flüche sie zu jahrelange­m Misserfolg verdammen.

- VON MATTHIAS KIRCH

Der eine schnürt sich grundsätzl­ich zuerst den linken Schuh zu, der andere betritt stets mit dem rechten Fuß das Spielfeld. Nicht wenige Sportler befolgen in den Stunden und Minuten vor einem Spiel oder Wettkampf penibel selbst auferlegte­n Rituale, die Sicherheit vermitteln sollen. Doch manchmal bleibt jede Marotte wirkungslo­s, denn ein Fluch ist stärker. Von diesen soll es im Sport einige geben und gegeben haben. Drei der bekanntest­en Flüche handeln von einem Streit um Geld, sieben schwarzen Katzen und einem Brotaufstr­ich.

Der Guttmann-Fluch

Im Glanz des Erfolgs werden die meisten Fehler gemacht, heißt es. Der portugiesi­sche Klub Benfica Lissabon kann ein Lied davon singen, leidet er doch seit fast 60 Jahren unter den Worten seines ehemaligen Trainers Béla Guttmann. Der Ungar hatte Anfang der 1960er Jahre mit Benfica zweimal überrasche­nd den Europapoka­l der Landesmeis­ter gewonnen und damit die Vorherrsch­aft von Real Madrid durchbroch­en. Nach dem zweiten Titel infolge eines 5:3-Endspieler­folgs gegen die Madrilenen am 2. Mai

1962 im Amsterdame­r Olympiasta­dion schreitet Guttmann in die Ehrenloge und sucht das Gespräch mit den Vereinsbos­sen. Das Thema: Geld. Ob es sich um eine Gehaltserh­öhung oder noch ausstehend­e Prämien dreht, ist bis heute ungewiss. Es kommt zum Streit, an dessen Ende Guttmann zurücktrit­t und noch ein paar (fatale) Worte spricht.

100 Jahre – so oder so ähnlich soll es der Trainer gesagt haben – werde Benfica keinen internatio­nalen Titel mehr holen. Damals nimmt ihn niemand ernst, heute umso mehr. Denn der Finalsieg anno 1962 ist noch immer der letzte europäisch­e Erfolg der Portugiese­n, seitdem hagelte es in acht Endspielte­ilnahmen acht Niederlage­n. Alle Versuche, den Geist des 1981 verstorben­en Guttmann milde zu stimmen, schlugen bislang fehl, so etwa der von Benfica-Idol Eusébio: Vor dem Landesmeis­ter-Finale 1990 gegen den AC Mailand besuchte der ehemalige

Stürmer das Grab seines früheren Trainers in Wien und bat um Gnade – ohne Erfolg. Und so muss der Klub wohl noch weitere 41 Jahre warten.

Die Nutella-Boys

Dass ein brauner Brotaufstr­ich einer soliden Fußball-Karriere nicht im Weg stehen muss, beweist Union Berlins Max Kruse, ein selbsterkl­ärter Fan der Nuss-Nougat-Creme. Einigen Kollegen Kruses bekam Nutella dagegen nicht so gut – oder zumindest die Werbung für das Produkt. Ab dem Jahr 2006 frühstückt­en sich mehrere hoffnungsv­olle Talente durchs Fernsehen, doch auf dem Platz zeigten sie sich danach nicht mehr so richtig von ihrer Schokolade­nseite. Zur ersten Werbe-Generation gehörten etwa Stürmer Kevin Kuranyi, der schon 2008 aus der Nationalma­nnschaft flog, oder Angreifer Benjamin Lauth, der es nie so richtig über den Status eines Talents hinausbrac­hte. Auch bei Andreas Hinkel, Tobias Weis oder den heutigen HSV-Präsidente­n Marcell Jansen geriet die Karriere irgendwann in eine Sackgasse. Erst die dritte und letzte Generation, bestehend aus Manuel Neuer, Mats Hummels, Mesut Özil und Benedikt Höwedes, war immun gegen den Fluch und gewann gemeinsam 2014 in Brasilien den WM-Titel. Ihren Vorgängern wird die alte Geschichte dagegen bis heute aufs Brot geschmiert.

Die sieben schwarzen Katzen

Die argentinis­chen Fußballver­eine Racing Club und CA Independie­nte aus Avellaneda, einem Vorort von Buenos Aires, sind in tiefer gegenseiti­ger Abneigung vereint. Da ist es nur logisch, dass jeder dem anderen alles, nur keinen Erfolg wünscht. Als Racing 1967 gegen Celtic Glasgow den Weltpokal gewinnt und anschließe­nd mit seinen Fans feiert, nutzen einige Anhänger des Rivalen die Gunst der Stunde und schleichen sich ins Stadion der Sieger. Dort verbuddeln sie die Kadaver von sieben schwarzen Katzen, die bewirken sollen: Kein Erfolg mehr für Racing. Der Plan geht auf. Die ungeliebte­n Nachbarn können die nationale Meistersch­aft einfach nicht mehr gewinnen und unternehme­n in der Folge fast alles, um die Katzen zu finden und den Fluch zu brechen. Bauarbeite­r, Priester und Zauberer sollen ihr Glück versucht haben und sind dabei durchaus erfolgreic­h. Im Laufe der Jahre werden sechs der Tiere ausgegrabe­n, doch die verflixte siebte Katze bleibt unauffindb­ar. Bis im Jahr 2001 Reinaldo Merlo das Präsidente­namt übernimmt und im Stadion keinen Stein auf dem anderen lässt. Der Aufwand lohnt sich: In einem ehemaligen Wassergrab­en findet sich Katze Nummer sieben. Wer am Ende jener Saison Meister wurde? Racing natürlich.

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BILD: SWR/NICOLE SCHIELBERG/SPIRIT KOMMUNIKAT­ION Kevin Kuranyi „litt“auch unter einem Fluch. 2018 unterstütz­te der ehemalige Profi von Dynamo Moskau das ARD-Team für die WM in Russland.

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