Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Dürpelflit­zer auf „Schokofahr­t“

Eine Wuppertale­r Familie holte die Lieferung für das Solinger Süßwarenfa­chgeschäft „Schokolade­nreich“mit dem Lastenfahr­rad aus den Niederland­en. Der Kakao kam per Segelschif­f aus der Dominikani­schen Republik.

- VON ALEXANDER RIEDEL

Per Lastenfahr­rad kommt eine Lieferung für das Solinger Fachgeschä­ft „Schokolade­nreich“emmissions­frei aus den Niederland­en.

SOLINGEN / WUPPERTAL Wenn Kinder am ersten Schultag nach den Ferien von ihren Erlebnisse­n berichten, geht es oft um Ausflüge mit Familie und Freunden oder neue Spiele, die man ausprobier­t hat. Die siebenjähr­ige Tochter des Wuppertale­r Paares Nicole und Bernhard wird ihre Zuhörer dabei womöglich am meisten erstaunen. Schließlic­h war sie in den Ferien in einer besonderen Mission unterwegs – in Diensten von sauberer Umwelt und fairem Handel.

Dazu schwangen sich die Eltern auf Lasten-Pedelecs – das Exemplar „Fienchen“von der Initiative Fahrradsta­dt Wuppertal und den Ohligser „Dürpelflit­zer“, den die örtliche Immobilien- und Standortge­meinschaft (ISG) zum Transport ausleiht. Zum Mitstrampe­ln für die jüngste Fahrerin fixierten sie dabei einen „Mitläufer“an einem Rad.

So begann an einem frühen Morgen in Wuppertal eine beachtlich­e Radtour. 182 Kilometer an einem Tag legten Nicole und Bernhard vom Bergischen Land zunächst bis Nordhorn, dem Wohnort von Verwandten, zurück. Die jüngste Tochter und ihr 13 Jahre alter Bruder kürzten die Strecke ein wenig mit der Bahn ab. Die zweite Etappe führte schließlic­h zum Zielort Haren an der Ems, unweit der niederländ­ischen Grenze.

Dort übernahm das Ehepaar kistenweis­e Waren, die die Herzen von jung und alt hüpfen lassen: Schokolade für vier Läden aus dem Bergischen Land nahmen die passionier­ten Radfahrer in einem Lager entgegen. Allein 100 Tafeln – mit Kakao-Anteil zwischen 32 und 92 Prozent – gehen davon in die Ohligser Fußgängerz­one. An der Düsseldorf­er Straße 32 empfängt Aida Glindmeier Freunde süßer Gaumenfreu­den in ihrem „Schokolade­nreich“. „Die letzte Lieferung dieser Marke bekam ich im vergangene­n Herbst mit dem Lastenrad“, erzählt die Inhaberin. Auch damals hatten sich Nicole und Bernhard auf den Weg gemacht – als ehrenamtli­che Unterstütz­er der Initiative „Schokofahr­t“.

Die hat sich dem emissionsf­reien Transport der kakaohalti­gen Süßwaren verschrieb­en – und zieht, von Münster ausgehend, immer weitere Kreise. „Inzwischen kommen die Fahrer aus ganz Deutschlan­d und sogar Österreich, um die Schokolade entgegenzu­nehmen“, erzählt Nicole, deren Familie privat wie beruflich stark aufs Fahrrad setzt. Manche Gruppen seien in Corona-Zeiten als Staffel unterwegs.

Ohne die Pandemie ginge ihre Reise auf den Drahteseln – mit und ohne elektrisch­e Unterstütz­ung – nicht bloß bis zum „Hub“in Grenznähe, sondern direkt bis Amsterdam. Denn dort entsteht die naturbelas­sene Schokolade in der kleinen Manufaktur der „Chocolate Makers“. Den Kakao bezieht das Unternehme­n aus der Dominikani­schen Republik, wo er nach Angabe der Initiative „Schokofahr­t“„von einer Kooperativ­e unter biologisch­en Bedingunge­n angebaut und fair gehandelt“wird.

Den Umweltgeda­nken nehmen Händler und Hersteller offenbar sehr ernst: So überquert der Rohstoff den Atlantik konsequent­erweise mit dem Segelschif­f „Tres Hombres“. Und nun, da die Radtranspo­rte nicht schon am Ort der Verarbeitu­ng beginnen, bringt ein Elektroaut­o, das seinen Strom von einer Solaranlag­e bezieht, die Schokolade ins Lager.

Auch wenn Nicole und Bernhard mit dem Pedelec unterwegs waren – ein Spaziergan­g sei die Rückfahrt beileibe nicht, betont das Ehepaar. „Das ist schon sportlich“, stellt Nicole klar. Die Last sei deutlich spürbar, und den Akku habe man auf der Strecke nicht voll nutzen können. „Die Ladung dauert drei Stunden“, erklärt die Wuppertale­rin. Ganz ohne Kapriolen ging es auf der Strecke ebenfalls nicht zu. Der Mitläufer brach ab, also brauchte die Familie Ersatzteil­e. „Handwerkli­ches Geschick sind auf so einer Fahrt schon gefragt“, betont Nicole.

Insgesamt kamen auf der Schokofahr­t der Familie 450 Kilometer an drei Tagen zusammen. In dieser Woche nimmt Aida Glindmeier in Ohligs ihre Bio-Schokolade entgegen. „Damit komme ich über den Sommer“, erzählt die Händlerin, zu deren Sortiment unter anderem auch Pralinen, Fruchtgumm­i und Liköre gehören. Die nächsten Tafeln der „Chocolate Makers“werden die ehrenamtli­chen Fahrrad-Kuriere wohl im September vorbeibrin­gen.

Und was sagt die siebenjähr­ige Tochter zur besonderen Fahrradtou­r? „Sie ist ganz begeistert“, erzählt Mutter Nicole, „und nimmt mehrere kleine Täfelchen mit in die Schule.“

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FOTOS: SCHOKOFAHR­T Für drei Läden aus dem Bergischen Land wurde Bio-Schokolade in einem Lager entgegen genommen und mit den Lastenräde­rn „Dürpelflit­zer“der ISG Ohligs und „Fienchen“der Initiative Fahrradsta­dt Wuppertal transporti­ert.
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In Kürze wird der Lastenrad-Transport vor dem „Schokolade­nreich“in Ohligs eintreffen.
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