Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
„Wir wollen Rede- und Antragsrecht“
Der Vorsitzender des Jugendstadtrats über die Wünsche und Ziele der Organisation. Eine Doppelspitze würde er unterstützen.
Herr Erkelenz, herzlichen Glückwunsch zur Wahl zum Vorsitzenden des Solinger Jugendstadtrats. Welche Schwerpunkte möchten Sie in Ihrer Arbeit setzen?
Ein bestimmtes Ziel habe ich mir da nicht gesteckt, da ich mich eher als Generalisten sehe und viele Themen wichtig finde. Ein erster Schritt für den Jugendstadtrat ist aber, demnächst mal die Solinger Jugendorganisationen der politischen Parteien einzuladen und den Kontakt zu ihnen auffrischen. Das möchten wir auf jeden Fall ändern, damit wir in Zukunft alle an einem Strang ziehen können. Ansonsten werden wir weiter in unseren Projektgruppen arbeiten und auch verstärkt Öffentlichkeitsarbeit machen. Dazu gehört zum Beispiel, unsere Internetseite zu überarbeiten, damit sich jeder ein Bild von unserer Arbeit machen kann.
Wie gut werden die Interessen von Kindern und Jugendlichen in Solingen ausreichend berücksichtigt?
Ich finde nicht, dass junge Leute übergangen werden, aber in manchen Punkten rücken ihre Bedürfnisse etwas in den Hintergrund. Ich denke da zum Beispiel an die Möglichkeit, Partys zu veranstalten und auch Locations dafür zu finden. Natürlich ist uns klar, dass das nicht Aufgabe der Stadt ist. So viele Orte haben wir da in Solingen ja nicht, und oft stellt sich das Problem, wie die Jugendlichen dann hin und zurück kommen. Deshalb brauchen wir beispielsweise bessere Anbindungen.
Auch der alte Jugendstadtrat hat Verbesserungen in Bezug auf den ÖPNV gefordert . . .
Ja, damit wird sich sicherlich auch unsere Projektgruppe „Nightlife und Jugendkultur“im neuen Jugendstadtrat beschäftigen, die bisher noch nicht die Chance hatte zu tagen. Das Thema wird uns weiter begleiten, zumal einige unserer Mitglieder auch im Fahrgastbeirat vertreten sind. Denn wir kennen alle das Problem, dass man in Solingen nachts von einer Party nicht mehr gut nach Hause kommt und entweder laufen oder das Fahrrad nehmen muss.
Zuletzt wurde der Wunsch im Jugendstadtrat laut, in den politischen Gremien das Rede- und auch Stimmrecht zu erhalten. Wie schätzen Sie Ihre Chancen ein?
Wir möchten erst mal das Rede- und das Antragsrecht erlangen, da wir das Stimmrecht nur schwierig bekommen können. Das sehen wir auch ein. Da sind wir aber auf einem guten Weg und haben super Leute, die unsere Interessen da vertreten.
Unter der Coronapandemie haben wir wohl alle im Moment zu leiden. Was bedeutet die Situation speziell für Kinder und Jugendliche – und für Sie persönlich?
Mir persönlich fehlen ganz banale Dinge, wie sich mal in einer größeren Runde zu treffen und andere mit einem Handschlag oder einer Umarmung begrüßen zu können. Das vermisse ich zurzeit am meisten.
Wie ist die erste digitale Sitzung des Jugendstadtrats gelaufen?
Die Sitzung war von den Wahlen geprägt, wo wir den Vorsitzenden, den Vorstand und den Vertreter für den Jugendhilfeausschuss gewählt haben. Das hat viel Zeit eingenommen, Technik war nicht immer auf unserer Seite. Wir hatten aber trotzdem viel Spaß. Einige Mitglieder haben die Pause spontan für eine musikalische Einlage genutzt, Gitarre gespielt und gesungen. Klar würde man sich lieber gegenüber sitzen, aber insgesamt läuft es super.
Von Ihrer Generation wird oft behauptet, sie sei entweder politikverdrossen oder zu idealistisch. Trifft eins von beiden zu?
Das ist schwer zu sagen. Es gibt tatsächlich Leute, die sehr idealistisch sind, allerdings sind beide Seiten vertreten in der Jugendkultur. Ich finde das auch vollkommen in Ordnungen und glaube, das ist nicht nur in unserer Generation so, sondern wahrscheinlich in jeder. Es ist doch toll, wenn es Jugendliche
gibt, die Bock haben, etwas zu machen und zu verändern.
Wie ist bei Ihnen der Wunsch entstanden, sich politisch zu engagieren?
Bei mir hat der Spaß an der Sache eine entscheidende Rolle gespielt. Vorher hatte ich schon die Schultour mitgemacht, bei der wir Werbung für den Jugendstadtrat gemacht haben. Da steht man dann wochenlang jeden Tag vor 200 Schülern und erzählt, wie schön dieser Jugendstadtrat ist – da habe ich gefragt, warum ich da selbst eigentlich nicht mitmache. Das gilt für die festen Mitglieder genauso wie für die Nachrücker, da machen wir keine Unterschiede. Deshalb sage ich auch immer, dass wir nicht 25 Mitglieder im Jugendstadtrat sind, sondern 30. Wir wollen gemeinsam präsent und offen für alle sein.
Zuletzt wurde im Jugendstadtrat auch der Wunsch nach einer Doppelspitze statt einem alleinigen Vorsitzenden laut. Wie stehen Sie zu der Idee?
Erst mal kann es nur gut sein, wenn da in Zukunft zwei Leute sitzen. Jetzt ist es so, dass ich zwar ein bisschen mehr telefoniere und organisiere, aber das meiste regeln wir auf einer Wellenlänge. Die Idee einer Doppelspitze unterstütze ich aber.