Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Neues Album per Video-Konferenz
Im Lockdown arbeitet Kai Heumann dank eines Stipendiums mit internationalen Künstlern an einem Gypsy-Salsa-Projekt. In der Musiker- und Künstlerkolonie Lennep wird „wie wild“produziert.
Am Alten Markt in Lennep, umgeben von mehr als 20 Gitarren, arbeitet Musiker Kai Heumann in seinem Gitarrenzentrum an einem neuen Album. Der Initiator der Musikerund Künstlerkolonie Lennep nutzt die Zeit ohne Auftritte. „Wir produzieren weiter, manchmal wie wild drauf los“, sagt Heumann und spricht damit für die meisten Mitglieder der Kolonie, die sich aus Musikern, Malern, Bildhauern, Autoren und Tänzern zusammensetzt. Künstler seien Individualisten, die Corona-Pandemie verhindere, dass sie gemeinsame Aktionen machen könnten.
Für ein Stipendium hatte sich Kai Heumann beim Kulturministerium beworben, das Stipendium hat er bekommen: Damit produziert er nun sein neues Gypsy-Salsa-Projekt. „Das sind zwei Stile, die beide sehr interessant sind, es gab aber komischerweise nie eine Verbindung“, sagt der Gitarrist. Für das Album hat er „weltbekannte Musiker aus der Gypsy-Szene“eingeladen und macht sich dabei die digitalen Möglichkeiten zunutze, die aus der Pandemie entstanden sind. Joscho Stephan, Stochelo Rosenberg und Paulus Schäfer wirken an der CD mit, sowie weitere kubanische Musiker. Per Videokonferenzen tauschen sich die Musiker aus, spielen darüber mit ihren Instrumenten Musikstücke ein.
„Sie nehmen die Musik bei sich auf, die sofort rübergestreamt wird. Das klappt von multiplen Orten“, erklärt Kai Heumann. Gebe es doch einmal Zeitverzögerungen im Internet, nehmen die Künstler ihre Parts alleine auf und verschicken sie dann. „Das ist eine prima Sache. So kann man mit Leuten, die keine Zeit haben, trotzdem gemeinsam etwas aufnehmen.“An einem „Mock-up“– einer Art Entwurf –, bei dem Kai Heumann alle Stimmen selbst einspielt, können sich die verschiedenen Musiker orientieren, um dann ihre eigenen Ideen einzubringen. Doch trotz der digitalen Möglichkeiten hofft Kai Heumann auf Lockerungen des Lockdowns. „Wenn es geht, wäre es schön, zusammenzuspielen.“Die CD soll im Mai erscheinen. Wenn doch Live-Sessions mit den anderen Musikern möglich sein sollten, wolle er den Start aber nach hinten verschieben. Mit seiner eigenen Band „Kai Heumann’s Proyecto Guitarra Latina“könne er momentan nichts konkret planen. Er gehe davon aus, erst im nächsten Jahr wieder Konzerte geben zu können. „Ich denke, wir werden dann viel draußen sein.“
Derweil unterrichtet Heumann weiterhin seine Gitarrenschüler – per Videokonferenz. Aus den Niederlanden, Frankreich und Spanien kommen seine Schüler, sogar aus Korea. Ein Freund habe Videos von ihm ins Netz gestellt, so sei der Kontakt entstanden. Die älteste Gitarrenschülerin sei 84 Jahre alt und selbst Mitglied in der Musikerund Künstlerkolonie. „Wir Künstler wohnen hier Tür an Tür in Lennep und wussten lange nichts voneinander“, sagt Heumann über die Künstlerkolonie.
Der Kontakt in der Kolonie werde derzeit über Whatsapp, Facebook und Telefonate gehalten. „Als Künstler, der von seiner Kunst leben muss, hat man genug zu tun“, sagt Heumann. Manche hätten ihre Arbeiten ins Internet verlegt. Für einige sei das deprimierend, dennoch gebe es eine gute Seite: Die Gelegenheit, endlich mal im Internet aktiv zu werden.