Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
„Die Polizei ruft nie mit 110 an“ „Man sollte sofort misstrauisch werden, wenn jemand nach Geld und Wertsachen fragt“
Hauptkommissar Michael Schroer erklärt im Interview, wie man sich vor Telefonbetrug schützen kann.
Immer wieder gelingt es Betrügern, Menschen am Telefon so geschickt zu manipulieren, dass sie Fremden viel Geld aushändigen – oft ist damit ihr gesamtes Erspartes weg. Im Gespräch mit unserer Redaktion erklärt Kriminalhauptkommissar Michael Schroer vom Kommissariat Kriminalprävention / Opferschutz, wie man sich und Angehörige schützen kann.
Michael Schroer Hauptkommissar
Herr Schroer, was für Anrufe sollten mich misstrauisch machen?
Auf jeden Fall, wenn ich die 110 im Display sehe. Die Polizei ruft nie mit 110 an. Und dann die bekannte Masche mit der Frage: „Weißt du, wer hier ist?“Angehörige melden sich normalerweise mit ihrem Namen. Auch wenn ein angeblicher Rechtsanwalt, Staatsanwalt oder Arzt anruft und behauptet, dass wegen einer Notlage, zum Beispiel des Enkels, Geld gebraucht wird – etwa nach einem Unfall oder aktuell für Medikamente wegen einer Covid-19-Erkrankung. Und man sollte sofort misstrauisch werden, wenn jemand, auch ein angeblicher Polizist, nach Geld und Wertsachen fragt.
Wie sollte ich in solchen Fällen reagieren?
SCHROER Am besten sofort auflegen. Sich nicht in ein Gespräch verwickeln lassen, niemals Informationen über sich, seine Familie oder Wertsachen preisgeben und nicht auf Anweisung Telefontasten drücken. Das hört sich einfach an, fällt vielen aber schwer. Einfach aufzulegen, gilt als unhöflich. Zudem glaubt man an das Gute im Menschen und will in Notlagen helfen.
Was ist denn, wenn ich unsicher bin, ob das gerade ein Betrugsanruf ist?
Auflegen und selbst anrufen – unter einer Nummer, die man entweder selbst hat oder im Telefonbuch sucht. Wenn ein angeblicher Polizist anruft, kann man sich den Namen geben lassen und unter 110 nachfragen. Man darf sich nie von dem Anrufer direkt verbinden lassen oder bei einer Nummer anrufen, die man von dem Anrufer bekommt.
Was soll ich tun, wenn ich einen Betrugsversuch erkannt und aufgelegt habe?
Danach bei der Polizei melden. Das hilft uns, das Dunkelfeld aufzuhellen. Weil die Täter oft regional vorgehen, können wir andere Bürger warnen und die Banken ansprechen, damit diese bei hohen Geldabhebungen ihrer Kunden vorsichtig sind. Wir vom Opferschutz sind zu Bürozeiten immer erreichbar, darüber hinaus kann man uns auf den Anrufbeantworter sprechen.
Wie kann ich mich im Vorfeld schützen?
SCHROER Das Beste ist, nicht im Telefonbuch zu stehen, zumindest nicht mit Vornamen. Die Betrüger rufen vor allem Menschen mit älteren Vornamen an. Man sollte die richtigen
Nummern aller Angehörigen da haben, um solche Anrufe überprüfen zu können. Das einfachste technische Mittel ist ein Anrufbeantworter, auf den alle Anrufer erst sprechen müssen, dann erst rufe ich zurück. Betrüger sprechen nicht auf Anrufbeantworter. Es gibt Anrufblocker zu kaufen, die nur Anrufe von bekannten Nummern durchlassen. Bei Telefon übers Internet kann das auch am Router eingestellt werden.
Was kann ich tun, um Angehörige zu schützen?
Man sollte das Thema immer wieder ansprechen – auch wenn die Angehörigen das abwehren, weil sie glauben, sich auszukennen. Denn es gibt immer wieder neue Maschen. Ganz wichtig ist auch, einen guten Kontakt zu älteren Angehörigen zu halten, sie regelmäßig anzurufen. Denn auch Einsamkeit ist es, warum mancher sich in ein Gespräch verwickeln lässt.
Was macht die Polizei, um aufzuklären?
SCHROER Wir machen jeden Herbst die Aktion „Klüger gegen Betrüger“unter anderem mit Plakaten in den Fußgängerzonen. Aktuell hängen Plakate in den Wartebereichen der
Impfzentren in Solingen, Wuppertal und Remscheid. Alle Geimpften erhalten einen Flyer mit der Warnung vor Telefonbetrügern. Das kommt gut an, wir hatten dadurch schon Anrufe von Menschen, die von Betrügern angerufen wurden. Die sagen uns: „Durch den Flyer bin ich aufmerksam geworden.“Wir verteilen Infobroschüren in Seniorentreffs, kooperieren zudem mit den Medien. Wir arbeiten mit den Banken zusammen, entwickeln mit ihnen eine Sicherheitsvollmacht. Damit soll bei hohen Geldabhebungen immer ein vorher bestimmter Angehöriger seine Zustimmung geben. Und wir arbeiten an einem speziellen Geld-Umschlag für Auszahlungen. Darauf stehen Fragen, die Kunden auf die Gefahr einer Betrugsmasche aufmerksam machen sollen.