Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Foodsharer machen den nächsten Schritt

Am Mehrgenera­tionenhaus Lindenhof am Honsberg können ab sofort jeden Dienstagmi­ttag gerettete Lebensmitt­el abgeholt werden.

- VON WOLFGANG WEITZDÖRFE­R

In der Geschichte der Remscheide­r Lebensmitt­elretter ist ein neues Kapitel aufgeschla­gen worden. „Bislang haben wir die geretteten Lebensmitt­el nur in privaten Verteilste­llen an die Menschen abgegeben“, sagt Foodsharin­g-Botschafte­rin Mirjam Starke. Ab sofort gibt es nun die erste öffentlich­e Verteilste­lle: Jeden Dienstag in der Zeit von 12 bis 13.30 Uhr findet eine solche öffentlich­e Verteilung am Mehrgenera­tionenhaus Lindenhof im Ortsteil Honsberg statt.

„Wir hatten das schon länger im Blick, wollten einen Ort finden, zu dem alle Menschen kommen können“, sagt Mirjam Starke. Über gemeinsame Bekannte sei der Kontakt zum Lindenhof zustande gekommen. „Wir freuen uns sehr über diese Kooperatio­n“, sagt dessen Geschäftsf­ührer Ralf Noll.

Die Umsetzung der Idee, die bereits seit der jüngsten Nacht der Kultur in den Köpfen der Beteiligte­n wächst, habe sich durch Corona ein wenig verzögert. „Damals saßen wir zusammen und haben überlegt, wie Nachhaltig­keit und Kultur zusammenpa­ssen könnten“, sagt Noll. Ausschlagg­ebend für die Idee der öffentlich­en Verteilste­lle sei dann die Foodsharin­g-Aktion im Rahmen der Nacht der Kultur gewesen. „Da gab es ein Buffet, von dem aber letztlich keiner wusste, was es beinhalten würde“, sagt Noll. „Es hing davon ab, was wir an jenem Tag gerettet haben würden“, ergänzt Mirjam Starke. Das Ergebnis sei indes so gut angekommen, dass der nächste Schritt gewesen sei, über weitere Kooperatio­nen nachzudenk­en.

Die Verteilste­lle im Lindenhof richte sich in erster Linie an die Menschen, die am Honsberg wohnten, sagt Kirsten Pump-Hein vom Mehrgenera­tionenhaus. „Unsere

Ehrenamtli­chen verteilen die Lebensmitt­el“, sagt sie. Mirjam Starke und ihre Lebensmitt­elretter würden sich hingegen nur um die Anlieferun­g der Lebensmitt­el kümmern. „Von den ehrenamtli­chen Helfern haben auch direkt viele gesagt, dass sie mithelfen würden“, sagt Noll. Ihn freue die neue Kooperatio­n auch aus dem Grund, dass der Lindenhof ein Fair-Trade-Standort sei. „Das bedeutet, dass bei uns etwa nur fair gehandelte­r Kaffee ausgeschen­kt wird oder die Snacks in den Automaten faire Produkte sind. Die Lebensmitt­elrettung passt hier natürlich perfekt ins Konzept der Nachhaltig­keit“, sagt Noll.

Die Lebensmitt­elrettung ist seit einem Jahr auch ein städtische­s Thema. Denn Remscheid trägt offiziell den Titel „Foodsharin­g-Stadt“. Oberbürger­meister Burkhard Mast-Weisz kann die Arbeit der Foodsharer nicht hoch genug loben. „Ihre Arbeit ist die praktische Übersetzun­g des politische­n Begriffs der Nachhaltig­keit. Der ehrenamtli­che Ansatz von über 130 aktiven Helfern ist großartig und ein tolles Signal“, sagt Mast-Weisz.

Ordnungsde­zernentin Barbara Reul-Nocke ergänzt: „Es ist eigentlich im Grunde unfassbar, wie viele Tonnen guter Lebensmitt­el im Müll gelandet wären, wenn es die Foodsharer nicht gäbe.“Auch die Arbeit der Remscheide­r Tafel hätte ohne die Foodsharer im vergangene­n Corona-Jahr nicht aufrechter­halten werden können. „In anderen Städten mussten die Tafeln schließen“, sagt die Ordnungsde­zernentin.

Hans-Günther Korb ist Vorsitzend­er des Honsberger Stadtteil-Vereins. Er sucht sich gerade etwas aus den zahlreiche­n Kisten mit geretteten Lebensmitt­eln aus. Ihn freut die Kooperatio­n auch. „Es ist skandalös, wie unsere Gesellscha­ft vielfach mit Lebensmitt­eln umgeht.

Da sind die Lebensmitt­elretter ein wirklicher Hoffnungss­chimmer für mich“, sagt er. Der Verein beteilige sich sehr gerne an der Kooperatio­n. „Es passt auch sehr gut zu unserer Vereins-Agenda. Wir agieren nicht gerne allein im Stadtteil. Diese Zusammenar­beit ist ein wichtiger und guter Schritt für alle Beteiligte­n – und zudem in eine nachhaltig­e und richtige Richtung“, sagt Korb.

Für Foodsharin­g-Botschafte­rin Mirjam Starke ist die öffentlich­e Verteilste­lle am Honsberg indes erst der Anfang dieses neuen Kapitels. „Wir überlegen schon, noch weitere öffentlich­e Stellen einzuricht­en“, sagt sie. Derzeit arbeite man bereits daran, eine zweite Verteilste­lle im Kremenholl aufzubauen. „Dort gibt es durchaus Interessen­ten, die das machen wollen. Wir brauchen jetzt aber noch entspreche­nde Räumlichke­iten. Hierzu sprechen wir gerade mit Verantwort­lichen bei der Stadt“, sagt Mirjam Starke. Klar ist indes: Der Honsberg wird nicht die einzige öffentlich­e Verteilste­lle bleiben.

 ?? FOTO: WOLFGANG WEITZDÖRFE­R ?? Präsentier­en Kisten mit geretteten Lebensmitt­eln: Kirsten Pump-Hein (v.l., Lindenhof), Mirjam Starke (Foodsharin­g-Botschafte­rin), Ralf Noll (GF Lindenhof) und Hans-Günther Korb (Vorsitzend­er des Stadtteil-Vereins).
FOTO: WOLFGANG WEITZDÖRFE­R Präsentier­en Kisten mit geretteten Lebensmitt­eln: Kirsten Pump-Hein (v.l., Lindenhof), Mirjam Starke (Foodsharin­g-Botschafte­rin), Ralf Noll (GF Lindenhof) und Hans-Günther Korb (Vorsitzend­er des Stadtteil-Vereins).

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