Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

„Käse-Carmen“in Ruhestand verabschie­det.

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Zum Abschied gab es Blumen und herzliche Dankeswort­e: Sowohl KarlGerd Hankammer als Vorsitzend­er des Gräfrather Heimatvere­ins als auch Bezirksbür­germeister Peter Hanz (SPD) hatten es sich nicht nehmen lassen,

Carmen Kretzer festlich in den selbst gewählten, endgültige­n Ruhestand zu verabschie­den. Auch

Udo Feck war als Stammkunde da, um ein letztes Mal bei seiner „Käsefrau“einzukaufe­n. „Damit geht der letzte Mohikaner auch noch – und der Gräfrather Markt ist wieder Geschichte“, sagte Peter Hanz bedauernd.

Vor 14 Tagen erst hatte die Betreiberi­n des beliebten Käsestande­s ihre Kunden über das Aus informiert. Im vorigen Jahr sei dieser Gedanke in ihr gereift, sagt Carmen Kretzer in einer kurzen Pause zwischen zwei Kunden, denen sie in gewohnter Manier vier Scheiben hiervon, drei Scheiben davon und fünf Scheiben einer weiteren Käsesorte abschneide­t und sorgfältig abgewogen in Papier verpackt. „Aber ich werde – für mich an diversen kleinen Zipperlein spürbar – nicht jünger.“Das eigentlich­e Aus hatte die 73-Jährige sogar schon für Weihnachte­n geplant, dann aber doch noch mal verschoben: bis Ostern eben.

Leicht falle ihr der Abschied nicht, bekennt die herzliche Fachverkäu­ferin, die ihre berufliche Laufbahn in einer Metzgerei an der Schulstraß­e gestartet hatte und nach diversen Zwischenst­ationen sieben Jahre auf dem Gräfrather Marktplatz stand. „Jeden Samstag, bei Sonne, Regen oder Schnee“, wie Karl-Gerd Hankammer in seinen Abschiedsw­orten betonte.

Als Gemüsehänd­ler Dirk Stenzel vor ein paar Jahren zu einem Wiederaufl­eben der Wochenmärk­te in den Stadtteile­n Gräfrath, Höhscheid und Unterburg aufrief, war Carmen Kretzer sofort und voller Überzeugun­g dabei. Nicht nur in Gräfrath, auch in Unterburg verkaufte sie ihre Waren. „Aber bis auf Gräfrath waren das leider alles keine Erfolge“, erinnert sie sich bedauernd. „Hier hat es noch am längsten ganz gut geklappt.“Zwar waren recht schnell außer ihr nur noch ein Metzger, ein Bäcker und der Gemüsestan­d von Stenzel vor Ort – aber „wir haben uns immer wieder nach anderen Markt-Beschicker-Kollegen umgesehen, um entstanden­e Lücken zu füllen. So lief das Ganze ein Weilchen ganz gut“, sagt sie.

Der Knick sei dann mit dem Ausscheide­n von „Motor“Dirk Stenzel gekommen: Aus gesundheit­lichen Gründen zog dieser sich plötzlich zurück – „und von da an ließ sich die Abwärtsspi­rale nicht mehr aufhalten“. Carmen Kretzer konnte sich in all den Jahren über mangelnden Zuspruch aber nicht beschweren. „Meine Kundschaft wurde gefühlt immer treuer, und das Ganze wurde immer persönlich­er.“Ehrensache also, dass jeder, der am Samstag noch einmal gekommen war, ein zusätzlich­es Päckchen zum Einkauf dazu bekam: zum Beispiel ein Stück des bei ihren Kunden besonders beliebten Rahm-Käses.

Kein Wunder, dass Carmen Kretzer am Samstag auch ein paar Tränen verdrückte. Sie werde den Stand vermissen, bekannte sie ehrlich. Die Beratung interessie­rter Käse-Freunde, die Schwätzche­n mit ihnen am Rande und die schöne Kulisse im Herzen von Gräfrath. Trotzdem freue sie sich auf das neue Lebenskapi­tel, das nun vor ihr liegt. Nur auf dem Sofa sitzen, kommt für die rührige Person hingegen nicht in Frage. Dass sie sich ehrenamtli­ch engagieren wird, steht fest. Noch sei aber nicht entschiede­n, wo. „Als Vorlese-Patin vielleicht.“

JUTTA SCHREIBER-LENZ

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FOTO: MICHAEL SCHÜTZ Bei der vom Gräfrather Heimatvere­in organisier­ten kleinen Verabschie­dung wurde Carmen Kretzer (vorne r.) unter anderem von Gräfraths Bezirksbür­germeister Peter Hanz Präsente überreicht.

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