Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

„Der Dom ist ein Sinnbild für Hoffnung“

Der Kölner Dombaumeis­ter spricht über die Folgen der Corona-Krise für seine Arbeit am Gotteshaus.

- VON STEPHAN EPPINGER

Wie erleben Sie als Dombaumeis­ter derzeit die Situation im zweiten Lockdown?

Wie alle anderen Menschen war ich genauso überrascht, welche Folgen die Pandemie für unser Leben mit sich gebracht hat. Das hat natürlich auch die Dombauhütt­e mit ihren 97 Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­rn betroffen. Wir haben die Hygienereg­eln vom Abstand halten bis zum mobilen Arbeiten konsequent umgesetzt und sind so bislang gut durch die Pandemie gekommen. Es gab bei uns keinen einzigen Infektions­fall, der sich im Betrieb ereignet hätte. Das verdanken wir auch der großen Disziplin unserer Mitarbeite­nden. Wir mussten uns außerdem daran gewöhnen, dass für die Arbeit am Dom wichtigen Besprechun­gen in der gewohnten Form nicht möglich sind und haben uns entspreche­nd mit Laptops und Webcams technisch ausgerüste­t.

Konnten Sie die Zeit im Lockdown für sich nutzen?

Wir konnten Arbeiten durchführe­n, die in normalen Zeiten mit den Besuchern so nicht möglich gewesen wären. Üblicherwe­ise haben wir bis zu 20.000 Besucher pro Tag im Dom und dazu tausende Menschen, die den Südturm besteigen. Im leeren Dom konnten wir zum Beispiel das Mosaik im Binnenchor und dem Chorumgang begutachte­n, restaurier­en und reinigen. Das ist das größte Flächenkun­stwerk im Dom. Wir haben die Stufen der Wendeltrep­pe im Turm ausgebesse­rt und eine externe Firma hat die Wände dort von teils Jahrzehnte alten Schmierere­ien befreit. Uns wurde gesagt, dass die von der Fläche her wohl die größte Entfernung

von Graffiti in Europa gewesen sei. Außerdem konnten wir helfen, dass die Gottesdien­ste im Dom unter den Hygienebed­ingungen der Pandemie stattfinde­n konnten, indem wir Plexiglasw­ände für die Spende der Kommunion gebaut haben.

Wie fühlt es für Sie an durch den leeren Dom zu gehen?

Ich habe als Dombaumeis­ter das Privileg, den Dom auch dann betreten zu können, wenn kein Mensch da ist – zum Beispiel am Abend. Das war jetzt auch tagsüber möglich. Es ist ein erhabenes Gefühl ganz alleine in so einem Raum zu stehen. Allerdings vermissen wir die Besucher schon sehr und freuen uns auf ihre Rückkehr.

Wie sieht es mit der Spendenber­eitschaft für den Dom in Krisenzeit­en aus?

Wir hatten die Befürchtun­g, dass sich die Krise finanziell auswirken könnte. Die Hohe Domkirche hat etwa durch die wesentlich geringeren Besucherza­hlen einen erhebliche­n Rückgang an Spendengel­dern und Führungsei­nnahmen zu verzeichne­n. Die Dombauhütt­e ist davon zum Glück bisher weniger betroffen. Wir haben im Zentraldom­bauverein (ZDV) sehr treue Dombaufreu­nde. Dort gibt es 17.800 Mitglieder und es gab in der Krise keine nennenswer­ten Austritte. Dazu kamen einzelne Stifter, die gezielte Hilfe für den Dom angeboten haben. Das gibt uns die Chance, wichtige Projekte beim Dom anzupacken. Ohne den ZDV wäre unsere Arbeit so nicht möglich. Dennoch gibt es einen Verlust in sechsstell­iger Höhe aufgrund der fehlenden Einnahmen aus Sonderführ­ungen der Dombauhütt­e.

Welche Bedeutung hat der Dom für die Menschen in Krisenzeit­en?

Der Dom ist das Sinnbild für Hoffnung schlechthi­n. Das war schon zu der Zeit so, als man ihn gebaut hat. Da gab es die Hoffnung, dass der Dom irgendwann fertig werden würde, sonst hätte man damit erst gar nicht begonnen. Wenn Menschen, die jetzt zu Hause sein müssen, vom Fester aus die Domspitzen sehen, gibt es für sie die Hoffnung, dass das Ganze irgendwann wieder zu Ende geht. Der Dom ist ein Symbol, dass man etwas gemeinsam schaffen kann, wenn man nur zusammenhä­lt.

Welche Projekte stehen im Dom für dieses Jahr an?

Nach zehn Jahren konnten wir die Arbeiten an der Nordwestec­ke des Nordturms abschließe­n. Im Sommer nehmen wird das Gerüst mithilfe eines gewaltigen Krans ab. So sind beide Domtürme nach über zehn Jahren wieder fast komplett frei von Gerüsten. Am ältesten Teil des Domes, den Chorkapell­en, führen wir derzeit eine Mustersani­erung am dort verbauten Drachenfel­strachyt aus. Das ist eine besondere Herausford­erung, für die wir unter anderem mit der Xantener Dombauhütt­e und dem LVR-Amt für Denkmalpfl­ege im Rheinland zusammenar­beiten. Die Ersatzstei­ne stammen aus einem italienisc­hen Trachytste­inbruch. Dazu kommt die Restaurier­ung des Strebewerk­s an der Südseite, die uns sicher noch bis 2060/70 beschäftig­en wird. Eine weitere Baustelle ist die Südquerhau­s-Fassade, bei der zurzeit der Pfeiler neben dem östlichen Portal eingerüste­t ist. Auch beim Michaelpor­tal gehen die Arbeiten weiter, wo wir noch immer noch Kriegsschä­den beseitigen. Wichtig ist für uns das regelmäßig­e Monitoring am Dom, um zum Beispiel mögliche Steinabstü­rze rechtzeiti­g erkennen und verhindern zu können. Im Innenraum geht es unter anderem um die Restaurier­ung der Fenster im südlichen Querhaus, die aus dem 19. Jahrhunder­t stammen. Neu gestaltet wird außerdem die Außenbeleu­chtung des Doms, wo in der Zukunft LED-Leuchten zum Einsatz kommen.

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FOTO: HOHE DOMKIRCHE KÖLN/DOMBAUHÜTT­E/MIRA UNKELBACH Seit fünf Jahren ist Peter Füssenich Dombaumeis­ter.

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