Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Als „Bufdi“in der Kindertagesstätte.
Der Lenneper Marc Sladojevic macht nach dem Abitur ein Freiwilliges Soziales Jahr in der Wermelskirchener Kita Wirtsmühle.
Eigentlich hatte Marc Sladojevic schon Bewerbungen für die Ausbildung als Optiker geschrieben. Nach dem Abitur 2020 hatte seine Mama darauf bestanden, „dass ich mich trotz Corona für eine Ausbildung entscheide und nicht nur zu Hause rumsitze“, erinnert sich der 20-Jährige lächelnd.
Die Bewerbungen hat er aber schnell zurückgezogen, weil sein Traum ein anderer war: „Ich wollte immer schon mit Kindern arbeiten“, verrät er. „Es macht mir Spaß, die Welt aus Kinderaugen zu sehen, weil die Kleinen viel unkomplizierter denken.“Über den Bundesfreiwilligendienst bewarb er sich um eine „Bufdi“-Stelle in der Städtischen Kindertagesstätte Wirtsmühle in Wermelskirchen. Anfang März hat er seinen Job angetreten, „und wir sind total begeistert, dass er hier ist“, sagt Leiterin Britta Bäumer.
„Es ist toll, wenn sich auch Männer für den Erzieher-Beruf entscheiden, weil es für die Kinder auch schön und wichtig ist, eine männliche Bezugsperson zu haben“, so Bäumer. Noch lernen einige der 68 Kinder der drei Gruppen in der Kita seinen Namen. Denn in erster Linie ist „der Mann da“, wie einige Steppkes noch mit großen Augen sagen, für die „Bärengruppe“, eine Ü 3-Gruppe mit Kindern ab zwei Jahren, da. Mit ihnen tobt er im Garten, oder spielt mit ihnen im Gruppenraum, der wegen der Corona-Schutzmaßnahmen streng von den anderen beiden Gruppen getrennt ist. Mit Erfolg: Quarantäne gab’s hier bisher noch nicht.
„Es ist so leicht, Kinderaugen zum Leuchten zu bringen“, erzählt Marc Sladojevic. „Die Kleinen freuen sich einfach, wenn man sich mit ihnen beschäftigt, mit ihnen schaukeln geht oder Lego spielt.“Dass Dreijährige aber auch schon sehr schlau sein können, hat der „Bufdi“auch schon feststellen müssen, wie er lachend verrät: „Sie haben tatsächlich versucht, mich auszutricksen“, sagt er. „Wir haben in der Kita eine Treppe
zum Zimmer, wo Lego ist, und eigentlich müssen die Kinder fragen, wenn sie hoch gehen wollen. Und natürlich haben sie mir einfach eröffnet, dass sie jetzt in das Zimmer gehen. So nach dem Motto: Der ist neu, der wird schon nichts sagen.“
Jeden Morgen nimmt Marc Sladojevic um 7 Uhr den Bus aus Lennep nach Wermelskirchen, um die Kinder seiner „Bärengruppe“pünktlich um 8 Uhr in Empfang zu nehmen: „Wir starten dann mit dem Morgenkreis, wo wir alle auf dem Teppich sitzen und die Kinder einzeln begrüßen“, erzählt er. Viele Kinderlieder könne er zwar noch nicht, aber die will der musikalische „Bufdi“, der in seiner Abi-Band gesungen hat und selbst Saxophon spielt, noch lernen. Etwas Zeit hat er noch: Die gemeinsame Liedergruppe im Kindergarten, bei der sonst immer mittwochs im Turnraum gesungen wird, darf wegen der Corona-Pandemie aktuell nicht stattfinden. „Aber dafür darf die Musikschule ab dieser Woche wieder mit dem Instrumentenkarussell für die musikalische Früherziehung zu uns kommen“, verrät Britta Bäumer über ihre Kita, in der
13 Erzieherinnen, eine Alltagshilfe, eine Praktikantin und „Bufdi“Marc arbeiten.
Wenn alles gut läuft, verkürzt dieser sein freiwilliges Jahr sogar, weil er sich bereits für die praxisorientierte Ausbildung zum Erzieher beworben hat. Bis dahin bekommt er
300 Euro Taschengeld monatlich für sein freiwilliges Engagement. In der Kita Wirtsmühle ist er der dritte junge Mann, der dort sein freiwilliges Jahr, das zwischen sechs und
18 Monate lang sein kann, absolviert. „Einer hat abgebrochen, weil es doch nicht sein Ding war“, sagt Britta Bäumer. Marc Sladojevic fügt hinzu: „Deshalb ist es ja klasse, dass man als Bufdi praktische Erfahrungen sammeln kann“, sagt er. Für ihn steht bereits fest, dass er die richtige Entscheidung getroffen hat. „Freunde von mir haben nach dem Abi gleich mit einem Studium angefangen – und wieder aufgehört, weil sie erkannt haben, dass es nicht das Richtige für sie ist“, erzählt er. Der
Bundesfreiwilligendienst sei deshalb ideal, weil es Angebote in sozialen, ökologischen und kulturellen Bereichen und auch im Sport, der Integration sowie im Zivil- und Katastrophenschutz gibt. „Da findet jeder einen Bereich, in dem man stark ist“, sagt der 20-Jährige. Nicht nur in der Corona-Zeit könne das freiwillige Jahr für viele eine gute Übergangslösung nach der Schule sein, „um sich erstmal selbst zu orientieren und zu finden.“
Das kann auch Wermelskirchens Bürgermeisterin Marion Lück nur bestätigen: „Ich selber habe ein Freiwilliges Soziales Jahr absolviert. Das war eine einmalige, tolle und prägende Erfahrung.“Nicht umsonst habe sie sich deshalb dafür starkgemacht, dass in der Stadt die Anzahl der Bufdi-Stellen deutlich erhöht und in alle Bereiche erweitert wird, in denen ein Freiwilligendienst geleistet werden kann. „In diesem Jahr werden wir in allen städtischen Kitas Bufdi-Stellen anbieten.
Außerdem kommen eine Stelle in der Bücherei neu dazu und zwei im IT-Bereich der Verwaltung. Über die beiden Stellen freue ich mich besonders, weil wir damit die Schulen unterstützen werden. Ich kenne solche Stellen aus Niedersachsen, in NRW sind sie nach meinem Kenntnisstand bisher einmalig.“
„Es ist toll, wenn sich auch Männer für den Erzieher-Beruf entscheiden“
Britta Bäumer
Kita-Leiterin