Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
„Wir sind mehr zusammengewachsen“
Mit neun Kindern durch die Pandemie: Familie Woyke meistert den Alltag trotz zahlreicher Hürden. „Es muss ja laufen“, sagen sie mit Blick auf das Zusammenleben in der Wohnung und das Lernen von zu Hause.
Die Corona-Pandemie stellt viele Familien vor große Herausforderungen: Homeoffice, Homeschooling, geschlossene Geschäfte und Sportstätten. Familie Woyke hat mittlerweile einen Weg gefunden, mit dem Wechselunterricht der Kinder, der Kita und dem Haushalt zurechtzukommen.
Neun Kinder im Alter von einem bis 15 Jahre haben Nicole und Sascha Woyke. „Es muss ja laufen“, sagen sie mit Blick auf das Zusammenleben in der Wohnung und das Lernen von zu Hause. Noch vor einem Jahr sah das aber anders aus. „Die erste Zeit war sehr chaotisch“, sagt der gelernte Maler und Lackierer. „Wir wussten gar nicht, wo wir anfangen sollten. Wollte das eine Kind Hilfe beim Plusrechnen, kam schon das nächste für’s Multiplizieren.“
Sieben der neun Kinder sind im schulpflichtigen Alter. Lennox (6), Finn (8) und Niklas (10) gehen derzeit zur Grundschule, Niklas wechselt im Sommer zur Albert-Einstein-Gesamtschule. Dahin gehen auch schon Lea (11), Chantal (13) und Marlon (15).
Die Eltern haben ein System gefunden, wie das Lernen auf Distanz gut funktioniert, denn durch den Wechselunterricht gehen die Kinder alle unterschiedlich häufig und lang zur Schule. „Wir setzen nicht mehr alle an einen Tisch, sonst lenken sie sich nur gegenseitig ab“, berichtet Nicole Woyke. Zeitlich versetzt machen sie ihre Hausaufgaben. „Damit sind wir nicht vor 16 Uhr fertig“, erklärt die Hausfrau, die nebenher noch den Haushalt macht.
Dabei besitzt die Familie weder einen Computer noch einen Laptop oder einen Drucker. IPads haben die Kinder von der Schule geliehen bekommen, die Grundschüler müssen sich die Geräte aber teilen. Das bedeute, dass eine Videokonferenz für ein Kind mitunter ausfallen müsse, wenn zeitgleich eine andere der Geschwister stattfindet. „Dann sind die Kinder enttäuscht“, sagt der Familienvater. Das letzte Tablet sei erst am Freitag eingetroffen – nach einem
Jahr Pandemie, sagt Nicole Woyke. Jeden Abend setze sie sich hin und schreibe die Arbeitsblätter für ihre Kinder ab. Ihre Sorge sei, dass die Kleinsten nicht mit dem Lesenlernen vorankommen.
In dem zehn Zimmer großen Haus in Hasten teilen sich nur die jüngeren Geschwister jeweils zu zweit ein Zimmer. Freunde treffen? „Immer nur einen oder eben draußen“, sagt Nicole Woyke. Natürlich würden sich die Kinder im Lockdown auch mal fetzen. „Die wissen nicht wohin mit ihrer Energie“, erklärt Sascha Woyke. Und auch der 13-jährige Florian findet klare Worte für das Zuhausebleiben: „Das war schon echt langweilig.“Deswegen sei er froh, jeden Tag für zwei bis drei Stunden in die
Heinrich-Neumann-Schule gehen zu können. Denn seine Eltern und seine Geschwister könnten manchmal ziemlich nervig sein. „Aber wir sind mehr zusammengewachsen“, sagt er. Spielt das Wetter mit, gehen die Kinder viel an die Luft. Bei Regen setzen sie auf Gesellschaftsspiele
und Zeichentrickserien.
Die Pandemie stellt die Familie vor weitere Herausforderungen: Einkäufe. „Haushaltsübliche Mengen gelten nicht für elf Personen. Da fallen wir raus. Drei Packungen Nudeln sind bei uns eine Mahlzeit“, berichtet Nicole Woyke. In der Folge habe sie schon einmal vom Sicherheitspersonal zur Kasse begleitet werden müssen, weil andere Kunden aggressiv reagierten. „Wir bekommen oft Sprüche zu hören.“
Die Babynahrung für Sohn Ben (1) habe sie sich zu Beginn der Pandemie von ihrer Mutter aus Herford schicken lassen, als in Remscheid alles ausverkauft war. Und die Kinder wachsen natürlich trotz Lockdown weiter, auf Online-Shops seien sie somit angewiesen.
Vor dem Coronavirus Familie aber keine Angst. „Wir achten nur mehr auf Symptome“, sagt Nicole Woyke. Lukas (4) sei gerade erst aus der Quarantäne der Kita entlassen worden, getroffen hat das Virus die Familie aber noch nicht.