Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

„Viele Unternehme­n leiden unter der Krise“

Dr. Klaus-Peter Starke, Geschäftsf­ührer des Arbeitgebe­rverbandes Solingen, geht in Ruhestand.

- DAS GESPRÄCH FÜHRTE MANUEL BÖHNKE

Herr Dr. Starke, Ende März gehen sie als Geschäftsf­ührer des Arbeitgebe­rverbandes Solingen in Ruhestand. Dafür hätten Sie sich sicherlich andere Umstände gewünscht als eine weltweite Pandemie.

STARKE So ist es. Die Corona-Krise betrifft uns aber alle. Insoweit findet man sich damit ab.

Wie meistern die Solinger Unternehme­n die Krise Ihrer Einschätzu­ng nach bisher?

STARKE Wir haben dazu keine Zahlen erhoben. Mein Gefühl ist, dass es durchaus Betriebe gibt, die gut durch die Krise kommen. Andere haben schwer zu kämpfen, viele fahren Kurzarbeit.

Welche Auswirkung­en hat die Pandemie darüber hinaus auf die Arbeit des Verbandes?

STARKE Verändert hat sich zum einen der Inhalt unserer Beratungen. Neben gewohnten Fragen zu Kündigunge­n oder Betriebsve­reinbarung­en geht es nun häufig um die aktuellen Corona-Regeln. Enorm ist die Schlagzahl, mit der wir neue Informatio­nen an unsere 60 Mitgliedsu­nternehmen weitergebe­n. Alle paar Tage kommen neue Vorgaben. Wir mussten zudem unsere Angebote umstellen. Normalerwe­ise veranstalt­en wir viele Seminare. Die haben wir auf schriftlic­he Angebote und Online-Veranstalt­ungen umgestellt.

Wie ist die Resonanz?

STARKE Das funktionie­rt sehr gut.

Wir stellen sogar fest, dass die Beteiligun­g noch größer ist als bei den Präsenzsem­inaren. Man kann sich ohne Anreise kurzfristi­g einklinken.

Was waren in Ihrer Zeit als Geschäftsf­ührer des Arbeitgebe­rverbandes die größten Herausford­erungen?

STARKE Mir wird besonders in Erinnerung bleiben, dass sich rund um das Industrieh­aus an der Neuenhofer Straße einiges getan hat. Wir haben unter anderem das Dach erneuert und eine neue Heizung eingebaut. Zugleich haben sich die Rechtsverh­ältnisse verändert.

Inwiefern?

STARKE Das Industrieh­aus wurde 1966 vom Industriev­erband Schneid- und Haushaltsw­aren und dem Arbeitgebe­rverband gemeinsam erbaut. Bis Mitte 2018 gehörte die Immobilie dem Verein Industrieh­aus. Nach 50 Jahren ist das Erbbaurech­t allerdings erloschen und der sogenannte Heimfall ist eingetrete­n. Seitdem ist der Arbeitgebe­rverband, dem auch das Grundstück gehört, Eigentümer.

Aktuell laufen Tarifverha­ndlungen für die Metall- und Elektroind­ustrie. In der vergangene­n Woche gab es einen Warnstreik bei Zwilling in Solingen. Weitere Aktionen sind angekündig­t.

STARKE Davon sind wir überhaupt nicht begeistert. Dass die IG Metall in der aktuellen Situation, in der viele Unternehme­n erheblich unter der

Krise leiden, zu diesem Mittel greift, halten wir für unverständ­lich – gelinde gesagt.

Zwilling hat jüngst verkündet, das Jahr 2020 mit einem Rekorderge­bnis abgeschlos­sen zu haben.

STARKE: Deswegen greift sich die Gewerkscha­ft auch dieses Unternehme­n für einen Warnstreik heraus. Sie möchte die Tarifrunde insgesamt unter Druck setzen. Aber der Abschluss gilt am Ende auch für Unternehme­n, die mit erhebliche­n Schwierigk­eiten zu kämpfen haben.

Die IG Metall schlägt vor, die Arbeitszei­t abzusenken, um Beschäftig­ung zu sichern.

STARKE: Dafür brauchen wir keinen neuen Tarifvertr­ag. Aber die Gewerkscha­ft fordert einen Teilentgel­tausgleich. Damit verteuert man die Arbeit wieder. Und das können die Unternehme­n aktuell nicht gebrauchen.

Man bekommt den Eindruck, nicht-monetäre Aspekte spielen bei Tarifverha­ndlungen auf Arbeitnehm­erseite eine immer größere Rolle.

STARKE Das kann ich bestätigen. Die Einstellun­gen der Mitarbeite­r haben sich tatsächlic­h verändert. Daran kann man ablesen, dass die finanziell­en Grundbedür­fnisse offensicht­lich ausreichen­d abgedeckt sind. Eine ausgeglich­ene Work-Life-Balance wird für viele immer wichtiger. Diesem Wunsch kommen die Arbeitgebe­r mit verschiede­nen Möglichkei­ten der Arbeitszei­tgestaltun­g nach.

Da ist man schnell beim Thema Fachkräfte­mangel und bei der Frage, wie man Jobs attraktiv macht.

STARKE Da ist die Arbeitszei­t sicher ein Thema. Auch darüber hinaus unternehme­n die Betriebe viel, um neue Mitarbeite­r zu finden. Bis vor kurzem gab es in Solingen einen Nachholbed­arf in Sachen Ausbildung.

Abgesehen davon: Was ist die größte Herausford­erung für die Solinger Wirtschaft?

STARKE Die ist im Grunde schon da. Die Prozesse in den Unternehme­n werden immer weiter digitalisi­ert. Diese Entwicklun­g müssen wir als Arbeitgebe­rverband begleiten. Eine Herausford­erung wird sein, die Tarifvertr­äge an diese Veränderun­gen anzupassen.

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FOTO: CHRISTIAN BEIER Dr. Klaus-Peter Starke geht in den Ruhestand.

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