Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Friseurmeister will bis 90 weiterschneiden
Horst Flesche feiert 50 Jahre Selbstständigkeit kleiner als erhofft. Am Hasten hat der 73-Jährige mit seinem ersten eigenen Salon begonnen.
Als Horst Flesche (73) vor 50 Jahren im September 1970 in Hamburg seine Meisterprüfung im Friseurhandwerk vor der Handelskammer bestanden hatte, stand für ihn schnell fest, dass er sich selbstständig machen wollte. „Während meiner Lehrjahre hatte ich mir rund 5000 Mark zusammengespart, um auf der Privatschule in Hamburg meinen Meister zu machen. Das waren harte drei Monate, in denen meine Kollegen und ich von morgens bis abends gelernt haben“, erinnert sich Horst Flesche gut.
Im Januar 1971 eröffnete er am Hasten sein erstes eigenes Geschäft, beschäftigte später in seinem Frisiersalon fünf, manchmal sechs Angestellte. „Das war viel Arbeit. Immer wieder gab es Probleme mit dem Hausbesitzer. Er versprach alles, hielt sich aber nicht an seine Versprechungen. Das ärgerte mich.“
Nach zehn Jahren war es Horst Flesche leid. Er kaufte das Haus eines Friseurkollegen am Hasten, um dort sein Geschäft weiterzuführen. Dann aber entschied er sich, eine Wohnung an der Haddenbacher Straße zu kaufen und zu einem Salon umzubauen. „Da habe ich anderthalb Jahre renoviert, bis ich gemeinsam mit einer Mitarbeiterin loslegen konnte.“Zusätzlich richtete er im ersten Stock des Nebenhauses ein weiteres, allerdings kleines Geschäft für seine Frau ein. Als sich die Familie vergrößerte und das dritte Kind auf die Welt kam, wurde dieser Friseursalon nach einigen Jahren aufgelöst. „Seit zehn Jahren arbeite ich in meinem Salon alleine, habe zu 95 Prozent noch die Kunden, die am Hasten zu mir kamen. Der Rest sind Nachbarn von gegenüber oder nebenan“, erzählt der begeisterte Friseur, der arbeiten will, solange es seine Gesundheit zulässt. „Ich habe Kunden, die kommen seit 50 Jahren. Die haben nie einen anderen Friseur gesehen“, freut er sich über die Treue.
„Ich fühle mich glücklich, wenn ich arbeiten kann. Viele meiner Kunden duze ich, hier bei mir wird viel gelacht.“Manches habe sich in den langen Jahren seiner Berufstätigkeit geändert. Früher hätten die Haare alle eine Länge gehabt. Das seien ganz andere Frisuren gewesen. Vor rund 25 Jahren hätte er sich umstellen müssen: „Beispielsweise Faconschnitt, handgelegte Wasserwellen – sowas musste man damals können. Seitdem habe ich viel dazu gelernt. Ich bin für alles Neue zu begeistern. Was ich nicht konnte, das hat mir meine Tochter, die auch vom Fach ist, beigebracht.“
Das Einzige, was er seinen Kundinnen nie anbieten wird, ist eine Haarverlängerung. „Ich will ja, dass sie gesunde Haare haben. Und so eine Haarverlängerung ist nichts Gutes für die Haare“, ist der Friseurmeister überzeugt. Er hat so viel Spaß an der Sache, dass er am liebsten noch viele Jahre weiterarbeiten will, bis er 90 Jahre alt ist. „Sofern
meine Kunden mitmachen“, sagt er und lacht.
Das Nichtstun in der Corona-Zeit fällt ihm arg schwer. So richtig versteht er nicht, warum die Friseurläden die ganze Zeit geschlossen bleiben müssen. „Wir stehen mit einem Mundschutz hinter unseren Kunden. Und keiner bleibt länger, als das Schneiden, Föhnen oder Färben dauert.“Aber natürlich akzeptiert er die Vorgaben.
Weil die Familie Flesche seit einem halben Jahr einen Hund hat, wird die freie Zeit zu langen Spaziergängen genutzt. Horst Flesche hat auch viel für die Innung getan. Lange Jahre hat er im Prüfungsausschuss gearbeitet, Haarschneideseminare angeboten. Auch als Kassenprüfer war er aktiv. „Jedes halbe Jahr kommt eine neue Haarmode, die Friseure in ganz Deutschland in den einzelnen Geschäften vorstellen. Da war ich dabei“, erzählt er.
Sein Jubiläum wollte er eigentlich mit seinen Kunden und Freunden feiern. „Ich wollte für einen Nachmittag den Steffenshammer mieten, meine Gäste zum Essen einladen und einen Conférencier engagieren. Der sollte mich aber rednerisch nicht in den Himmel heben, sondern für lustige Stimmung sorgen. Das geht jetzt alles leider nicht.“