Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Bittere Erkenntnis­se bei der Terminverg­abe

- VON ANTJE HÖNING ANSTURM LÄSST IMPF-SEITE KOLLABIERE­N, TITELSEITE

Für Armin Laschet ist die Sache klar: „Der Impfstart ist gelungen“, teilte der neue CDU-Chef nach einer Sitzung in Berlin mit. Da scheint die Entfernung die Sinne zu trüben: Zehntausen­de NRW-Bürger haben etwas anderes erlebt. Bei dem Versuch, einen Termin zu ergattern, kamen sie nicht durch, flogen mitten im Anmeldevor­gang raus oder stießen wie Privatpati­enten auf ungeahnte Fallen. Gewiss: Wie alles bei der Bekämpfung der Pandemie ist auch die Organisati­on der Impfungen eine Herkules-Aufgabe, und die Kassenärzt­lichen Vereinigun­gen haben seit Monaten für diesen Tag gearbeitet. Und natürlich müssen auch nicht alle Bürger am selben Tag anrufen. Aber dass jetzt erst festgestel­lt wird, dass die Serverkapa­zitäten nicht reichen und aufgestock­t werden müssen, ist schon bitter. Womöglich rächt sich, dass man zuerst geglaubt hatte, ganz ohne Online-Anmeldung auskommen zu können. Dabei können auch 80-Jährige Internetse­iten bedienen oder haben unterstütz­ende Kinder. Jetzt hilft es nichts, dass die Opposition Gesundheit­sminister Laumann den Schwarzen Peter zuschiebt und dieser ihn an die Kassenärzt­e weiterreic­ht. Der Rückstand bei der Digitalisi­erung des Gesundheit­ssystems zeigt sich auch hier.

Am Ende, der Trost bleibt den Älteren, werden alle einen Impftermin bekommen – und das weit vor allen anderen in der Bevölkerun­g. Das größte Problem ist auch nicht das aktuelle Chaos bei der Terminverg­abe. Es ist der Mangel an Impfstoff. Bund und Land haben bei den Bürgern Erwartunge­n geweckt, die sie nun tief enttäusche­n. Bund und Europäisch­e Union haben bei den Verträgen nicht aufgepasst: Die USA halten die Impfstoffe mit Exportverb­oten im Land, Israel zahlt höhere Preise, Großbritan­nien setzt die Haftungen aus. Und die Strategie der EU? Laschet würde sie vermutlich auch „gelungen“nennen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany