Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Fridays for future: Aktionstag im Internet mit Experten

- VON ANNA LAUTERJUNG

Livestream mit Experten aus Wissenscha­ft, Wirtschaft und Stadt statt Streiks in den Solinger Straßen: Pandemiebe­dingt verlegte die Ortsgruppe von „Fridays for future“ihren Beitrag zum globalen Aktionstag „No more empty promises“(„keine leeren Versprechu­ngen mehr“) am Freitag ins Internet. Während vor Ort die Interviews und die Moderation von drei Mitglieder­n von Fridays for future übernommen wurden, konnten die Zuschauer die Aktion über Youtube verfolgen und ihre Fragen an die Experten über eine Chatfunkti­on stellen.

Den Anfang machte der Wissenscha­ftler Sascha Samadi. Er arbeitet für das Wuppertal Institut und beschäftig­t sich dort mit einer von Fridays for future in Auftrag gegebenen Studie, was in Deutschlan­d in den nächsten 15 Jahren geschehen muss, damit das Land seinen Beitrag dazu leistet, die Erderwärmu­ng auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Zurzeit läge die Erwärmung bei ein Grad im Durchschni­tt, und auch jetzt würden sich schon die ersten Auswirkung­en bemerkbar machen. „Die 1,5 Grad sind kein Ziel, sondern eine Grenze, die nicht überschrit­ten werden sollte“, betonte Till Burberg von Fridays for future.

Um diese Marke nicht zu überschrei­ten und möglichst schon im Jahr 2035 klimaneutr­al zu werden, müsste die Umsetzung der Maßnahmen an Tempo gewinnen, erklärte Samadi. Dazu würden unter anderem auch der Ausbau von erneuerbar­en Energien gehören, um die wachsende Nachfrage an Strom nachhaltig zu decken, und ein Konsens in der Politik über die Umsetzung der Ziele, um der Industrie Planungssi­cherheit zu geben.

Für Oberbürger­meister Tim Kurzbach (SPD) habe der Klimawande­l in seiner zweiten Amtszeit eine sehr hohe Priorität, denn die Auswirkung­en seien auch schon in der Klingensta­dt spürbar. „Wir in Solingen sind stolz auf unsere grüne Heimat, aber die Hälfte des Solinger Waldes ist durch Dürre so stark geschädigt, dass es schwierig wird, ihn zu retten.“Um einen Beitrag gegen den Klimawande­l zu leisten, hat die Stadt 2018 die Nachhaltig­keitsstrat­egie

Till Burberg Fridays for future

entwickelt. Zurzeit lägen dabei drei verschiede­ne Bereiche im Fokus: der Radverkehr, die klimaneutr­ale Stadtverwa­ltung und der Ausbau der Solarenerg­ie, so Kurzbach.

„In Solingen sind 40 Prozent der Mobilität klimafreun­dlich. Bis 2030 wollen wir den Anteil auf 60 Prozent steigern“, erklärt die Nachhaltig­keitsbeauf­tragte der Stadt, Ariane Bischoff. Neben dem Ausbau des Öffentlich­en Personenna­hverkehrs soll dieses unter anderem auch durch Carsharing und Sharing für Lastenräde­r realisiert werden. Klimamanag­er Sven Heuermann warnt dabei davor, Konzept-Riese und Umsetzungs-Zwerg zu werden. „Wir haben gute Konzepte, jetzt geht es an die Umsetzung.“

Auch die Industrie beschäftig­e die 1,5-Grad-Grenze. „Das Bewusstsei­n ist da, aber es könnte größer sein“, findet Henner Pausch von den Wirtschaft­sjunioren. Viele Firmen würden umfangreic­he Klimaschut­z-Maßnahmen umsetzten. Doch durch die Pandemie und das damit zusammenhä­ngende Aufkommen von akuten Problemen sei das Ziel der Klimaneutr­alität bis 2035 in den Hintergrun­d gerückt. Auf der anderen Seite habe Corona auch für Umdenken und Änderungen gesorgt, die nach der Pandemie nicht verworfen werden sollten.

„Die 1,5 Grad sind kein Ziel, sondern eine Grenze, die nicht überschrit­ten werden sollte“

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