Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Sauberer Lochbach: zu welchem Preis?
Bürgerinitiative kämpft für 38 Bäume an der Tunnelstraße, die wegen Kanalbaus und Austausches belasteter Erde gefällt werden sollen.
Bürgerinitiative kämpft für 38 Bäume an der Tunnelstraße, die wegen Kanalbaus und Austausches belasteter Erde gefällt werden sollen.
Es ist ein erster kleiner Erfolg für die Bürgerinitiative „Rettet das Biotop Tunnelstraße“: Am 11. Februar werden sich Mitglieder der Initiative mit Experten aus der Verwaltung und Politikern zu einem Gespräch am runden Tisch treffen – wegen der Corona-Auflagen wohl nur virtuell. „Es freut mich, dass es zu dem runden Tisch kommt, dass man versucht, gemeinsam vorzugehen“, kommentiert Bürgermeister Tilo Schnor (Grüne), der den Ausschuss für Klimaschutz, Umwelt, Mobilität und Wohnungswesen leitet. „Das war ja bisher nicht vorgesehen.“
Von der Stadt habe es lange keinerlei Informationen für die Anlieger gegeben, heißt es bei der Initiative. Sie klagt über „fehlende Bürgerbeteiligung und mangelnde Transparenz des Verfahrens“. Dabei zieht sich die Planung schon jahrelang hin. Eher zufällig, erzählt Sabine Vogel, habe sie als Gast im Beirat Untere Naturschutzbehörde von den vorgesehenen Bauarbeiten an der Tunnelstraße gehört.
Es geht um den Gewässerschutz sowie die Art und Weise, wie er zu erreichen ist. Denn über die vier bestehenden Regenüberläufe am Lochbach gelangt laut Stadtverwaltung zurzeit „bereits bei kleineren Regenereignissen ein Stoffcocktail aus menschlichen Ausscheidungen mit hormonellen und medizinischen Inhaltsstoffen, Wasch- und Putzmitteln, Röntgenkontrastmitteln, Zusatzstoffen aus Körperpflegeund Reinigungsmitteln und Reifenabrieb“in das Gewässer. Wie die Fluten aus den Mischwasserkanälen besser zurückgehalten werden können, bevor sie die Klärwerke erreichen, darüber einigte sich die Stadtverwaltung schon 2014 mit der Bezirksregierung: Die alten Becken sollen nicht saniert oder neue gebaut, sondern ein großer „Stauraumkanal“parallel zur Tunnelstraße unterirdisch vorangetrieben werden – laut Stadt „die bestmögliche Kompromisslösung zwischen den konkurrierenden Belangen des Gewässerschutzes und des Landschaftsschutzes“.
Trotzdem leidet auch bei der „Vorzugslösung“die Landschaft: 38 Bäume an der Böschung sollen gefällt werden. Weitere, vermutet die Bürgerinitiative, würden absterben, falls ihr Wurzelwerk durch die unterirdischen Bauarbeiten Schaden nimmt. „Das anstehende Bauvorhaben ist bislang im Stadtteil kaum bekannt“, heißt es in einem Schreiben der Initiative an den Petitionsausschuss des Landtags. Vielen Ohligsern sei nicht bewusst, welchen Eingriff die Arbeiten für die Wohnsituation bedeuten würden. Mehr als 200 Bürger hätten sich aber inzwischen der Petition angeschlossen.
„Der kleine Wald erfüllt unheimlich viele Zwecke für den ganzen Stadtteil“, unterstreicht BI-Mitglied Claudia Salzmann. Zum einen gehe es um die Tierwelt, zum anderen aber auch um Lärm- und vor allem um Klimaschutz. In Ohligs wird viel gebaut; Grünflächen in der Nähe des Zentrums sind rar. So rar, dass die von der Stadtverwaltung vorgesehenen Ausgleichsmaßnahmen für das Baumfällen in Pilghausen
und Obenrüden stattfinden sollen. Außerdem soll die Böschung später wieder bepflanzt werden – wenn die durch das frühere Gaswerk belastete Erde ausgetauscht ist. Sie wird als Hauptgrund für die Fällaktion angegeben.
„Wir sind an sinnvollen und wirtschaftlichen Alternativen interessiert“, betonen die Mitglieder der Initiative. „Wir wissen, unter welchem Druck auch die Verwaltung steht“, sagt Sabine Vogel, und Claudia Salzmann
ergänzt: „Vielleicht würde ein anderes Planungsbüro ja andere Lösungen vorschlagen.“Uwe Lasslop kann sich vorstellen, „das Projekt zu teilen“und fragt: „Muss es wirklich dieser Riesenkanal sein?“
Elf Bäume im Bereich von der Mittelstraße bis zum Wendehammer könnten stehen bleiben, wenn der Kanal dort in klassischer Weise im Tiefbau verlegt würde. Dafür müsste die Tunnelstraße laut Stadtverwaltung aber gesperrt werden. Die Bauzeit würde sich um ein Jahr auf etwa drei Jahre verlängern „und zusätzliche Kosten in Höhe von 1,65 Millionen Euro zu den bisher veranschlagten Kosten in Höhe von 5,9 Millionen Euro verursachen, die ebenfalls aus den Abwassergebühren zu finanzieren sind“.
„Ich werde strubbelig, wenn das Thema Sperrung ins Gespräch kommt“, merkt dazu Geschäftsführer Dr. Frank Lungenstraß vom Galileum an. Der hinter dem Galileum stehende Verein wurde bereits bei Baubeginn im Jahr 2016 über die Pläne der Stadt informiert. Man habe über eine „maximal halbseitige Sperrung“der Tunnelstraße gesprochen. „Danach wurde das Thema ein schwarzes Loch.“Lungenstraß betont, es gehe ihm nicht „um ein paar Parkplätze. Wir müssen aber eine uneingeschränkte Erreichbarkeit darstellen“– auch für die Feuerwehr. „Der runde Tisch ist eine gute Idee. Da würden wir uns gerne einklinken.“
„Es ist nach wie vor noch nichts entschieden“, meint Enrique Pless, der dem Beirat Untere Naturschutzbehörde vorsitzt. „Es ist keine schöne Situation. Die Alternativen müssen noch einmal stärker herausgearbeitet werden.“
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