Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Bald Corona-Selbsttests für alle
Bisher durfte nur geschultes Personal Schnelluntersuchungen auf das Virus vornehmen. Nun will Minister Spahn die Regeln lockern. Die rheinischen Apotheker erwarten, dass die Spuck- und Gurgeltests Ende Januar kommen.
Für einen Schnelltest auf eine Corona-Infektion mussten Privatbürger bislang in ein Testzentrum, zum Arzt oder Apotheker, der den Abstrich vornahm. Künftig soll es auch Antigen-Schnelltests geben, die jeder Privatbürger selbstständig vornehmen kann. Dafür will Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) eine bisher geltende Abgabebeschränkung aufheben. „Antigentests zur Eigenanwendung mittels Antigenbestimmung werden von der Abgabebeschränkung ausgenommen“, heißt es in einem Entwurf zur Änderung der Medizinprodukte-Abgabeverordnung, der unserer Redaktion vorliegt.
Der sogenannte Arztvorbehalt gelte für diese Untersuchungen dann nicht mehr, wird weiter ausgeführt. „Tests zur Eigenanwendung durch Laien werden perspektiv eine entscheidende Rolle bei der Eindämmung der Pandemie spielen. Darüber hinaus erscheinen Tests zur Eigenanwendung dort sinnvoll, wo eben kein professioneller Anwender vorhanden ist“, heißt es.
Die Apotheker im Rheinland begrüßen die Pläne. „Wir konzentrieren uns zurzeit noch zu sehr auf diagnostisches Testen. Wir brauchen aber mehr epidemiologisches Testen“, sagte Thomas Preis, Vorsitzender des Apothekerverbands Nordrhein, unserer Redaktion. Deshalb sei es „nur konsequent, dass der Gesundheitsminister den Weg für Corona-Selbsttests freimacht. Denn Studien belegen, dass auch Laien gute Testergebnisse erzielen.“
Preis erläuterte auch, wie das konkret aussehen könnte: „Der Test wird voraussichtlich als Spuck- oder Gurgeltest kommen, damit ist das Handling einfacher als bei Rachenabstrichen per Wattestäbchen.“Bei einem Rachenabstrich bestand bislang die Sorge, dass die Privatbürger bei einem Selbsttest nicht tief genug in den Rachen gehen, weil das unangenehm ist. Ein Spuck- oder Gurgeltest könne hingegen auch von Laien ohne Bedenken vorgenommen werden, so der Kölner Apotheker.
„Bei einem positiven Test wird man das Ergebnis per PCR-Test bestätigen“, erwartet Preis. PCR-Tests, die in Testzentren durchgeführt werden, bei denen Virenkulturen angelegt werden und bei denen es bis zum Ergebnis länger dauert, sind am treffsichersten bei der Diagnose. Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts wurden in der zweiten Kalenderwoche, die am 11. Januar begann, knapp 1,147 Millionen Tests in Deutschland durchgeführt;
10,5 Prozent fielen positiv aus. Das sind gut fünf Prozentpunkte weniger als in der letzten Woche 2020.
Derzeit sind die neuen Antigen-Schnelltests für Laien in der Entwicklung und stehen vor der Einführung. „Ich rechne damit, dass die Tests ab Ende Januar in den Apotheken erhältlich sind“, sagte Preis. „Voraussichtlich werden die Tests in den Apotheken um die zehn bis
15 Euro kosten.“Er regte zugleich an: „Der Staat wird überlegen müssen, ob er Bedürftigte mit Gutscheinen unterstützt, damit auch sie sich die Tests leisten können.“
Der Apothekerverband sieht in den Tests große Chancen: „Damit können auch Privatverbraucher sich regelmäßig testen und etwa ihre älteren Angehörigen besser schützen. Auch in Unternehmen und Schulen ist der Einsatz denkbar. So stärken wir die Eigenverantwortung und können schneller aus dem Lockdown kommen“, sagte Preis.
Ähnlich wird auch im Verordnungsentwurf argumentiert: „Neue, hochqualitative Antigen-Tests können eine wichtige Ergänzung der diagnostischen Optionen bieten, um frühzeitig Infektionsausbrüche zu erkennen und einzudämmen.“Auch bei Unternehmen und Einrichtungen der kritischen Infrastrukturen sei es wichtig, dass Ausbrüche frühzeitig erkannt würden.
Verbandschef Preis mahnt aber auch: „Die Antigen-Tests sind auch nach der Freigabe ein sehr erklärungsbedürftiges Produkt. Denn nur eine richtige Anwendung führt zu richtigen Ergebnissen. Die Apothekenteams werden da wertvolle Aufklärungsarbeiten leisten.“Neben den Selbsttests soll es weiter Abstriche in Praxen und Apotheken geben. „Wir gehen aber auch davon aus, dass sich die Menschen weiter in der Apotheke oder beim Hausarzt testen lassen“, so Preis.