Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Den Irrweg mit dem Iran beenden

- VON THOMAS SEIBERT NEUE GESPRÄCHE ÜBER ATOMABKOMM­EN..., POLITIK

Seit dem Beginn der Gespräche über das internatio­nale Atomabkomm­en mit Teheran von 2015 wird über die Frage gestritten, ob es besser ist, eine aggressive Nahost-Macht wie den Iran mit einem Vertrag und strikten Vorschrift­en zu zügeln, oder ob man die Iraner mit Druck in die Knie zwingen sollte. Drei Jahre nach dem Ausstieg der USA aus dem Atomvertra­g unter Donald Trump steht die Antwort fest: Der Iran ist ohne funktionie­renden Vertrag gefährlich­er als ohne. Die Islamische Republik ist heute so nahe an der Atombombe wie seit Jahren nicht mehr. Die neuen Verhandlun­gen, die an diesem Dienstag in Wien beginnen, sind deshalb eine Gelegenhei­t, den unter Trump begonnenen Irrweg der USA zu beenden.

Natürlich wird der Iran wegen des Vertrags nicht plötzlich zu einem konstrukti­ven und friedliche­n Akteur. Gegner des Abkommens kritisiere­n, der Atomdeal gebe dem Iran über den Sanktionsa­bbau Zugriff auf viele Milliarden Dollar, mit denen er neue Raketen bauen und Israel bedrohen könne. Das iranische Raketenpro­gramm ist tatsächlic­h ein Problem, das gelöst werden muss – doch Trumps Sanktionen der vergangene­n Jahre haben die Gefahr für Israel und andere US-Partner in der Region keineswegs verringert.

Eine iranische Führung, die wegen der Handelsvor­teile des Atomabkomm­ens viel zu verlieren hat, ist berechenba­rer als eine Teheraner Regierung, die internatio­nal isoliert ist und einen Gegner fürchten muss, der offen über einen Regimewech­sel schwadroni­ert. Es ist gut, dass die Biden-Regierung den Fehler von Trump ausbügeln und zur Diplomatie zurückkehr­en will. Nun muss verlorenes Vertrauen mühsam neu aufgebaut werden. Das wird nicht leicht sein. Doch ohne neue Gespräche würde die Gefahr eines neuen Krieges im Nahen Osten wachsen.

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