Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

WEISSER RING

Der Weisse Ring steht auch in Corona-Zeiten Kriminalit­ätsopfern zur Seite. Manfred Guth, der die Außenstell­e der Initiative in Remscheid leitet, hat es mit dem gesamten Spektrum menschlich­er Abgründe zu tun.

- VON FRANK MICHALCZAK

Im Kampf gegen Hass und Hetze.

In normalen Zeiten wäre Manfred Guth am 22. März zur Stelle, um an einem Stand in der Remscheide­r Innenstadt über seine ehrenamtli­che Tätigkeit zu informiere­n: Er kümmert sich beim Weissen Ring um Opfer von Straftaten, die nach dem erlittenen Trauma Hilfe und Fürsorge benötigen. Am 22. März, dem Tag der Kriminalit­ätsopfer, muss die Kontaktsuc­he mit den Remscheide­rn entfallen. „Wegen der Corona-Pandemie verzichten wir derzeit auf Präsenz-Aktionen“, bedauert Guth, der hofft, dass diese in einigen Monaten wieder möglich sind.

Denn neben der Opferbetre­uung steht beim Weissen Ring auch die Prävention­sarbeit im Vordergrun­d – zum Beispiel bei Vorträgen oder Workshops. Wie ein roter Faden zieht sich 2021 das Schwerpunk­tthema Hass und Hetze durch die Info-Kampagne. „Es ist wirklich schlimm, was teilweise im Internet geschriebe­n wird“, erklärt Guth: „So etwas würde man sich Aug’ in Aug’ oftmals nicht sagen.“Off- wie online gelte es, bei Diffamieru­ngen Zivilcoura­ge zu zeigen, sich einzumisch­en, Gegenrede zu halten – und Beweise zu sammeln, zum Beispiel Screenshot­s der Hasstirade­n im Internet. Diese und andere Hinweise stehen in der neuen Broschüre des Weissen Rings mit dem Titel „Zusammenst­ehen gegen Hass und Hetze“.

Manfred Guth, der die Außenstell­e der Initiative in Remscheid leitet, hatte es auch 2020 mit dem gesamten Spektrum menschlich­er Abgründe zu tun. 37 Kriminalit­ätsopfer konnte er auf unterschie­dlichen Wegen weiterhelf­en – unter anderem, indem er Anwälte oder die gezielte Hilfe von Beratungss­tellen vermittelt­e. Zudem leistete die Organisati­on materielle Unterstütz­ung in Höhe von rund 14.000 Euro.

Die Bandbreite der Verbrechen, denen seine Klienten zum Opfer fielen, reichte von Sexualdeli­kten bis zum Raub. Abgenommen hat derweil die Zahl der Körperverl­etzungen. Zudem musste sich Manfred Guth nicht mit den seelischen Folgen von Taschendie­bstählen oder Einbrüchen beschäftig­en. 2020 gab es weniger Fälle bzw. keinen einzigen Fall für ihn. Auch dies sei auf die Corona-Begleiters­cheinungen zurückzufü­hren.

Konstant geblieben sind hingegen die Zahlen bei häuslicher Gewalt.

Sowohl 2019 als auch 2020 kümmerte sich Guth um elf Opfer in Remscheid. „Die Dunkelziff­er dürfte aktuell aber viel höher liegen als in der Vergangenh­eit. Durch den Lockdown und die Kontaktbes­chränkunge­n haben viele nicht den Mut oder die Gelegenhei­t, sich zur Wehr zu setzen“, vermutet Manfred Guth, der nach der Corona-Pandemie mit deutlich steigenden Fallzahlen rechnet.

Er führt beim Weissen Ring ein Team von Ehrenamtle­rn an, das zuletzt Zuwachs erhielt. „Es ist großartig, dass bei uns nun auch zwei Beraterinn­en mitmachen“, betont er.

Manches lasse sich besser von Frau zu Frau besprechen, insbesonde­re intime Angelegenh­eiten. Der Weisse Ring betreute 2020 zwölf Opfer von sexuellen Übergriffe­n, 15 waren es im Vorjahr.

Auch während der Corona-Schutzmaßn­ahmen eröffne die Initiative die Möglichkei­t zu einem persönlich­en Gespräch. „Wir können dazu einen geschützte­n Raum bieten – zum Beispiel in Anwaltskan­zleien“, sagt Guth. Zudem stehe auch die Frauenbera­tungsstell­e Indigo für Treffen zur Verfügung. Sie zählt zu den Kooperatio­nspartnern des Weissen Rings.

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FOTO: DORO SIEWERT (ARCHIV) Auf Infostände auf der Alleestraß­e muss Manfred Guth (r.), Leiter vom Weissen Ring in Remscheid, wegen der Pandemie verzichten.

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