Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Zum Abschied ein Milliardengewinn
Rolf Martin Schmitz hat aus dem Krisenkonzern RWE einen ÖkostromRiesen gemacht und verabschiedet sich mit einem satten Gewinn. Im Rheinischen Revier fallen bis zum Jahr 2030 wie geplant 5500 Stellen weg.
Vor 1100 Tagen legten RWE und Eon nach Jahren der Krise den Schalter um und wirbelten die Branche mit einem Coup durcheinander. Damals präsentierten RWE-Chef Rolf Martin Schmitz und Eon-Chef Johannes Teyssen den Plan zur Aufteilung von Innogy. Nun verabschiedet sich Schmitz mit einer glänzenden Bilanz in den Ruhestand: RWE hat sich neu erfunden – aus dem größten Klimasünder in Europa wurde der drittgrößte Ökostromkonzern. Und RWE erzielte 2020 einen Gewinn vor Steuern und Abschreibungen von 3,2 Milliarden Euro. „Das vergangene Jahr ist für RWE hervorragend gelaufen – trotz der herausfordernden Corona-Krise“, sagte Schmitz. Der Gladbacher gibt Ende April das Steuer an Finanzchef Markus Krebber ab.
Im Dezember ist der erste Braunkohleblock in Niederaußem vom Netz gegangen. Weitere drei Blöcke folgen in diesem Jahr. Bis 2030 legt RWE zwei Drittel seiner Braunkohle-Kraftwerkskapazität still. Zwei von drei Tagebauen (Inden und Hambach) werden bis dahin geschlossen, nur Garzweiler läuft bis 2038 weiter. „Wir setzen den Kohleausstieg verantwortungsvoll um“, bekräftigte Schmitz. Aktuell sind in der Braunkohle noch 9500 Mitarbeiter beschäftigt, bis 2030 wird ihre Zahl auf 4000 sinken. Das staatliche Anpassungsgeld hilft, den Stellenabbau sozialverträglich zu gestalten. „Die Mitarbeiter fühlen sich gut aufgehoben“, ist Schmitz überzeugt. Insgesamt hat RWE aktuell 15.000 Mitarbeiter, und das werden in den nächsten Jahren deutlich weniger werden. Ökostromerzeugung sei kein personalintensives Geschäft, so Schmitz.
Zu dem Debakel bei den Corona-Impfungen in Deutschland wollte sich Schmitz nicht äußern. Er versicherte aber, RWE sei bereit seine Mitarbeiter zu impfen, wenn es Impfstoff gebe. Auch bei den Grippeschutz-Impfungen mache man regelmäßig mit. Zudem habe RWE schon viele Selbst- und Schnelltests bestellt, um Mitarbeiter regelmäßig auf Corona testen zu können.
Die Aussichten für dieses Jahr sind weniger gut. Der Essener Konzern erwartet einen Gewinnrückgang auf bis zu 2,7 Milliarden Euro. Ärger macht etwas der Kälteeinbruch in Texas. Im Februar hatte RWE dort Strom zu hohen Preisen einkaufen müssen, um seine Lieferverpflichtung erfüllen zu können. Andererseits profitiert RWE nun von Zahlung von 880 Millionen Euro für den beschleunigten Atomausstieg. Der Konzern hat für Atom-, Braunkohleund lang hatte er einst für den Konkurrenten gearbeitet. RWE hält seit dem Innogy-Coup an dem Nachbarn 15 Prozent der Anteile. Kurzfristig gebe es keine Pläne, diesen Anteil abzugeben, so Krebber. Allerdings führt RWE den Anteil schon nur als Finanzbeteiligung. Auf Dauer dürfte der Konzern sich also von Eon trennen und das Geld in neue Geschäfte investieren.
Denn der Ökostrom-Boom hat inzwischen auch andere angelockt: Shell etwa ist groß in die Ökostrom-Erzeugung eingestiegen. Krebber bleibt aber gelassen bei der Frage, ob RWE nun möglicherweise zum Übernahmekandidaten für Öl-Konzerne wird: „Die Sorge kann ich nicht nachvollziehen.“Klar ist eins: Mit dem maroden Nachbarn in Essen, dem Versorger Steag, will RWE nichts zu tun haben: „Die Steag ist und wird für uns kein Thema“, betont Schmitz.
Der Gladbacher freut sich nun auf seinen Ruhestand, nachdem er in der Energiebranche für viele Unternehmen gearbeitet und fast alles erlebt hat.