Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

„Wir sind mehr zusammenge­wachsen“

Mit neun Kindern durch die Pandemie: Familie Woyke meistert den Alltag trotz zahlreiche­r Hürden. „Es muss ja laufen“, sagen sie mit Blick auf das Zusammenle­ben in der Wohnung und das Lernen von zu Hause.

- VON ALEXANDRA DULINSKI

Die Corona-Pandemie stellt viele Familien vor große Herausford­erungen: Homeoffice, Homeschool­ing, geschlosse­ne Geschäfte und Sportstätt­en. Familie Woyke hat mittlerwei­le einen Weg gefunden, mit dem Wechselunt­erricht der Kinder, der Kita und dem Haushalt zurechtzuk­ommen.

Neun Kinder im Alter von einem bis 15 Jahre haben Nicole und Sascha Woyke. „Es muss ja laufen“, sagen sie mit Blick auf das Zusammenle­ben in der Wohnung und das Lernen von zu Hause. Noch vor einem Jahr sah das aber anders aus. „Die erste Zeit war sehr chaotisch“, sagt der gelernte Maler und Lackierer. „Wir wussten gar nicht, wo wir anfangen sollten. Wollte das eine Kind Hilfe beim Plusrechne­n, kam schon das nächste für’s Multiplizi­eren.“

Sieben der neun Kinder sind im schulpflic­htigen Alter. Lennox (6), Finn (8) und Niklas (10) gehen derzeit zur Grundschul­e, Niklas wechselt im Sommer zur Albert-Einstein-Gesamtschu­le. Dahin gehen auch schon Lea (11), Chantal (13) und Marlon (15).

Die Eltern haben ein System gefunden, wie das Lernen auf Distanz gut funktionie­rt, denn durch den Wechselunt­erricht gehen die Kinder alle unterschie­dlich häufig und lang zur Schule. „Wir setzen nicht mehr alle an einen Tisch, sonst lenken sie sich nur gegenseiti­g ab“, berichtet Nicole Woyke. Zeitlich versetzt machen sie ihre Hausaufgab­en. „Damit sind wir nicht vor 16 Uhr fertig“, erklärt die Hausfrau, die nebenher noch den Haushalt macht.

Dabei besitzt die Familie weder einen Computer noch einen Laptop oder einen Drucker. IPads haben die Kinder von der Schule geliehen bekommen, die Grundschül­er müssen sich die Geräte aber teilen. Das bedeute, dass eine Videokonfe­renz für ein Kind mitunter ausfallen müsse, wenn zeitgleich eine andere der Geschwiste­r stattfinde­t. „Dann sind die Kinder enttäuscht“, sagt der Familienva­ter. Das letzte Tablet sei erst am Freitag eingetroff­en – nach einem

Jahr Pandemie, sagt Nicole Woyke. Jeden Abend setze sie sich hin und schreibe die Arbeitsblä­tter für ihre Kinder ab. Ihre Sorge sei, dass die Kleinsten nicht mit dem Lesenlerne­n vorankomme­n.

In dem zehn Zimmer großen Haus in Hasten teilen sich nur die jüngeren Geschwiste­r jeweils zu zweit ein Zimmer. Freunde treffen? „Immer nur einen oder eben draußen“, sagt Nicole Woyke. Natürlich würden sich die Kinder im Lockdown auch mal fetzen. „Die wissen nicht wohin mit ihrer Energie“, erklärt Sascha Woyke. Und auch der 13-jährige Florian findet klare Worte für das Zuhauseble­iben: „Das war schon echt langweilig.“Deswegen sei er froh, jeden Tag für zwei bis drei Stunden in die

Heinrich-Neumann-Schule gehen zu können. Denn seine Eltern und seine Geschwiste­r könnten manchmal ziemlich nervig sein. „Aber wir sind mehr zusammenge­wachsen“, sagt er. Spielt das Wetter mit, gehen die Kinder viel an die Luft. Bei Regen setzen sie auf Gesellscha­ftsspiele

und Zeichentri­ckserien.

Die Pandemie stellt die Familie vor weitere Herausford­erungen: Einkäufe. „Haushaltsü­bliche Mengen gelten nicht für elf Personen. Da fallen wir raus. Drei Packungen Nudeln sind bei uns eine Mahlzeit“, berichtet Nicole Woyke. In der Folge habe sie schon einmal vom Sicherheit­spersonal zur Kasse begleitet werden müssen, weil andere Kunden aggressiv reagierten. „Wir bekommen oft Sprüche zu hören.“

Die Babynahrun­g für Sohn Ben (1) habe sie sich zu Beginn der Pandemie von ihrer Mutter aus Herford schicken lassen, als in Remscheid alles ausverkauf­t war. Und die Kinder wachsen natürlich trotz Lockdown weiter, auf Online-Shops seien sie somit angewiesen.

Vor dem Coronaviru­s Familie aber keine Angst. „Wir achten nur mehr auf Symptome“, sagt Nicole Woyke. Lukas (4) sei gerade erst aus der Quarantäne der Kita entlassen worden, getroffen hat das Virus die Familie aber noch nicht.

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FOTO: MICHAEL SCHÜTZ Lenox (v. l.), Lea, Marlon, Nicklas, Chantal, Finn und Florian Woyke am großen Tisch bei den Hausaufgab­en, die sie sonst zeitlich versetzt erledigen – zwei Geschwiste­r fehlen auf unserem Bild.

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