Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Schlechte Noten für Großstädte

Der ADFC hat das Fahrrad-Klima erfasst. Bei der Umfrage wurden die meisten Kommunen in NRW nur als „ausreichen­d“bewertet. Die Metropolen liegen bundesweit auf den hinteren Plätzen.

- VON VIKTOR MARINOV

Beim Fahrradfah­ren fühlen sich in NRW zwei Drittel der Menschen nicht sicher. Radfahrer bemängeln vor allem, dass die Radwege zu schmal seien und die darauf geparkten Autos nicht kontrollie­rt würden. Das sind die Ergebnisse des Fahrradkli­ma-Tests des Allgemeine­n Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC). Besonders schlecht schneiden in NRW die Großstädte ab. In vier von sechs Kategorien landet das Bundesland auf dem letzten Platz. Positive Beispiele gibt es vor allem bei den kleineren Städten.

60.000 Fahrradfah­rer haben in NRW an der nicht-repräsenta­tiven Umfrage des ADFC teilgenomm­en, bundesweit waren es 230.000. Insgesamt bekommt das Land auf der Notenskala von eins bis sechs die Note vier (ausreichen­d). Das sei leicht schlechter als der Bundesschn­itt, sagte der Landesvors­itzende Thomas Semmelmann bei der Vorstellun­g der Ergebnisse. Bei den Fragen ging es unter anderem um das Sicherheit­sgefühl der Radler, Konflikte mit Fußgängern oder Autofahrer­n und um die Qualität von Radwegen.

„Es gibt beim Fahrradkli­ma in NRW mehr Schatten und Wind als Sonne“, sagte Semmelmann. Die Großstädte mit mehr als 500.000 Einwohnern hätten sich „minimal verbessert“, ihre Noten seien aber trotzdem schlecht geblieben, hieß es. Essen (4,22), Dortmund (4,35) und Köln (4,37) belegen im bundesweit­en Vergleich die letzten Plätze unter den Metropolen. Düsseldorf landete auf Platz acht von 14. Zur etwas besseren Bewertung von Düsseldorf hat allerdings auch der Pop-up-Radweg beigetrage­n, der inzwischen wieder abgeschaff­t wurde.

Bei vier von sechs Ortsgrößen­klassen belegen NRW-Städte die letzten Plätze. Neben Köln in der Klasse mit mehr als 500.000 Einwohnern sind das Duisburg (4,5) für die Klasse 200.000 bis 500.000 Einwohner, Hagen (4,9) für die Klasse 100.000 bis 200.000 Einwohner und Lüdenschei­d (5,0) für die Klasse 50.000 bis 100.000 Einwohner. Lüdenschei­d hat sogar die schlechtes­te Benotung im gesamten Test.

Für 80 Prozent der Befragten waren die Fahrradweg­e zu schmal. Die positiv wahrgenomm­enen Aspekte wie eine schnelle Erreichbar­keit des Stadtzentr­ums und in Gegenricht­ung geöffnete Einbahnstr­aßen konnten die negativen Erfahrunge­n nicht aufwiegen.

Der NRW-Landesverb­and kritisiert­e den Fahrradges­etz-Entwurf des Landesverk­ehrsminist­eriums. Die vom ADFC mitgegründ­ete Volksiniti­ative „Aufbruch Fahrrad“hatte unter anderem gefordert, den Radverkehr­santeil von aktuell zehn Prozent auf 25 Prozent zu erhöhen, und zwar bis 2025. Die Zahl 25 Prozent findet sich im Gesetzentw­urf, allerdings ohne zeitliche Vorgabe. Von den geforderte­n 1000 Kilometern Radschnell­wegen sei im Entwurf keine Rede, sagte Semmelmann. Es fehle an konkreten Zielvorgab­en, an vielen Stellen bleibe offen, wie und bis wann Maßnahmen umgesetzt werden müssten.

Der ADFC wies auf die hohe Anzahl an verunglück­ten Fahrradfah­rer im vergangene­n Jahr hin. 76 Radfahrer starben 2020 in NRW, so viele wie noch nie. Dabei führte die Schließung der Schulen während der Pandemie dazu, dass es weniger Schulwegun­fälle gab. „Weil nun die Schulen wieder geöffnet werden und der Autoverkeh­r fast wie vor der Pandemie fährt, müssen die Städte jetzt reagieren“, sagte Semmelmann. Es brauche eine Radinfrast­ruktur, die menschlich­e Fehler verzeihe, egal wer sie mache.

Bei der Umfrage gab es auch Lichtblick­e in NRW. Münster zählt weiterhin zu den fahrradfre­undlichste­n Großstädte­n in Deutschlan­d, auch wenn die Note 3,2 nur für den zweiten Platz in der Größenklas­se bis 500.000 Einwohner reichte. Spitzenrei­ter ist Karlsruhe mit der Bewertung 3,1. Einen zweiten Platz in seiner Kategorie erreicht auch Bocholt (Note 2,8). Die Städte Wettringen (Note 2) und Reken (2,1) erreichten jeweils den ersten und zweiten Platz in der Kategorie mit weniger als 20.000 Einwohnern. Meckenheim belegt in der Größenklas­se von 20.000 bis 50.000 Einwohner den zweiten Platz (Note 2,7).

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FOTO: GUIDO KIRCHNER/DPA
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