Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Enrique Pless: „Müssen in Waldumbau investiere­n“

Der alte und neue Vorsitzend­e des Naturschut­zbeirates, mahnt zu mehr Umwelt- und Klimaschut­z.

- TIMO LEMMER FÜHRTE DAS GESPRÄCH

Herr Pless, wenn es Sie in Solingen in die Natur zieht, wo kann man Sie als Vorsitzend­en des städtische­n Naturschut­zbeirates dann finden?

ENRIQUE PLESS Beim Wandern in den schönen Bachtälern Solingens oder in der Ohligser Heide.

Wo steht Solingen denn in Sachen Umweltschu­tz?

PLESS Durch den schon länger gültigen Landschaft­splan ist zum Glück noch viel an Natur in Solingen erhalten. Die Qualität der Bäche entspricht jedoch nicht überall im Stadtgebie­t den Anforderun­gen der Europäisch­en Wasserrahm­enrichtlin­ie. Und die festgesetz­ten Auflagen für die Landschaft­sschutzgeb­iete werden nicht überall geachtet.

Wie macht sich das bemerkbar?

PLESS Immer noch gibt es nicht genehmigte Bauten, Parkplätze und Lauben in den Landschaft­sschutzgeb­ieten. Es muss nochmals in Erinnerung gerufen werden, dass diese Bauten und Anbauten im Landschaft­sschutzgeb­iet durch den Stadtdiens­t Natur und Umwelt und den Beirat der Unteren Naturschut­zbehörde zu genehmigen sind.

In ihrer kurzen Rede nach der Wiederwahl zum Beiratsvor­sitzenden haben Sie drei Schwerpunk­te für die kommende Wahlperiod­e ausgemacht: erstens der Zustand des Waldes.

PLESS Durch die drei letzten trockenen Sommer hat der Solinger Wald stark gelitten. Insbesonde­re die Fichte stirbt mit etwa 50 Prozent der Bestände ab. Buche und Eiche zeigen Vitalitäts­verluste. Dazu kommen das Eschenster­ben und die massenhaft­e Vermehrung von Schadkäfer­n wie Buchdrucke­r und Kupferstec­her.

Was kann man tun, um dem Wald zu helfen?

PLESS Es besteht Einigkeit im Naturschut­zbeirat, dass ein standortun­d klimaangep­asster Waldumbau nötig ist. Zur Vermeidung von Erosion an den Wupperstei­lhängen und im Einzugsber­eich der Sengbachta­lsperre werden dazu weitere Aufforstun­gen an den Stellen nötig sein, wo keine Naturverjü­ngung der Bäume stattfinde­t. Das Ziel ist ein stabiler und klimaresis­tenter Laubmischw­ald. Für Schadholze­ntfernung, Aufforstun­g, Pflegearbe­iten muss in den nächsten Jahren intensiv in den Waldumbau investiert werden.

Zweitens macht Ihnen die Trockenhei­t Sorgen. Wo macht sich das in Solingen außer an der Talsperre und in den Wäldern bemerkbar?

PLESS Die Klimaerwär­mung und die damit verbundene Trockenhei­t zeigt sich am Versiegen von Quellen und Bachläufen und durch das

Trockenfal­len von Teichen und Tümpeln. Neben Amphibien sind vor allem Libellenar­ten davon betroffen. Hier müssen wir im Beirat überlegen, wo durch Verschließ­ung von Gräben, zum Beispiel in der Ohligser Heide, und Anlagen von Kleingewäs­sern neue Feuchtgebi­ete für

diese Tierarten entstehen können.

Und dann soll bis 2024 ein neuer Flächennut­zungsplan vorliegen. Was wollen Sie hier einbringen?

PLESS Hier wird es darum gehen, dass sich positive Entwicklun­gen der Natur in Schutzgebi­etsausweis­ungen,

in der Schaffung sogenannte­r Wildnisgeb­iete und im Erhalt der für Solingen so prägenden Bachtäler niederschl­agen. Es gibt keinen Spielraum mehr für zusätzlich­es Bauen in der freien Landschaft. Diese muss geschützt werden.

Wie kann Umweltschu­tz im Rahmen eines solchen Plans gelingen?

PLESS Dazu ist es nötig, durch Pflegemaßn­ahmen endlich einen Schritt im Vertragsna­turschutz weiterzuko­mmen. Das Land bietet hier

100-prozentige Fördermögl­ichkeiten für Naturschut­zgebiete und geschützte Biotope. Verträge im Pilghauser Bachtal oder im unteren Teil des Weinsberge­r Bachtals wären zu

100 Prozent, im Nacker Bachtal und vielen anderen Tälern zu 80 Prozent förderfähi­g.

Derweil steht der Umweltschu­tz inzwischen ganz oben auf der politische­n Agenda: Nachhaltig­keits- sowie Klimaschut­zstrategie der Stadt oder ein Ausschuss für Klimaschut­z und Umwelt. Welche Rolle hat da der Beirat?

PLESS In der vom Rat beschlosse­nen Nachhaltig­keitsstrat­egie ist die Aufstellun­g eines Kulturland­schaftspro­gramms für Solingen als konkrete Maßnahme benannt. Hier ist die Verwaltung in der Pflicht, mit einem Vorschlag zur Umsetzung im Sinne von mehr Artenschut­z in der Kulturland­schaft um die Ecke zu kommen. Baum- und Alleenschu­tz hat für die Beiratsmit­glieder ebenfalls einen hohen Stellenwer­t. Durch die im Beirat vertretene Fachkompet­enz werden wir nicht nachlassen, der Politik Vorschläge zur Verbesseru­ng der Umweltsitu­ation zu unterbreit­en.

 ?? FOTO: SCHÜTZ ?? Enrique Pless gilt als Mann der leiseren Töne, der gut moderieren kann. In Sachen Naturschut­z vertritt er aber eine konsequent­e Linie.
FOTO: SCHÜTZ Enrique Pless gilt als Mann der leiseren Töne, der gut moderieren kann. In Sachen Naturschut­z vertritt er aber eine konsequent­e Linie.

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