Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
„Viele Unternehmen leiden unter der Krise“
Dr. Klaus-Peter Starke, Geschäftsführer des Arbeitgeberverbandes Solingen, geht in Ruhestand.
Herr Dr. Starke, Ende März gehen sie als Geschäftsführer des Arbeitgeberverbandes Solingen in Ruhestand. Dafür hätten Sie sich sicherlich andere Umstände gewünscht als eine weltweite Pandemie.
STARKE So ist es. Die Corona-Krise betrifft uns aber alle. Insoweit findet man sich damit ab.
Wie meistern die Solinger Unternehmen die Krise Ihrer Einschätzung nach bisher?
STARKE Wir haben dazu keine Zahlen erhoben. Mein Gefühl ist, dass es durchaus Betriebe gibt, die gut durch die Krise kommen. Andere haben schwer zu kämpfen, viele fahren Kurzarbeit.
Welche Auswirkungen hat die Pandemie darüber hinaus auf die Arbeit des Verbandes?
STARKE Verändert hat sich zum einen der Inhalt unserer Beratungen. Neben gewohnten Fragen zu Kündigungen oder Betriebsvereinbarungen geht es nun häufig um die aktuellen Corona-Regeln. Enorm ist die Schlagzahl, mit der wir neue Informationen an unsere 60 Mitgliedsunternehmen weitergeben. Alle paar Tage kommen neue Vorgaben. Wir mussten zudem unsere Angebote umstellen. Normalerweise veranstalten wir viele Seminare. Die haben wir auf schriftliche Angebote und Online-Veranstaltungen umgestellt.
Wie ist die Resonanz?
STARKE Das funktioniert sehr gut.
Wir stellen sogar fest, dass die Beteiligung noch größer ist als bei den Präsenzseminaren. Man kann sich ohne Anreise kurzfristig einklinken.
Was waren in Ihrer Zeit als Geschäftsführer des Arbeitgeberverbandes die größten Herausforderungen?
STARKE Mir wird besonders in Erinnerung bleiben, dass sich rund um das Industriehaus an der Neuenhofer Straße einiges getan hat. Wir haben unter anderem das Dach erneuert und eine neue Heizung eingebaut. Zugleich haben sich die Rechtsverhältnisse verändert.
Inwiefern?
STARKE Das Industriehaus wurde 1966 vom Industrieverband Schneid- und Haushaltswaren und dem Arbeitgeberverband gemeinsam erbaut. Bis Mitte 2018 gehörte die Immobilie dem Verein Industriehaus. Nach 50 Jahren ist das Erbbaurecht allerdings erloschen und der sogenannte Heimfall ist eingetreten. Seitdem ist der Arbeitgeberverband, dem auch das Grundstück gehört, Eigentümer.
Aktuell laufen Tarifverhandlungen für die Metall- und Elektroindustrie. In der vergangenen Woche gab es einen Warnstreik bei Zwilling in Solingen. Weitere Aktionen sind angekündigt.
STARKE Davon sind wir überhaupt nicht begeistert. Dass die IG Metall in der aktuellen Situation, in der viele Unternehmen erheblich unter der
Krise leiden, zu diesem Mittel greift, halten wir für unverständlich – gelinde gesagt.
Zwilling hat jüngst verkündet, das Jahr 2020 mit einem Rekordergebnis abgeschlossen zu haben.
STARKE: Deswegen greift sich die Gewerkschaft auch dieses Unternehmen für einen Warnstreik heraus. Sie möchte die Tarifrunde insgesamt unter Druck setzen. Aber der Abschluss gilt am Ende auch für Unternehmen, die mit erheblichen Schwierigkeiten zu kämpfen haben.
Die IG Metall schlägt vor, die Arbeitszeit abzusenken, um Beschäftigung zu sichern.
STARKE: Dafür brauchen wir keinen neuen Tarifvertrag. Aber die Gewerkschaft fordert einen Teilentgeltausgleich. Damit verteuert man die Arbeit wieder. Und das können die Unternehmen aktuell nicht gebrauchen.
Man bekommt den Eindruck, nicht-monetäre Aspekte spielen bei Tarifverhandlungen auf Arbeitnehmerseite eine immer größere Rolle.
STARKE Das kann ich bestätigen. Die Einstellungen der Mitarbeiter haben sich tatsächlich verändert. Daran kann man ablesen, dass die finanziellen Grundbedürfnisse offensichtlich ausreichend abgedeckt sind. Eine ausgeglichene Work-Life-Balance wird für viele immer wichtiger. Diesem Wunsch kommen die Arbeitgeber mit verschiedenen Möglichkeiten der Arbeitszeitgestaltung nach.
Da ist man schnell beim Thema Fachkräftemangel und bei der Frage, wie man Jobs attraktiv macht.
STARKE Da ist die Arbeitszeit sicher ein Thema. Auch darüber hinaus unternehmen die Betriebe viel, um neue Mitarbeiter zu finden. Bis vor kurzem gab es in Solingen einen Nachholbedarf in Sachen Ausbildung.
Abgesehen davon: Was ist die größte Herausforderung für die Solinger Wirtschaft?
STARKE Die ist im Grunde schon da. Die Prozesse in den Unternehmen werden immer weiter digitalisiert. Diese Entwicklung müssen wir als Arbeitgeberverband begleiten. Eine Herausforderung wird sein, die Tarifverträge an diese Veränderungen anzupassen.