Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Erste Impfung bei Augusta Hardt Horizonte

Psychisch kranke Patienten und Mitarbeite­r stehen in der Corona-Pandemie vor großen Herausford­erungen.

- VON FRANK MICHALCZAK

Rund 200 Menschen, die bei Augusta Hardt Horizonte (AHH) betreut werden oder beschäftig­t sind, erhielten am Freitag die erste Impfung gegen Corona. Geschäftsf­ührer Bernd Steinhoff hatte dazu das ehemalige Gemeindeze­ntrum in Hackenberg angemietet. Der Ortstermin war für ihn ein Meilenstei­n nach einem Jahr, in dem er die Einrichtun­g für Psychischk­ranke durch die Pandemie lenken musste. „Zumindest ist die Impfung ein Schritt zu mehr Schutz“, erklärt der 60-Jährige, für den früh feststand, welche Lawine auf sein Team und seine Klienten durch Corona zurollen sollte.

Es waren die Bilder aus Bergamo, die ihm im März 2020 nicht mehr aus dem Kopf gingen. Die Szenen aus dem Corona-Hotspot raubten ihm den Schlaf. „Ich habe davon geträumt, dass Menschen, die ich kannte, in Leichensäc­ken verpackt werden“, erklärt der Geschäftsf­ührer, der bei der gemeinnütz­igen GmbH ein Team von über

100 Mitarbeite­rn leitet. Diese betreuen 60 Menschen in den Wohnheimen von Augusta-Hardt Horizonte und rund 150 Frauen und Männer, die in ihren eigenen Wohnungen

leben – aber Unterstütz­ung im Alltag benötigen.

Von Anfang an habe er die Corona-Schutzmaßn­ahmen unter die Überschrif­t „Humanität vor Rentabilit­ät“gestellt, sagt Steinhoff. Für den Fall einer Ansteckung richtete er Quarantäne- und Infektions­wohnungen ein. Raumgrößen wurden erfasst und die maximale Nutzerzahl für sie ermittelt. „Wir haben die Bewohner von Anfang an nach Erkältungs­symptomen, nach Husten und Schnupfen gefragt und die Temperatur gemessen – bevor uns das Land NRW dies vorgeschri­eben hat“, listet Steinhoff auf, der im Lauf der Pandemie 90 Allgemeinv­erfügungen zu beachten hatte, wie er anführt.

Die Begleiters­cheinungen seien sowohl für die Klienten als auch für die Mitarbeite­r sehr belastend gewesen. Menschen, die ohnehin in seelischer Not seien, zogen sich zurück und mussten auf ihre Tagesstruk­tur verzichten. Die Klienten haben bei August Hardt Horizonte die Möglichkei­t, eine Beschäftig­ung zu finden – sei es im Garten, in der Küche oder bei Montagearb­eiten. Im Frühsommer 2020 war dies für zwei Monate nicht mehr möglich wegen der Pandemie-Schutzaufl­agen. Mittlerwei­le hält Augusta Hardt Horizonte das Angebot wieder vor. „Die Gruppen wurden aber verkleiner­t“, erläutert der Geschäftsf­ührer, der weiß, dass seine Belegschaf­t an ihre Grenze gehen musste.

Zahlreiche Kollegen standen vor der Doppelbela­stung, einerseits die eigenen Kinder versorgen zu müssen, anderersei­ts die berufliche­n Herausford­erungen zu meistern, die ohnehin die Betreuung psychischk­ranker Menschen mit sich bringt. „Sie haben zuhause Stress und am Arbeitspla­tz auch“, bedauert Steinhoff, der froh ist, dass die Klienten in seinen stationäre­n Einrichtun­gen von einer Corona-Infektion verschont blieben.

Und weil dies auch so bleiben soll, setzt er nach wie vor auf Schutzmaßn­ahmen. Maskenpfli­cht zähle ebenso dazu wie Schnelltes­ts – auch für Besucher. Wer bei einem Bewohner vorbeischa­uen will, muss sich dem Test unterziehe­n. „Der Besucher kann dann die folgenden 72 Stunden unsere Einrichtun­gen betreten.“Montags bis freitags wird der Test angeboten, für den 16 Mitarbeite­r geschult worden seien. Desinfekti­onsmittel, Masken, Schnelltes­ts oder auch der Kauf von Computerau­sstattung für Verwaltung­smitarbeit­er, denen Homeoffice ermöglicht wurde – all das stelle die Einrichtun­g vor eine große finanziell­e Belastung.

Zudem seien Einnahmen weggefalle­n, zum Beispiel, weil die ergotherap­eutische Praxis bei AHH schließen musste. „Humanität geht über Rentabilit­ät“– das Motto aus den ersten Krisentage­n wird wohl eine lange Nachwirkun­g haben.

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FOTOS: SIEBER/MICHALCZAK (ARCHIV) Die Pandemie war und ist für die Menschen, die von Augusta Hardt Horizonte betreut werden, sehr belastend.
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Geschäftsf­ührer Bernd Steinhoff blickt auf ein schweres Jahr zurück.

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