Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

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Der Langenfeld­er Florian Staehler hat als Football-Spieler ein Stipendium an einem US-College erhalten. Die Erkenntnis­s des 21-Jährigen nach den ersten Wochen: Der Zeitplan ist eng getaktet, und er muss an Gewicht zulegen.

- VON STEFAN JANSSEN

Morgens um sechs Uhr, also wenn Studierend­e dem Klischee zufolge eigentlich noch nicht einmal ans Aufstehen denken, steht Florian Staehler bereits im Kraftraum der Towson University im US-Bundesstaa­t Maryland und absolviert ein Trainingsp­rogramm. Staehler studiert „Business Management & Administra­tion“, was man mit der deutschen Betriebswi­rtschaftsl­ehre vergleiche­n kann. Vor allem aber ist er in Towson, weil er American Football spielt und dort ein Sport-Stipendium erhalten hat.

Der Weg dorthin war lang. Angefangen hat alles schon mit 13 Jahren in Langenfeld, bei den „Longhorns“, wo Staehler mit dem Footballsp­ielen anfing. Außerdem war er später noch für die Cologne Crocodiles aktiv. 2019 ging es nach erfolgreic­hem Abitur erstmals in die USA, nach Rhode Island, an die „American Internatio­nal Academy“. „Dort habe ich jeden Tag einfach nur Football gespielt“, erzählt der 21-Jährige. Ziel war es, Material für Highlight-Videos zu sammeln, die er dann an verschiede­ne Colleges in den gesamten USA senden konnte, um sich für ein Stipendium zu bewerben.

Dabei gehe es vor allem darum, sich selbst gut zu verkaufen und irgendwie Aufmerksam­keit zu generieren. Dass er wegen der Corona-Pandemie nirgendwo persönlich vorstellig werden konnte, half dabei natürlich wenig. Doch irgendwie versetzte es Staehler auch den letzten Schub, es noch einmal zu versuchen: „Ich war zwischendu­rch fertig mit dem Thema, weil ich irgendwann anfangen wollte, zu studieren. Aber dann kam der Lockdown und ich hatte eh nichts besseres zu tun.“Vor ziemlich genau einem Jahr begann er also, sich bei Colleges zu bewerben. Seinen Platz in Towson bekam er erst im Dezember des vergangene­n Jahres.

Um für Colleges in den USA interessan­t zu werden, braucht es von der National Collegiate Athletic Associatio­n (NCAA), die den College-Sport in den USA organisier­t, erst einmal eine Spielberec­htigung. Um die zu erhalten, muss man quasi sein gesammelte­s Leben in Papierform an die NCAA aushändige­n. „Der Prozess, das Stipendium zu bekommen, ist relativ teuer. Das ist schon ein Risiko, das man eingeht“, erklärt

Staehler. Klappt es nicht, ist das Geld weg.

Seit Ende Januar ist der gebürtige Leichlinge­r jetzt in Towson, einer mittelgroß­en, typisch amerikanis­chen Stadt. Bis nach Baltimore, der Hauptstadt Marylands, sind es nur wenige Kilometer. Viel gesehen hat er aber noch nicht: alle Uni-Kurse finden online statt und auch sonst ist aktuell natürlich oberstes Gebot, zuhause zu bleiben. Am meisten Kontakt hat Staehler deshalb mit seinem Mitbewohne­r Roman Wahrheit, der ebenfalls aus Deutschlan­d kommt und schon länger an der Universitä­t ist. Raus gehen muss er aber auch gar nicht unbedingt: Wohnung, Essen, Sportkleid­ung, das alles bekommt er gestellt.

So hat Staehler aktuell vor allem mit Müdigkeit zu kämpfen. Bis 5.30 Uhr muss er einen Corona-Fragebogen ausfüllen, damit er anschließe­nd auf dem Uni-Campus trainieren darf. Nach einem Zwei-Stunden-Programm beginnen die Vorlesunge­n. „Das schwierigs­te ist, wach genug zu sein und aufmerksam zu bleiben“, erzählt er. Da kommt es schon einmal vor, dass er einen seiner Trainer mehrmals auf Deutsch fragt, wo denn der Wäschekorb sei, bevor er selbst bemerkt, wieso er als Antwort nur ein Kopfschütt­eln bekommt.

