Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Alle unter einem Dach
Alter, Nationalität oder Glaube spielen im Mehrgenerationenhaus Lindenhof keine Rolle.
Für gewöhnlich tobt hier am Eingang von Honsberg das Leben: Menschen kommen und gehen, grüßen sich herzlich, verweilen einen Augenblick im Gespräch, setzen sich bei gutem Wetter mit einem Kaffee nach draußen auf die Bänke oder bei bergischem Wetter eben gemütlich ins Bistro. Sie lassen sich beraten oder inspirieren, singen, beten und lachen zusammen. Denn im Mehrgenerationenhaus Lindenhof gibt es immer jemanden zu sehen, etwas zu tun oder zu erleben.
Mal sind es die Damen, jüngere und ältere, die voneinander lernen und für den guten Zweck Schals und Decken häkeln. Mal ist es ein kreativer Workshop, bei dem Künstlerin Ute Lennartz-Lembeck Jung und Alt Kunst und Handwerk näherbringt.
Regelmäßig einmal im Monat erklingt sogar Musik, wenn Freunde von Chanson, Schlager und Gospel zwischen 16 und 80 Jahren zum offenen Singen zusammenkommen. Diverse Gruppen, Institutionen und Vereine, auch mal eine größere Festgesellschaft tagen und feiern im großen Saal, der angemietet werden kann.
Seit seiner Eröffnung im April 2014 ist „der Neue Lindenhof“ein lebendiger Marktplatz für die unterschiedlichsten Menschen der Stadtgesellschaft: „Was uns als Haus ausmacht, ist, dass wir bei uns alle miteinander verbinden“, sagt Ute Friedrich-Zielas. Schon lange ist die Sozialarbeiterin „am Honsberg“aktiv, kennt die Bewohner des ehemaligen Arbeiterstadtteils sehr gut und ist im Quartier und darüber hinaus bestens vernetzt. Früher war „der alte Lindenhof“ihr berufliches Zuhause, ein Gebäude auf der gegenüberliegenden Straße des Mehrgenerationenhauses, „etwas nölig und
„Was uns als Haus ausmacht, ist, dass
wir bei uns alle miteinander verbinden“
Ute Friedrich-Zielas
Sozialarbeiterin
kleiner und weniger lichtdurchflutet als der Neue“, erinnert sich Friedrich-Zielas.
Und dennoch liegt auch dort der Grundstein für das, was heute ein Erfolgsmodell ist. Denn schon damals wurde „Mehrgeneration“gelebt, nur in kleineren Dimensionen. Legendär ist ihr Kinderkarneval, bei dem die gesamte Familie vom Kind bis zu den Großeltern verkleidet der fünften Jahreszeit frönen oder das Stadtteilfest, bei dem alle Nationalitäten zusammen feiern. „Auch unser Martinszug, das Osterfeuer oder unser Adventssingen waren schon immer generationsübergreifende Veranstaltungen“, berichtet die Sozialarbeiterin. „Kooperationen gab es auch damals schon, nur eben nicht so regelmäßig wie jetzt, wo wir alle unter einem Dach sind und die Wege kürzer.“
Die stärkere Zusammenarbeit, etwa mit der Arbeiterwohlfahrt, der Ditib, der evangelischen und katholischen Kirche sowie der Stadt haben nicht nur dazu geführt, dass sich Bewohner des Stadtteils nähergekommen sind, sondern auch viele Leute von außerhalb den Honsberg durch das Haus neu kennenlernen, sagt Friedrich-Zielas. „Durch unsere Größe und Aktivität sind wir sehr Präsent in der ganzen Stadt.“
Leider ist es durch die Corona-Pandemie in den vergangenen Monaten wesentlich leiser und ruhiger im Mehrgenerationenhaus geworden. Geschlossen ist es aber keinesfalls, betont Friedrich-Zielas. „Wir sind immer noch für die Menschen da, wenn auch in etwas anderer Form. Mit kleineren Aktionen, wie etwa der Corona-Tüte – ein thematisch gefüllter Beutel für die ganze Familie, mal mit einem Spiel, Blumensamen oder einem Rezept – hat die Sozialarbeiterin und das Team des Hauses den Kontakt zu den Menschen aufrechterhalten. Als nachhaltiges Haus, indem beispielsweise nur fair gehandelter Kaffee ausgeschenkt wird, haben sie sich kürzlich auch dem Foodsharing verschrieben und agieren nun jede Woche als Verteilstelle für gerettete Lebensmitteln.
„In den vergangenen zehn Jahren hat sich auch durch das Mehrgenerationenhaus vieles im Stadtteil entwickelt“, ist Friedrich-Zielas überzeugt. Auch ihre Arbeit habe sich verändert: „Projekte verändern sich, die Arbeit verlagert sich. Man schaut immer wieder, wo Bedürfnisse da sind, etwa jetzt, wo es keine Grundschule und keine OGS mehr im Stadtteil gibt, dafür eine neue Kita gebaut wird.“Das Mehrgenerationenhaus, sagt die Sozialarbeiterin sicher, „ist eine Bereicherung für alle.“