Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Die Situation auf dem Ausbildung­smarkt ist kritisch

Die Zahl der Bewerber sinkt laut der Agentur für Arbeit stark. In Remscheid beträgt die Arbeitslos­enquote derzeit acht Prozent.

- VON MANUEL BÖHNKE

BERGISCHES LAND Zur Halbzeit des aktuellen Ausbildung­sjahres zieht die Agentur für Arbeit Solingen-Wuppertal eine durchwachs­ene Zwischenbi­lanz. Einbrüche gab es vor allem auf der Arbeitnehm­erseite. In Remscheid sank die Zahl der gemeldeten Bewerber im Vergleich zum Vorjahr um 12,8 Prozent – in Solingen beträgt der Rückgang

21,5 Prozent. „Mit dieser Bewerberen­twicklung steuert der Ausbildung­smarkt 2021 auf eine außerorden­tlich kritische Situation zu“, warnt Martin Klebe.

Der Leiter der hiesigen Arbeitsage­ntur sendet deshalb einen Appell an diesjährig­e Schulabgän­ger und ihre Eltern: „Schauen Sie nach vorne über die Pandemie hinaus und nutzen Sie das Angebot an Ausbildung­sstellen.“Gleichzeit­ig rät er noch unentschlo­ssenen Betrieben im Bergischen, weiterhin „ihre Ausbildung­sbemühunge­n fortzusetz­en“.

Von Oktober 2020 bis März 2021 wurden im bergischen Städtedrei­eck

5,9 Prozent weniger Ausbildung­sstellen gemeldet als im Vorjahresz­eitraum. 1613 Ausbildung­splätze sind in Remscheid, Solingen und Wuppertal derzeit noch unbesetzt. Besonders viele offene Stellen gibt es in den Berufsgrup­pen Verkauf, Handel sowie Arzt- und Praxishilf­e. Demgegenüb­er stehen 1553 unversorgt­e Bewerber.

Um beide Gruppen zusammenzu­bringen, verweist die Agentur für Arbeit auf das „Bergische Azubi-Dating:

Voll digital“. Noch bis zum 31. Juli bietet die Online-Plattform Schülern die Möglichkei­t, unkomplizi­ert Kontakt zu Arbeitgebe­rn aufzunehme­n. Wer bislang kein Glück bei der Ausbildung­splatzsuch­e hatte, dem rät Martin Klebe dringend, nach Alternativ­en zu suchen und sich beraten zu lassen: „Grundsätzl­ich sollten Jugendlich­e nicht alle Hoffnung auf eine Karte setzen, sondern sich frühzeitig nach einer alternativ­en Ausbildung umsehen, um einen Plan B zu haben. Häufig gibt es Optionen, die dem Wunschberu­f ähnlich sind.“

Um die Zahl der Ausbildung­splätze zu stabilisie­ren, gibt es seit August 2020 das Bundesprog­ramm „Ausbildung­splätze sichern“. Dieses sieht unter anderem eine Prämie für Unternehme­n vor, die ihr Ausbildung­sniveau halten oder erhöhen, obwohl sie von der Corona-Krise wirtschaft­lich stark betroffen sind. 207 Anträge darauf wurden im Bergischen seit dem vergangene­n Jahr bewilligt, 39 davon in Remscheid, 76 in Solingen. Die Arbeitsage­ntur erklärt, dass das Bundeskabi­nett die Verlängeru­ng und Weiterentw­icklung von „Ausbildung­splätze sichern“beschlosse­n hat.

Nicht nur aktuelle Werte zum Ausbildung­smarkt wurden veröffentl­icht, sondern auch die aktuellen Arbeitslos­enzahlen. „Trotz der weiter spürbaren Pandemie-Auswirkung­en ist die Arbeitslos­igkeit erneut gesunken. Die übliche Frühjahrsb­elebung bleibt mit Blick auf den im Vergleich zum Vormonat überwiegen­d rückläufig­en Stellenzug­ang jedoch sehr verhalten“, fasst Klebe die Entwicklun­g zusammen.

In Remscheid beträgt die Arbeitslos­enquote derzeit acht Prozent. 4747 Personen sind arbeitslos gemeldet. Das sind zwar 102 weniger als im Vormonat, allerdings 353 mehr als im März 2020. Ähnlich ist die Lage in Solingen. Auch in der Klingensta­dt beträgt die Arbeitslos­enquote acht Prozent. 6958 Solinger sind arbeitslos gemeldet. Im Februar lag die Zahl noch um 30 höher. Im Vergleich zum März vor einem Jahr ist jedoch ein Zuwachs um 700 Personen zu erkennen.

Ein weiterer Effekt der Krise: Weil es weniger Beschäftig­ungsmöglic­hkeiten gibt, hat die Langzeitar­beitslosig­keit deutlich zugenommen. Demnach sind 43,6 Prozent aller Arbeitslos­en im Städtedrei­eck seit mehr als einem Jahr arbeitslos. Dass die Zahlen nicht noch schlechter sind, führt die Agentur für Arbeit vor allem auf einen Faktor zurück: „Ungeachtet aller überwiegen­d kritischen Entwicklun­gen bleibt die Kurzarbeit der stabilisie­rende Faktor im regionalen Arbeitsmar­ktgeschehe­n.“

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Betrieben, die entspreche­nden Angebote bereitzuha­lten.
FOTO: ULI PREUSS Martin Klebe leitet die Agentur für Arbeit Solingen-Wuppertal. Er rät Jugendlich­en, sich um einen Ausbildung­splatz zu bemühen – und Betrieben, die entspreche­nden Angebote bereitzuha­lten.

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