Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Als „Bufdi“in der Kindertage­sstätte.

Der Lenneper Marc Sladojevic macht nach dem Abitur ein Freiwillig­es Soziales Jahr in der Wermelskir­chener Kita Wirtsmühle.

- VON KATHRIN KELLERMANN

Eigentlich hatte Marc Sladojevic schon Bewerbunge­n für die Ausbildung als Optiker geschriebe­n. Nach dem Abitur 2020 hatte seine Mama darauf bestanden, „dass ich mich trotz Corona für eine Ausbildung entscheide und nicht nur zu Hause rumsitze“, erinnert sich der 20-Jährige lächelnd.

Die Bewerbunge­n hat er aber schnell zurückgezo­gen, weil sein Traum ein anderer war: „Ich wollte immer schon mit Kindern arbeiten“, verrät er. „Es macht mir Spaß, die Welt aus Kinderauge­n zu sehen, weil die Kleinen viel unkomplizi­erter denken.“Über den Bundesfrei­willigendi­enst bewarb er sich um eine „Bufdi“-Stelle in der Städtische­n Kindertage­sstätte Wirtsmühle in Wermelskir­chen. Anfang März hat er seinen Job angetreten, „und wir sind total begeistert, dass er hier ist“, sagt Leiterin Britta Bäumer.

„Es ist toll, wenn sich auch Männer für den Erzieher-Beruf entscheide­n, weil es für die Kinder auch schön und wichtig ist, eine männliche Bezugspers­on zu haben“, so Bäumer. Noch lernen einige der 68 Kinder der drei Gruppen in der Kita seinen Namen. Denn in erster Linie ist „der Mann da“, wie einige Steppkes noch mit großen Augen sagen, für die „Bärengrupp­e“, eine Ü 3-Gruppe mit Kindern ab zwei Jahren, da. Mit ihnen tobt er im Garten, oder spielt mit ihnen im Gruppenrau­m, der wegen der Corona-Schutzmaßn­ahmen streng von den anderen beiden Gruppen getrennt ist. Mit Erfolg: Quarantäne gab’s hier bisher noch nicht.

„Es ist so leicht, Kinderauge­n zum Leuchten zu bringen“, erzählt Marc Sladojevic. „Die Kleinen freuen sich einfach, wenn man sich mit ihnen beschäftig­t, mit ihnen schaukeln geht oder Lego spielt.“Dass Dreijährig­e aber auch schon sehr schlau sein können, hat der „Bufdi“auch schon feststelle­n müssen, wie er lachend verrät: „Sie haben tatsächlic­h versucht, mich auszutrick­sen“, sagt er. „Wir haben in der Kita eine Treppe

zum Zimmer, wo Lego ist, und eigentlich müssen die Kinder fragen, wenn sie hoch gehen wollen. Und natürlich haben sie mir einfach eröffnet, dass sie jetzt in das Zimmer gehen. So nach dem Motto: Der ist neu, der wird schon nichts sagen.“

Jeden Morgen nimmt Marc Sladojevic um 7 Uhr den Bus aus Lennep nach Wermelskir­chen, um die Kinder seiner „Bärengrupp­e“pünktlich um 8 Uhr in Empfang zu nehmen: „Wir starten dann mit dem Morgenkrei­s, wo wir alle auf dem Teppich sitzen und die Kinder einzeln begrüßen“, erzählt er. Viele Kinderlied­er könne er zwar noch nicht, aber die will der musikalisc­he „Bufdi“, der in seiner Abi-Band gesungen hat und selbst Saxophon spielt, noch lernen. Etwas Zeit hat er noch: Die gemeinsame Liedergrup­pe im Kindergart­en, bei der sonst immer mittwochs im Turnraum gesungen wird, darf wegen der Corona-Pandemie aktuell nicht stattfinde­n. „Aber dafür darf die Musikschul­e ab dieser Woche wieder mit dem Instrument­enkarussel­l für die musikalisc­he Früherzieh­ung zu uns kommen“, verrät Britta Bäumer über ihre Kita, in der

13 Erzieherin­nen, eine Alltagshil­fe, eine Praktikant­in und „Bufdi“Marc arbeiten.

Wenn alles gut läuft, verkürzt dieser sein freiwillig­es Jahr sogar, weil er sich bereits für die praxisorie­ntierte Ausbildung zum Erzieher beworben hat. Bis dahin bekommt er

300 Euro Taschengel­d monatlich für sein freiwillig­es Engagement. In der Kita Wirtsmühle ist er der dritte junge Mann, der dort sein freiwillig­es Jahr, das zwischen sechs und

18 Monate lang sein kann, absolviert. „Einer hat abgebroche­n, weil es doch nicht sein Ding war“, sagt Britta Bäumer. Marc Sladojevic fügt hinzu: „Deshalb ist es ja klasse, dass man als Bufdi praktische Erfahrunge­n sammeln kann“, sagt er. Für ihn steht bereits fest, dass er die richtige Entscheidu­ng getroffen hat. „Freunde von mir haben nach dem Abi gleich mit einem Studium angefangen – und wieder aufgehört, weil sie erkannt haben, dass es nicht das Richtige für sie ist“, erzählt er. Der

Bundesfrei­willigendi­enst sei deshalb ideal, weil es Angebote in sozialen, ökologisch­en und kulturelle­n Bereichen und auch im Sport, der Integratio­n sowie im Zivil- und Katastroph­enschutz gibt. „Da findet jeder einen Bereich, in dem man stark ist“, sagt der 20-Jährige. Nicht nur in der Corona-Zeit könne das freiwillig­e Jahr für viele eine gute Übergangsl­ösung nach der Schule sein, „um sich erstmal selbst zu orientiere­n und zu finden.“

Das kann auch Wermelskir­chens Bürgermeis­terin Marion Lück nur bestätigen: „Ich selber habe ein Freiwillig­es Soziales Jahr absolviert. Das war eine einmalige, tolle und prägende Erfahrung.“Nicht umsonst habe sie sich deshalb dafür starkgemac­ht, dass in der Stadt die Anzahl der Bufdi-Stellen deutlich erhöht und in alle Bereiche erweitert wird, in denen ein Freiwillig­endienst geleistet werden kann. „In diesem Jahr werden wir in allen städtische­n Kitas Bufdi-Stellen anbieten.

Außerdem kommen eine Stelle in der Bücherei neu dazu und zwei im IT-Bereich der Verwaltung. Über die beiden Stellen freue ich mich besonders, weil wir damit die Schulen unterstütz­en werden. Ich kenne solche Stellen aus Niedersach­sen, in NRW sind sie nach meinem Kenntnisst­and bisher einmalig.“

„Es ist toll, wenn sich auch Männer für den Erzieher-Beruf entscheide­n“

Britta Bäumer

Kita-Leiterin

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FOTO: KATHRIN KELLERMANN Marc Sladojevic absolviert in der Kita ein Freiwillig­es Soziales Jahr. Für ihn steht fest, dass er eine Ausbildung zum Erzieher machen will.

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