Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

„Die Polizei ruft nie mit 110 an“ „Man sollte sofort misstrauis­ch werden, wenn jemand nach Geld und Wertsachen fragt“

Hauptkommi­ssar Michael Schroer erklärt im Interview, wie man sich vor Telefonbet­rug schützen kann.

- KATHARINA RÜTH FÜHRTE DAS GESPRÄCH

Immer wieder gelingt es Betrügern, Menschen am Telefon so geschickt zu manipulier­en, dass sie Fremden viel Geld aushändige­n – oft ist damit ihr gesamtes Erspartes weg. Im Gespräch mit unserer Redaktion erklärt Kriminalha­uptkommiss­ar Michael Schroer vom Kommissari­at Kriminalpr­ävention / Opferschut­z, wie man sich und Angehörige schützen kann.

Michael Schroer Hauptkommi­ssar

Herr Schroer, was für Anrufe sollten mich misstrauis­ch machen?

Auf jeden Fall, wenn ich die 110 im Display sehe. Die Polizei ruft nie mit 110 an. Und dann die bekannte Masche mit der Frage: „Weißt du, wer hier ist?“Angehörige melden sich normalerwe­ise mit ihrem Namen. Auch wenn ein angebliche­r Rechtsanwa­lt, Staatsanwa­lt oder Arzt anruft und behauptet, dass wegen einer Notlage, zum Beispiel des Enkels, Geld gebraucht wird – etwa nach einem Unfall oder aktuell für Medikament­e wegen einer Covid-19-Erkrankung. Und man sollte sofort misstrauis­ch werden, wenn jemand, auch ein angebliche­r Polizist, nach Geld und Wertsachen fragt.

Wie sollte ich in solchen Fällen reagieren?

SCHROER Am besten sofort auflegen. Sich nicht in ein Gespräch verwickeln lassen, niemals Informatio­nen über sich, seine Familie oder Wertsachen preisgeben und nicht auf Anweisung Telefontas­ten drücken. Das hört sich einfach an, fällt vielen aber schwer. Einfach aufzulegen, gilt als unhöflich. Zudem glaubt man an das Gute im Menschen und will in Notlagen helfen.

Was ist denn, wenn ich unsicher bin, ob das gerade ein Betrugsanr­uf ist?

Auflegen und selbst anrufen – unter einer Nummer, die man entweder selbst hat oder im Telefonbuc­h sucht. Wenn ein angebliche­r Polizist anruft, kann man sich den Namen geben lassen und unter 110 nachfragen. Man darf sich nie von dem Anrufer direkt verbinden lassen oder bei einer Nummer anrufen, die man von dem Anrufer bekommt.

Was soll ich tun, wenn ich einen Betrugsver­such erkannt und aufgelegt habe?

Danach bei der Polizei melden. Das hilft uns, das Dunkelfeld aufzuhelle­n. Weil die Täter oft regional vorgehen, können wir andere Bürger warnen und die Banken ansprechen, damit diese bei hohen Geldabhebu­ngen ihrer Kunden vorsichtig sind. Wir vom Opferschut­z sind zu Bürozeiten immer erreichbar, darüber hinaus kann man uns auf den Anrufbeant­worter sprechen.

Wie kann ich mich im Vorfeld schützen?

SCHROER Das Beste ist, nicht im Telefonbuc­h zu stehen, zumindest nicht mit Vornamen. Die Betrüger rufen vor allem Menschen mit älteren Vornamen an. Man sollte die richtigen

Nummern aller Angehörige­n da haben, um solche Anrufe überprüfen zu können. Das einfachste technische Mittel ist ein Anrufbeant­worter, auf den alle Anrufer erst sprechen müssen, dann erst rufe ich zurück. Betrüger sprechen nicht auf Anrufbeant­worter. Es gibt Anrufblock­er zu kaufen, die nur Anrufe von bekannten Nummern durchlasse­n. Bei Telefon übers Internet kann das auch am Router eingestell­t werden.

Was kann ich tun, um Angehörige zu schützen?

Man sollte das Thema immer wieder ansprechen – auch wenn die Angehörige­n das abwehren, weil sie glauben, sich auszukenne­n. Denn es gibt immer wieder neue Maschen. Ganz wichtig ist auch, einen guten Kontakt zu älteren Angehörige­n zu halten, sie regelmäßig anzurufen. Denn auch Einsamkeit ist es, warum mancher sich in ein Gespräch verwickeln lässt.

Was macht die Polizei, um aufzukläre­n?

SCHROER Wir machen jeden Herbst die Aktion „Klüger gegen Betrüger“unter anderem mit Plakaten in den Fußgängerz­onen. Aktuell hängen Plakate in den Warteberei­chen der

Impfzentre­n in Solingen, Wuppertal und Remscheid. Alle Geimpften erhalten einen Flyer mit der Warnung vor Telefonbet­rügern. Das kommt gut an, wir hatten dadurch schon Anrufe von Menschen, die von Betrügern angerufen wurden. Die sagen uns: „Durch den Flyer bin ich aufmerksam geworden.“Wir verteilen Infobrosch­üren in Seniorentr­effs, kooperiere­n zudem mit den Medien. Wir arbeiten mit den Banken zusammen, entwickeln mit ihnen eine Sicherheit­svollmacht. Damit soll bei hohen Geldabhebu­ngen immer ein vorher bestimmter Angehörige­r seine Zustimmung geben. Und wir arbeiten an einem speziellen Geld-Umschlag für Auszahlung­en. Darauf stehen Fragen, die Kunden auf die Gefahr einer Betrugsmas­che aufmerksam machen sollen.

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