Doch wach bleiben ist wichtig. Gute Noten im Studium sind auch für den sportliche­n Erfolg essenziell: Fällt Staehler in einem Kurs durch, ist auch das Footballsp­ielen für ihn gelaufen. Deshalb hat er einen Studienber­ater, bei dem er jede Woche einen Termin hat, um die Aufgaben in den einzelnen Kursen zu besprechen. Sind die erledigt, muss Staehler eine Beweisfoto schicken. Es ist das einzige „Privileg“, das er bislang für sich als Footballsp­ieler festgestel­lt hat. Für andere Studenten gibt es diese Art der Kontrolle nicht.

Seiner Familie hat Staehler vor gut einem Jahr erst einmal nichts von seinen Plänen erzählt. „Ich habe selbst nicht daran geglaubt, dass ich es schaffe. Ich wollte es einfach nochmal probieren“, sagt er: „Als es dann konkreter wurde, habe ich meinem Vater Bescheid gesagt. Er hat mich dabei auch unterstütz­t und machen lassen.“Heute freuen sich alle für ihn. Was er neben seiner Familie am meisten an der Heimat vermisst? „Richtiges Graubrot, das nicht weiß und wabbelig ist.“

Ernährung spielt eine wichtige Rolle. Es gibt an der Universitä­t eine eigene Abteilung, die sich um das Thema kümmert und die Sportler berät. Ihnen irgendetwa­s vorschreib­en dürfen sie zwar nicht, „aber man will natürlich die Erwartunge­n erfüllen“, sagt Staehler. Für ihn heißt das: Zunehmen. Rund 127 Kilogramm bei zwei Metern Körpergröß­e reichen nicht ganz, um in den USA als „Offensive Tackle“mithalten zu können.

Staehlers Aufgabe auf dem Football-Feld ist es in erster Linie, den eigenen Quarterbac­k zu beschützen oder dem jeweiligen Ballträger den Weg freizuräum­en. Dafür braucht er Masse und Kraft. Beides wird er sich neben der passenden Technik in seinem ersten Jahr antrainier­en, denn spielen wird er noch nicht sehr oft, wenn überhaupt. Sportler an US-amerikanis­chen Universitä­ten dürfen vier Jahre lang an den Wettbewerb­en teilnehmen. Die reichen aber nicht, um den Master zu machen. Also wird Staehler in seinem ersten Jahr in Towson vor allem trainieren und darf in den Spielen im Herbst nur sehr sporadisch eingesetzt werden. Für dieses so genannte „Redshirt“-Jahr wird ihm keine Saison angerechne­t und seine vier Sportler-Jahre beginnen erst 2022. Staehler hat so genügend Zeit, um seinen Master zu machen, was für ihn oberste Priorität hat. Denn obwohl Towson durchaus schon Profi-Spieler hervorgebr­acht hat, ist Staehlers Ziel nicht in erster Linie die Profiliga NFL. „Ich kann noch gar nicht einschätze­n, ob ich das Talent dazu habe“, sagt er ganz bescheiden: „Ich will auf jeden Fall nicht, dass mein akademisch­es darunter leidet. Aber wenn sich nebenbei etwas entwickelt… keiner, der Football spielt, würde da nein sagen.“

 ?? FOTO: STAEHLER ?? Der Langenfeld­er Florian Staehler studiert mit einem Sport-Stipendium in den USA. An der Uni in Towson kann er in den nächsten Jahren nicht nur den Master machen, sondern auch Football spielen.
FOTO: STAEHLER Der Langenfeld­er Florian Staehler studiert mit einem Sport-Stipendium in den USA. An der Uni in Towson kann er in den nächsten Jahren nicht nur den Master machen, sondern auch Football spielen.

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