Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
WEISSER RING
Der Weisse Ring steht auch in Corona-Zeiten Kriminalitätsopfern zur Seite. Manfred Guth, der die Außenstelle der Initiative in Remscheid leitet, hat es mit dem gesamten Spektrum menschlicher Abgründe zu tun.
Im Kampf gegen Hass und Hetze.
In normalen Zeiten wäre Manfred Guth am 22. März zur Stelle, um an einem Stand in der Remscheider Innenstadt über seine ehrenamtliche Tätigkeit zu informieren: Er kümmert sich beim Weissen Ring um Opfer von Straftaten, die nach dem erlittenen Trauma Hilfe und Fürsorge benötigen. Am 22. März, dem Tag der Kriminalitätsopfer, muss die Kontaktsuche mit den Remscheidern entfallen. „Wegen der Corona-Pandemie verzichten wir derzeit auf Präsenz-Aktionen“, bedauert Guth, der hofft, dass diese in einigen Monaten wieder möglich sind.
Denn neben der Opferbetreuung steht beim Weissen Ring auch die Präventionsarbeit im Vordergrund – zum Beispiel bei Vorträgen oder Workshops. Wie ein roter Faden zieht sich 2021 das Schwerpunktthema Hass und Hetze durch die Info-Kampagne. „Es ist wirklich schlimm, was teilweise im Internet geschrieben wird“, erklärt Guth: „So etwas würde man sich Aug’ in Aug’ oftmals nicht sagen.“Off- wie online gelte es, bei Diffamierungen Zivilcourage zu zeigen, sich einzumischen, Gegenrede zu halten – und Beweise zu sammeln, zum Beispiel Screenshots der Hasstiraden im Internet. Diese und andere Hinweise stehen in der neuen Broschüre des Weissen Rings mit dem Titel „Zusammenstehen gegen Hass und Hetze“.
Manfred Guth, der die Außenstelle der Initiative in Remscheid leitet, hatte es auch 2020 mit dem gesamten Spektrum menschlicher Abgründe zu tun. 37 Kriminalitätsopfer konnte er auf unterschiedlichen Wegen weiterhelfen – unter anderem, indem er Anwälte oder die gezielte Hilfe von Beratungsstellen vermittelte. Zudem leistete die Organisation materielle Unterstützung in Höhe von rund 14.000 Euro.
Die Bandbreite der Verbrechen, denen seine Klienten zum Opfer fielen, reichte von Sexualdelikten bis zum Raub. Abgenommen hat derweil die Zahl der Körperverletzungen. Zudem musste sich Manfred Guth nicht mit den seelischen Folgen von Taschendiebstählen oder Einbrüchen beschäftigen. 2020 gab es weniger Fälle bzw. keinen einzigen Fall für ihn. Auch dies sei auf die Corona-Begleiterscheinungen zurückzuführen.
Konstant geblieben sind hingegen die Zahlen bei häuslicher Gewalt.
Sowohl 2019 als auch 2020 kümmerte sich Guth um elf Opfer in Remscheid. „Die Dunkelziffer dürfte aktuell aber viel höher liegen als in der Vergangenheit. Durch den Lockdown und die Kontaktbeschränkungen haben viele nicht den Mut oder die Gelegenheit, sich zur Wehr zu setzen“, vermutet Manfred Guth, der nach der Corona-Pandemie mit deutlich steigenden Fallzahlen rechnet.
Er führt beim Weissen Ring ein Team von Ehrenamtlern an, das zuletzt Zuwachs erhielt. „Es ist großartig, dass bei uns nun auch zwei Beraterinnen mitmachen“, betont er.
Manches lasse sich besser von Frau zu Frau besprechen, insbesondere intime Angelegenheiten. Der Weisse Ring betreute 2020 zwölf Opfer von sexuellen Übergriffen, 15 waren es im Vorjahr.
Auch während der Corona-Schutzmaßnahmen eröffne die Initiative die Möglichkeit zu einem persönlichen Gespräch. „Wir können dazu einen geschützten Raum bieten – zum Beispiel in Anwaltskanzleien“, sagt Guth. Zudem stehe auch die Frauenberatungsstelle Indigo für Treffen zur Verfügung. Sie zählt zu den Kooperationspartnern des Weissen Rings.