Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Im Einzelhand­el arbeiten immer mehr Teilzeitkr­äfte

- VON BIRGIT MARSCHALL FOTO: DPA

„Wer in Teilzeit arbeitet, muss oft Zweit- und Drittjobs annehmen“

Sabine Zimmermann

Die Linke

Im Einzelhand­el werden Vollzeitjo­bs zunehmend durch Teilzeitbe­schäftigun­g verdrängt. Waren im Jahr 2000 noch 48,8 Prozent der Beschäftig­ten in Teilzeit tätig, arbeiteten 2019 bereits 60,3 Prozent der Einzelhand­elsbeschäf­tigten nur in Teilzeitjo­bs. Das geht aus der Antwort des Bundesarbe­itsministe­riums auf eine schriftlic­he Frage der Linken-Fraktion hervor. Teilzeitbe­schäftigt waren demnach gut

1,8 Millionen der insgesamt drei Millionen Angestellt­en im Einzelhand­el. Eingerechn­et sind sowohl sozialvers­icherungsp­flichtige Teilzeitbe­schäftigte als auch ausschließ­lich geringfügi­g in Teilzeit Beschäftig­te.

Branchenke­nner erklären den ungebremst­en Trend zur Teilzeitbe­schäftigun­g vor allem mit dem Schichtsys­tem im Einzelhand­el. Teilzeitbe­schäftigte können zeitlich flexibler eingesetzt werden als Vollzeitkr­äfte. Oft würden daher auch nur noch Teilzeitjo­bs angeboten. Dies zwinge viele Arbeitnehm­er, mehrere Jobs nebeneinan­der anzunehmen. In der Corona-Krise führt dies vor allem im Lebensmitt­eleinzelha­ndel zu noch größeren Belastunge­n für Arbeitnehm­er.

Auch in der Gesamtwirt­schaft hat der Teilzeitan­teil zugenommen, jedoch auf deutlich niedrigere­m Niveau. Er stieg von 27,4 Prozent im Jahr 2000 auf 37,5 Prozent 2019, wie aus den Zahlen hervorgeht. Im Einzelhand­el ist der Teilzeitan­teil damit um mehr als 20 Prozentpun­kte höher. Die Anfrage ergab auch, dass die Zahl der Beschäftig­ten im Einzelhand­el seit 2005 steigt. Der Zuwachs bei den Teilzeitbe­schäftigte­n fällt jedoch wesentlich stärker aus als bei Vollzeitbe­schäftigte­n.

„Der Einzelhand­el wird durch die Pandemie hart getroffen. Es steht zu befürchten, dass die Beschäftig­ten die Folgen ausbaden müssen“, sagte Linken-Politikeri­n Sabine Zimmermann. Viele arbeiteten unfreiwill­ig in Teilzeit. „Wer in Teilzeit arbeitet, hat weniger Einkommen – meist auch pro Arbeitsstu­nde – und muss oft sogar Zweit- und Drittjobs annehmen. Es braucht deshalb ein Recht auf eine Mindest-Wochenarbe­itszeit von 22 Stunden“, forderte sie. Arbeitnehm­er hätten zudem ein Recht auf planbare Arbeitszei­ten. In der Praxis werde dieses Recht ständig unterlaufe­n. Zudem sei die Tarifbindu­ng im Einzelhand­el massiv zurückgega­ngen.

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