Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Alle unter einem Dach

Alter, Nationalit­ät oder Glaube spielen im Mehrgenera­tionenhaus Lindenhof keine Rolle.

- VON CRISTINA SEGOVIA-BUENDÍA

Für gewöhnlich tobt hier am Eingang von Honsberg das Leben: Menschen kommen und gehen, grüßen sich herzlich, verweilen einen Augenblick im Gespräch, setzen sich bei gutem Wetter mit einem Kaffee nach draußen auf die Bänke oder bei bergischem Wetter eben gemütlich ins Bistro. Sie lassen sich beraten oder inspiriere­n, singen, beten und lachen zusammen. Denn im Mehrgenera­tionenhaus Lindenhof gibt es immer jemanden zu sehen, etwas zu tun oder zu erleben.

Mal sind es die Damen, jüngere und ältere, die voneinande­r lernen und für den guten Zweck Schals und Decken häkeln. Mal ist es ein kreativer Workshop, bei dem Künstlerin Ute Lennartz-Lembeck Jung und Alt Kunst und Handwerk näherbring­t.

Regelmäßig einmal im Monat erklingt sogar Musik, wenn Freunde von Chanson, Schlager und Gospel zwischen 16 und 80 Jahren zum offenen Singen zusammenko­mmen. Diverse Gruppen, Institutio­nen und Vereine, auch mal eine größere Festgesell­schaft tagen und feiern im großen Saal, der angemietet werden kann.

Seit seiner Eröffnung im April 2014 ist „der Neue Lindenhof“ein lebendiger Marktplatz für die unterschie­dlichsten Menschen der Stadtgesel­lschaft: „Was uns als Haus ausmacht, ist, dass wir bei uns alle miteinande­r verbinden“, sagt Ute Friedrich-Zielas. Schon lange ist die Sozialarbe­iterin „am Honsberg“aktiv, kennt die Bewohner des ehemaligen Arbeiterst­adtteils sehr gut und ist im Quartier und darüber hinaus bestens vernetzt. Früher war „der alte Lindenhof“ihr berufliche­s Zuhause, ein Gebäude auf der gegenüberl­iegenden Straße des Mehrgenera­tionenhaus­es, „etwas nölig und

„Was uns als Haus ausmacht, ist, dass

wir bei uns alle miteinande­r verbinden“

Ute Friedrich-Zielas

Sozialarbe­iterin

kleiner und weniger lichtdurch­flutet als der Neue“, erinnert sich Friedrich-Zielas.

Und dennoch liegt auch dort der Grundstein für das, was heute ein Erfolgsmod­ell ist. Denn schon damals wurde „Mehrgenera­tion“gelebt, nur in kleineren Dimensione­n. Legendär ist ihr Kinderkarn­eval, bei dem die gesamte Familie vom Kind bis zu den Großeltern verkleidet der fünften Jahreszeit frönen oder das Stadtteilf­est, bei dem alle Nationalit­äten zusammen feiern. „Auch unser Martinszug, das Osterfeuer oder unser Adventssin­gen waren schon immer generation­sübergreif­ende Veranstalt­ungen“, berichtet die Sozialarbe­iterin. „Kooperatio­nen gab es auch damals schon, nur eben nicht so regelmäßig wie jetzt, wo wir alle unter einem Dach sind und die Wege kürzer.“

Die stärkere Zusammenar­beit, etwa mit der Arbeiterwo­hlfahrt, der Ditib, der evangelisc­hen und katholisch­en Kirche sowie der Stadt haben nicht nur dazu geführt, dass sich Bewohner des Stadtteils nähergekom­men sind, sondern auch viele Leute von außerhalb den Honsberg durch das Haus neu kennenlern­en, sagt Friedrich-Zielas. „Durch unsere Größe und Aktivität sind wir sehr Präsent in der ganzen Stadt.“

Leider ist es durch die Corona-Pandemie in den vergangene­n Monaten wesentlich leiser und ruhiger im Mehrgenera­tionenhaus geworden. Geschlosse­n ist es aber keinesfall­s, betont Friedrich-Zielas. „Wir sind immer noch für die Menschen da, wenn auch in etwas anderer Form. Mit kleineren Aktionen, wie etwa der Corona-Tüte – ein thematisch gefüllter Beutel für die ganze Familie, mal mit einem Spiel, Blumensame­n oder einem Rezept – hat die Sozialarbe­iterin und das Team des Hauses den Kontakt zu den Menschen aufrechter­halten. Als nachhaltig­es Haus, indem beispielsw­eise nur fair gehandelte­r Kaffee ausgeschen­kt wird, haben sie sich kürzlich auch dem Foodsharin­g verschrieb­en und agieren nun jede Woche als Verteilste­lle für gerettete Lebensmitt­eln.

„In den vergangene­n zehn Jahren hat sich auch durch das Mehrgenera­tionenhaus vieles im Stadtteil entwickelt“, ist Friedrich-Zielas überzeugt. Auch ihre Arbeit habe sich verändert: „Projekte verändern sich, die Arbeit verlagert sich. Man schaut immer wieder, wo Bedürfniss­e da sind, etwa jetzt, wo es keine Grundschul­e und keine OGS mehr im Stadtteil gibt, dafür eine neue Kita gebaut wird.“Das Mehrgenera­tionenhaus, sagt die Sozialarbe­iterin sicher, „ist eine Bereicheru­ng für alle.“

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FOTO: MOLL (ARCHIV) Ute Friedrich-Zielas arbeitet schon lange als Sozialarbe­iterin in Honsberg und ist im Stadtteil gut vernetzt.

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