Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Der Kiosk unter der Müngstener Brücke ist eine Institutio­n.

Das Ehepaar Claudia und Stefan Böhm führt den Laden bereits in dritter Generation. Angefangen hat es mit einem windschief­en Bretterver­schlag.

- VON WOLFGANG GÜNTHER

Auch wenn es das trübe Wetter am Samstagmit­tag nicht so gut mit den Besuchern des Brückenpar­ks meinte, der traditions­reiche Kiosk von Claudia und Stefan Böhm bot für sie eine willkommen­e Möglichkei­t, sich mit einem heißen Kaffee aufzuwärme­n. Dies wurde von einigen wetterfest­en Wanderern auch dankbar in Anspruch genommen.

„Wir haben an jedem Tag geöffnet“, erzählte die Inhaberin Claudia Böhm, sie führt mit ihrem Ehemann Stefan das Geschäft im Brückenpar­k. Stefan Böhm arbeitet in der dritten Generation im Kiosk, er hat sich mit der Historie des Brückenpar­ks beschäftig­t, und kann viel über die Geschichte und Geschichte­n unterhalb der höchsten Eisenbahnb­rücke Deutschlan­ds zwischen Solingen und Remscheid erzählen.

„Mein Großvater Heinrich Böhm hat hier im Jahr 1950 ein Grundstück von einem Bauern privat erworben“, berichtet er und zeigt ein Bild eines windschief­en Bretterver­schlags, der zum ersten Kiosk der Familie Böhm auf ihrem eigenen Grund und Boden in Müngsten wurde. Eröffnet wurde der Kiosk im Frühjahr 1951, also vor rund 70 Jahren. „Damals war hier in Müngsten schwer was los“, erzählt Stefan Böhm. Allein 13 Kioske, Imbisse und Gaststätte­nbetriebe existierte­n in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg unter der Brücke. Dazu kamen Schaugesch­äfte und Karussells, selbst ein Autoscoote­r machte gute Geschäfte im Park, der seine Glanzzeit in den

1950er und -60er Jahren erlebte. Für die Kinder war sogar ein Märchenwal­d auf dem Hang Richtung Schaberg aufgebaut worden.

„Mein Vater Gerd Böhm half schon als Kind immer im Kiosk mit“, sagte Stefan Böhm. Der Opa hatte aber auf einer guten, technische­n Ausbildung seines Sohnes bestanden, bevor Gerd den Kiosk übernehmen konnte. Ihm zur Seite stand bald seine Frau Elsa, kennengele­rnt hatten sich die beiden im Restaurant Weidenhof, an der Burger Landstraße, in dem sich damals sogar ein Kino befand. „Meine Mutter war zwar eine resolute, aber sehr liebenswer­te Frau“, erinnert sich der Sohn. Elsa Böhm verschöner­te und erweiterte den Kiosk und sein Umfeld, wo sie nur konnte und wurde schnell zu einer bekannten und geliebten Persönlich­keit in der Klingensta­dt. Ein Solinger Original.

Elsa war es auch, die einem der angebotene­n Artikel einen griffigen Namen gab. „Die Eltern hatten eine Art Magenbrot im Sortiment, das lag wie Blei.“Elsa Böhm erfand dafür den Namen „Wupperschl­amm“, und seitdem ist das Gebäck ein Renner. Weiter bietet der Kiosk gebrannte Mandeln, Zwieback, Eis und natürlich die Burger Brezel für den kleinen Hunger zwischendu­rch an.

Derweil sind in der Chronik des Unternehme­ns auch die Jahre verzeichne­t, in denen der Kiosk durch die vielen Baumaßnahm­en im Zuge der Regionale zu kämpfen hatte. So wirkt sich auch die Schließung der Burger Jugendherb­erge negativ aus. „Die Gruppen wanderten oft zum Minigolf zu uns“, erinnert sich Stefan Böhm, der sich über eine weitere Belebung des Brückenpar­ks freuen würde. „Hier ist genug Platz für andere Stände, Konkurrenz belebt eben das Geschäft“. Die Liebe zur Heimat hat er sich mit Bildern von Schloss Burg, der Brücke und dem Balkhauser Kotten auf den Arm tätowieren lassen. Inzwischen ist mit der Tochter Sophia Elsa Böhm und dem Sohn Felix Gerd bereits die vierte Generation im Kiosk als Aushilfen aktiv.

Gefeiert werden soll das Jubiläum im Sommer, kündigt Stefan Böhm an. „Falls es die Pandemie zulässt – der Merscheide­r Männergesa­ngverein und die Band Mike and the Waiters haben schon für Auftritte zugesagt“, freut sich das Paar.

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FOTOS: CHRISTIAN BEIER/PRIVAT Claudia und Stefan Böhm führen den Kiosk im Brückenpar­k. Rechts eine alte Postkarte, die drei Knaben beim „Wettpinkel­n“zeigt.

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