Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Den Irrweg mit dem Iran beenden
Seit dem Beginn der Gespräche über das internationale Atomabkommen mit Teheran von 2015 wird über die Frage gestritten, ob es besser ist, eine aggressive Nahost-Macht wie den Iran mit einem Vertrag und strikten Vorschriften zu zügeln, oder ob man die Iraner mit Druck in die Knie zwingen sollte. Drei Jahre nach dem Ausstieg der USA aus dem Atomvertrag unter Donald Trump steht die Antwort fest: Der Iran ist ohne funktionierenden Vertrag gefährlicher als ohne. Die Islamische Republik ist heute so nahe an der Atombombe wie seit Jahren nicht mehr. Die neuen Verhandlungen, die an diesem Dienstag in Wien beginnen, sind deshalb eine Gelegenheit, den unter Trump begonnenen Irrweg der USA zu beenden.
Natürlich wird der Iran wegen des Vertrags nicht plötzlich zu einem konstruktiven und friedlichen Akteur. Gegner des Abkommens kritisieren, der Atomdeal gebe dem Iran über den Sanktionsabbau Zugriff auf viele Milliarden Dollar, mit denen er neue Raketen bauen und Israel bedrohen könne. Das iranische Raketenprogramm ist tatsächlich ein Problem, das gelöst werden muss – doch Trumps Sanktionen der vergangenen Jahre haben die Gefahr für Israel und andere US-Partner in der Region keineswegs verringert.
Eine iranische Führung, die wegen der Handelsvorteile des Atomabkommens viel zu verlieren hat, ist berechenbarer als eine Teheraner Regierung, die international isoliert ist und einen Gegner fürchten muss, der offen über einen Regimewechsel schwadroniert. Es ist gut, dass die Biden-Regierung den Fehler von Trump ausbügeln und zur Diplomatie zurückkehren will. Nun muss verlorenes Vertrauen mühsam neu aufgebaut werden. Das wird nicht leicht sein. Doch ohne neue Gespräche würde die Gefahr eines neuen Krieges im Nahen Osten wachsen.