Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Besondere Funde unter der Erde

Das Römisch-Germanisch­e Museum vertritt die Interessen der Bodendenkm­äler auf dem 400 Quadratkil­ometer umfassende­n Kölner Stadtgebie­t. Zwei Kölner Beispiele sind die Vogelsange­r Straße und der Georgsplat­z 10.

- VON JUSTINE HOLZWARTH

Eine moderne Millionens­tadt wie Köln entwickelt sich ständig weiter. Private wie öffentlich­e Investoren realisiere­n Jahr für Jahr zahlreiche Bauprojekt­e. Die Stadtarchä­ologie im Römisch-Germanisch­en Museum ist dabei bereits in die Planungsph­ase eingebunde­n, ganz gleich, ob es sich um die Errichtung oder Erweiterun­g von Gebäuden, Straßen- oder Kanalbauma­ßnahmen, Renaturier­ung von Bachläufen oder Erschließu­ng von großflächi­gen Neubaugebi­eten handelt. Das Römisch-Germanisch­e Museum vertritt auf Grundlage des Denkmalsch­utzgesetze­s NRW die Interessen der Bodendenkm­äler auf dem 400 Quadratkil­ometer umfassende­n Kölner Stadtgebie­t.

Zwei Kölner Beispiele waren 2020 besonders aufschluss­reich und eine Fundauswah­l wird im Rahmen der Präsentati­on „Archäologi­e im Rheinland 2020“im LVR-Landesmuse­um Bonn noch bis zum 30. April erstmals gezeigt - unter dem Vorbehalt, dass die Museen öffnen dürfen.

Bei den vorgestell­ten Funden aus Köln handelt es sich um die Vogelsange­r Straße und den Georgsplat­z 10. Bei einer Erneuerung von Fernwärme-, Gas- und Wasserleit­ungen in der Vogelsange­r Straße im Stadtteil Ehrenfeld kamen Überreste einer prächtig ausgestatt­eten Vorstadtvi­lla des römischen Köln zutage. Wie es das tägliche Geschäft der Stadtarchä­ologie in einer Großstadt mit sich bringt, sind es die kleinen Ausschnitt­e, die oftmals von großer Bedeutung sind.

Die Vogelsange­r Straße war keine antike Straße und durchquert heute auf Höhe der Mechternst­raße eine Villa im Weichbild der römischen Stadt. Die Villa war mit Mosaikfußb­öden, Wand- und Deckenmale­rei

ausgestatt­et. Einzigarti­g für die römischen Provinzen entlang von Rhein und Donau sind die Wandbezieh­ungsweise Deckenmale­reien. In den noch feuchten bemalten Putz wurden Mollusken, Schneckenh­äuser und Muscheln eingedrück­t. Solche Dekoration­en kennt man beispielsw­eise von den berühmten Ausgrabung­sstätten am Vesuv, aus Herculaneu­m und Pompeji.

Die Villa ist seit ersten Ausgrabung­en 1934 um die Kirche St. Mechtern herum bekannt. Bereits damals wurden die Funde, insbesonde­re Marmorinkr­ustationen, als „sehr wertvoll“beschriebe­n. Schließlic­h konnte bei weiteren Ausgrabung­en das Bild einer sogenannte­n Portikusvi­lla mit Eckrisalit­en gewonnen werden.

Im Vorfeld einer Schulerwei­terung des Kaiserin Augusta Gymnasiums am Georgsplat­z 10 in der südlichen Altstadt Kölns ist bei bauvorgrei­fenden Ausgrabung­en der beraubte Sandsteins­arkophag eines Germanen des frühen vierten Jahrhunder­ts geborgen worden. Die Knochen des Verstorben­en im Innern waren von den Grabräuber­n auf ihrer Suche willkürlic­h verstreut worden, außerhalb übersahen sie jedoch ein zugehörige­s Beigabende­pot,

das mit hochwertig­en Funden aufwarten konnte.

Mehrere Teller und Schalen aus Glas sowie Keramik, dazu kleine weißtonige Krüge, wurden dem Verstorben­en auf dem Weg ins Jenseits mitgegeben. Auf einem Teller lagen Knochen, verblieben­e Reste von Hühnchen als Wegzehrung. Zwei Münzen sollten als Bezahlung die Überfahrt über den Unterwelts­fluss sichern. Bemerkensw­ert ist ein aufwändig gestaltete­s Holzkästch­en, von dem sich mehrere Beschläge erhalten haben. Der Schlüssel steckte noch abgebroche­n im Schlüssell­och. Der Verstorben­e konnte anhand eines Gürtels identifizi­ert werden.

Die Umgestaltu­ng großer Industrieb­rachen an der Deutz-Mühlheimer Straße in ein neues Wohn- und Geschäftsv­iertel führte die Stadtarchä­ologie zur Wiege des industriel­len Kölner Kutschen- und Waggonbaus, den Werken Van der Zypen und Charlier. Im Grüngürtel nahe der Luxemburge­r Straße wurde eine Flakstellu­ng des Zweiten Weltkriegs vollständi­g ausgegrabe­n. Bauaktivit­äten südwestlic­h des Neumarkts haben schließlic­h zu neuen Aufschlüss­en in die dortige römische Vorstadt geführt.

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FOTO: STADT KÖLN Bei Kanalarbei­ten in der Vogelsange­r Straße kamen Überreste einer ausgestatt­eten Vorstadtvi­lla des römischen Köln zutage.

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