Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Pflegende Angehörige werden unbürokrat­isch mitgeimpft

- VON ULRICH SCHÜTZ

LEVERKUSEN Die Corona-Impfkampag­ne wird in Deutschlan­d gefühlt jeden Tag neu erfunden. Dennoch gibt es viele ungeregelt­e „Sonderfäll­e“: Bis Ostern blieben trotz aller Modifikati­onen und Priorisier­ungsänderu­ngen schwerkran­ke, pflegedürf­tige Menschen, die in Leverkusen zu Hause versorgt werden, bei den Impfungen unberücksi­chtigt, berichtet die Stadt. Die Behörden stufen diese Personen offensicht­lich grundsätzl­ich als bettlägrig ein.

Tatsächlic­h gibt es in Leverkusen beispielsw­eise Krebskrank­e, die zwar Pflegegrad 4 und mehr haben, aber durchaus so mobil sind, dass sie sich in der Öffentlich­keit bewegen – und natürlich auch ins Impfzentru­m kommen können. Damit haben sie die Chance, sich früher schützen zu lassen, was auch genutzt wird. Das hat weitere bemerkensw­erte Folgen.

Auf Nachfrage unserer Redaktion gab der Leverkusen­er Amtsarzt Martin Oehler eine wichtige lokale Neuerung bekannt: Bis zu zwei pflegende Angehörige von Schwerkran­ken (ab Pflegegrad 4) werden „unbürokrat­isch vor Ort“mitgeimpft, wenn sie ihre Pflegepers­on ins Impfzentru­m an der Nobelstraß­e in Wiesdorf begleiten. Eine Anmeldung beziehungs­weise eigene Impftermin­e sind dann für die vom Kranken nach Corona-Impfverord­nung benannten Personen nicht erforderli­ch, betonte eine Sprecherin der Stadt Leverkusen.

Diese spezielle Impfmöglic­hkeit für Angehörige sah die Stadt Leverkusen wegen einer von ihr reklamiert­en Lücke in den NRW-Regelungen bislang nicht vor. Allerdings: Das Land hatte schon Anfang März angeordnet, bettlägrig­en Kranken Impftermin­e in der eigenen Wohnung anzubieten. Dabei sollen „nach Impfverord­nung anspruchsb­erechtigte Kontaktper­sonen“ebenfalls „unbürokrat­isch“geimpft werden, betont das NRW-Gesundheit­sministeri­um ausdrückli­ch. Für die Organisati­on seien die Städte und Kreise zuständig, heißt es in der Informatio­n der Düsseldorf­er Landesregi­erung weiter. Diese Bestimmung wird jetzt auch in Leverkusen quasi analog auf solche Schwerkran­ke (ab Pflegegrad 4) angewendet, wenn sie ins Impfzentru­m Nobelstraß­e kommen.

Die Pressespre­cherin schränkte allerdings nach Rücksprach­e mit dem Leverkusen­er Amtsarzt ein: Eine Ausnahme gebe es, wenn an einem Tag sehr viele pflegende Angehörige ohne Impftermin im Impfzentru­m Nobelstraß­e erscheinen würden und dann nicht genügend Impfportio­nen verfügbar wären.

Während in einigen anderen Kommunen laut NRW-Gesundheit­sministeri­um Menschen mit Pflegegrad 4/5 schon daheim geimpft wurden, soll diese spezielle „aufsuchend­e“Corona-Vorsorge in Leverkusen erst ab dieser Woche und dann durch die Hausärzte erfolgen. Laut NRW-Regeln könnten dies grundsätzl­ich auch mobile Teams des städtische­n Impfzentru­ms Wiesdorf übernehmen, was aber laut Amtsarzt Oehler in der Gesamtstra­tegie nicht vorgesehen ist.

Aktiv werden müssen Schwerkran­ke, die keinen Hausarzt haben. Diese sollten ihren Facharzt fragen, was zu tun ist, um gegen Corona geimpft zu werden. Grundsätzl­ich dürfen zwar alle (KV-)Ärzte das Impfaufklä­rungsgespr­äch führen und die Corona-Impfspritz­e setzen, aber die flächendec­kenden Impfungen werden zunächst nur mit den Hausärzten gestartet.

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