Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Foodsharer machen den nächsten Schritt
Am Mehrgenerationenhaus Lindenhof am Honsberg können ab sofort jeden Dienstagmittag gerettete Lebensmittel abgeholt werden.
In der Geschichte der Remscheider Lebensmittelretter ist ein neues Kapitel aufgeschlagen worden. „Bislang haben wir die geretteten Lebensmittel nur in privaten Verteilstellen an die Menschen abgegeben“, sagt Foodsharing-Botschafterin Mirjam Starke. Ab sofort gibt es nun die erste öffentliche Verteilstelle: Jeden Dienstag in der Zeit von 12 bis 13.30 Uhr findet eine solche öffentliche Verteilung am Mehrgenerationenhaus Lindenhof im Ortsteil Honsberg statt.
„Wir hatten das schon länger im Blick, wollten einen Ort finden, zu dem alle Menschen kommen können“, sagt Mirjam Starke. Über gemeinsame Bekannte sei der Kontakt zum Lindenhof zustande gekommen. „Wir freuen uns sehr über diese Kooperation“, sagt dessen Geschäftsführer Ralf Noll.
Die Umsetzung der Idee, die bereits seit der jüngsten Nacht der Kultur in den Köpfen der Beteiligten wächst, habe sich durch Corona ein wenig verzögert. „Damals saßen wir zusammen und haben überlegt, wie Nachhaltigkeit und Kultur zusammenpassen könnten“, sagt Noll. Ausschlaggebend für die Idee der öffentlichen Verteilstelle sei dann die Foodsharing-Aktion im Rahmen der Nacht der Kultur gewesen. „Da gab es ein Buffet, von dem aber letztlich keiner wusste, was es beinhalten würde“, sagt Noll. „Es hing davon ab, was wir an jenem Tag gerettet haben würden“, ergänzt Mirjam Starke. Das Ergebnis sei indes so gut angekommen, dass der nächste Schritt gewesen sei, über weitere Kooperationen nachzudenken.
Die Verteilstelle im Lindenhof richte sich in erster Linie an die Menschen, die am Honsberg wohnten, sagt Kirsten Pump-Hein vom Mehrgenerationenhaus. „Unsere
Ehrenamtlichen verteilen die Lebensmittel“, sagt sie. Mirjam Starke und ihre Lebensmittelretter würden sich hingegen nur um die Anlieferung der Lebensmittel kümmern. „Von den ehrenamtlichen Helfern haben auch direkt viele gesagt, dass sie mithelfen würden“, sagt Noll. Ihn freue die neue Kooperation auch aus dem Grund, dass der Lindenhof ein Fair-Trade-Standort sei. „Das bedeutet, dass bei uns etwa nur fair gehandelter Kaffee ausgeschenkt wird oder die Snacks in den Automaten faire Produkte sind. Die Lebensmittelrettung passt hier natürlich perfekt ins Konzept der Nachhaltigkeit“, sagt Noll.
Die Lebensmittelrettung ist seit einem Jahr auch ein städtisches Thema. Denn Remscheid trägt offiziell den Titel „Foodsharing-Stadt“. Oberbürgermeister Burkhard Mast-Weisz kann die Arbeit der Foodsharer nicht hoch genug loben. „Ihre Arbeit ist die praktische Übersetzung des politischen Begriffs der Nachhaltigkeit. Der ehrenamtliche Ansatz von über 130 aktiven Helfern ist großartig und ein tolles Signal“, sagt Mast-Weisz.
Ordnungsdezernentin Barbara Reul-Nocke ergänzt: „Es ist eigentlich im Grunde unfassbar, wie viele Tonnen guter Lebensmittel im Müll gelandet wären, wenn es die Foodsharer nicht gäbe.“Auch die Arbeit der Remscheider Tafel hätte ohne die Foodsharer im vergangenen Corona-Jahr nicht aufrechterhalten werden können. „In anderen Städten mussten die Tafeln schließen“, sagt die Ordnungsdezernentin.
Hans-Günther Korb ist Vorsitzender des Honsberger Stadtteil-Vereins. Er sucht sich gerade etwas aus den zahlreichen Kisten mit geretteten Lebensmitteln aus. Ihn freut die Kooperation auch. „Es ist skandalös, wie unsere Gesellschaft vielfach mit Lebensmitteln umgeht.
Da sind die Lebensmittelretter ein wirklicher Hoffnungsschimmer für mich“, sagt er. Der Verein beteilige sich sehr gerne an der Kooperation. „Es passt auch sehr gut zu unserer Vereins-Agenda. Wir agieren nicht gerne allein im Stadtteil. Diese Zusammenarbeit ist ein wichtiger und guter Schritt für alle Beteiligten – und zudem in eine nachhaltige und richtige Richtung“, sagt Korb.
Für Foodsharing-Botschafterin Mirjam Starke ist die öffentliche Verteilstelle am Honsberg indes erst der Anfang dieses neuen Kapitels. „Wir überlegen schon, noch weitere öffentliche Stellen einzurichten“, sagt sie. Derzeit arbeite man bereits daran, eine zweite Verteilstelle im Kremenholl aufzubauen. „Dort gibt es durchaus Interessenten, die das machen wollen. Wir brauchen jetzt aber noch entsprechende Räumlichkeiten. Hierzu sprechen wir gerade mit Verantwortlichen bei der Stadt“, sagt Mirjam Starke. Klar ist indes: Der Honsberg wird nicht die einzige öffentliche Verteilstelle bleiben.