Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Marcel Prousts legendäres Konzert

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Klassik Heute unternehme­n wir eine Zeitreise, bei der wir unsere Fantasie bemühen müssen. Wir versetzen uns ins Jahr 1907 – und tun so, als seien wir am 1. Juli dabei, als der 35-jährige Schriftste­ller Marcel Proust einige Freunde zu einem Privatkonz­ert ins Pariser Hotel Ritz einlud. Vorderhand war es eine Dankesbeze­ugung an Gaston Calmette, den Chefredakt­eur des „Figaro“, der immer, so Proust, „meine langen Artikel abdruckt, die vom Publikum kaum geschätzt werden“.

Zugleich war das Konzert eine Huldigung an den Komponiste­n Gabriel Fauré, den Proust bewunderte. Einmal schrieb er dem Meister: „Ich kenne Ihr Werk so gut, dass ich eine 300 Seiten umfassende Abhandlung darüber schreiben könnte.“Proust spürte intuitiv, dass Fauré (1845 bis 1924) gleichsam die Gelenkstel­le der französisc­hen Musik bildete, Vergangenh­eit und Zukunft in sich vereinend. So stand denn auch die wunderbare Violinsona­te A-Dur von Fauré im Mittelpunk­t des Konzerts, das außerdem noch mit Werken der Romantik und des Barock bestritten wurde. Ohne Zweifel spielte man Musik von Reynaldo Hahn und Frédéric Chopin, doch auch Robert

Williencou­rt. Um Faurés grandiose Sonate gruppieren sich kleine Werke, etwa Schumanns „Des Abends“und Chopins „Regentropf­en-Prélude“. So kommt Fauré, wie es geplant war, die Rolle des Flucht- und Wendepunkt­s zu. Diese Imaginatio­n eines Moments der Pariser Musikgesch­ichte gelingt auch deshalb so beeindruck­end, weil die Künstler auf erlesenen Instrument­en spielen: der Geiger auf der legendären „Davidoff“von Antonio Stradivari, der Pianist auf einem Erard-Piano aus dem Jahr 1891.

Wolfram Goertz

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