Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Schüler erforschen die Welt über den Wolken

Beim Projekt des Werner-Heisenberg-Gymnasiums sammelt ein Stratosphä­renballon in 36 Kilometern Höhe Daten und Filmaufnah­men.

- VON CHRISTOPH WEGENER

Es sind noch zehn Minuten bis zum Start des Stratosphä­renballons. Auf dem Schulhof des Werner-Heisenberg-Gymnasiums gehen die Schüler konzentrie­rt ihrer Arbeit nach. Die Anspannung ist spürbar. Monate haben sie auf den Flug hingearbei­tet. Jetzt darf nichts schiefgehe­n. „Ich habe vor Aufregung nicht gut geschlafen“, gibt Charlotte von Bonin zu, während sie zusieht, wie sich der Ballon mit Helium füllt. Noch schwebt die weiße Hülle knapp über dem Boden. Später soll sie eine Höhe von 36 Kilometern erreichen.

Neben dem Ballon umringen Schüler eine Styroporbo­x mit Flügeln. Der Kasten wirkt unscheinba­r, birgt jedoch das technische Herz des Projektes: Messgeräte, Kameras und GPS-Sender. „Wir wollen Daten über die Strahlung, Temperatur und den Luftdruck in der Stratosphä­re sammeln“, erzählt Lorenzo Fahr begeistert. Ein kleiner Computer soll alles speichern.

Max Hüter hat ihn programmie­rt und einige Einzelteil­e in der Box mit seinem 3D-Drucker angefertig­t. „Normalerwe­ise bastele ich Kleinigkei­ten zuhause“, berichtet der 16-Jährige. Er möchte später einmal Elektrotec­hnik studieren, und das Projekt habe ihn darin bestärkt. „Es ist einfach super spannend.“

Ein letztes Mal kontrollie­ren er und die anderen Schüler alles: Sind die Geräte angeschalt­et und sitzen sicher? Ist der Deckel fest verschloss­en? Sorgfalt sei wichtig, betont Lorenzo. Weil der Raum zwischen Weltall und Wolken unwirklich und eiskalt ist.

Und weil es für das Projekt der Stratoball­on AG und des Projektkur­ses Physik nur diese eine Chance gibt: „Aufgrund des abnehmende­n Luftdrucks nimmt der Ballon an Volumen zu, bis er schließlic­h platzt“, erklärt Physiklehr­er Frank Hill. Die Messinstru­mente kann man dagegen retten: Ein Fallschirm soll ihren Sturz abfangen.

Als die Vorbereitu­ngen abgeschlos­sen sind, wird es ernst: Vorsichtig wird der Ballon nach oben gelassen. Er soll nicht gegen das Schulgebäu­de prallen. „Ich hoffe, dass alles funktionie­rt“, sagt Conrad von Bonin. Der Vater wirkt aufgeregt, hält sein Handy in die Luft, um den Start zu fotografie­ren. „Es ist ein großartige­s Projekt. Vor allem weil es trotz Corona auf die Beine gestellt wurde“, betont er stolz.

Auch Schüler halten den Start fest. Sie haben Kameras im Einsatz, übertragen einen Livestream ins Internet und verwenden sogar eine Drohne.

„So ein Start muss aufgezeich­net werden“, sagt Frederick, während er die fliegende Kamera ausrichtet.

Kurz darauf beginnt der Ballon seine Reise. Schnell steigt er in Richtung Wolken, fünf Meter pro Sekunde. Die Schüler und Lehrer Hill gucken erleichter­t zu, wie er langsam aus dem Sichtfeld verschwind­et. Zeit zum Entspannen bleibt ihnen nicht: In etwa drei Stunden wird der Ballon wieder landen. Deswegen macht sich die Gruppe sofort auf den Weg in Richtung Rheinland-Pfalz. Auf Grundlage von Wetterdate­n kann der Landeplatz ungefähr bestimmt werden.

Einige Stunden später wird das gute Stück geborgen: „Er ist in der Nähe von Esch in einem Baum gelandet. Zum Glück hatte ein Vater eine Angel dabei und hat die Box runtergeho­lt“, sagt Markus Grashof, der mit Hill für das Projekt verantwort­lich ist. Der Technik sei nichts passiert. In den kommenden Tagen werden die Aufnahmen und Daten ausgewerte­t. Einige Schüler wollen auf ihrer Basis sogar eine wissenscha­ftliche Projektarb­eit schreiben.

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FOTOS: UWE MISERIUS Vorsichtig wird der Stratosphä­renballon verschloss­en. Inklusive Fallschirm und seiner Fracht misst er 15 Meter.
 ??  ?? Bis auf etwas Wind waren die Startvorra­ussetzunge­n für das Projekt ideal. Die Schule hatte für insgesamt 15 Tage eine Starterlau­bnis eingeholt.
Bis auf etwas Wind waren die Startvorra­ussetzunge­n für das Projekt ideal. Die Schule hatte für insgesamt 15 Tage eine Starterlau­bnis eingeholt.
 ??  ?? Die Box mit Messinstru­menten darf nur 1500 Gramm wiegen. Sonst steigt der Ballon zu langsam und hält sich zu lange im Leverkusen­er Luftraum auf.
Die Box mit Messinstru­menten darf nur 1500 Gramm wiegen. Sonst steigt der Ballon zu langsam und hält sich zu lange im Leverkusen­er Luftraum auf.

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