Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Hilfe für Familien von „Schattenkindern“
Dr. Susanne Holthaus gründet den Empompi-Verlag in Solingen. Mit dem Erlös will sie schwerkranke Kinder unterstützen.
„Em pom pi, kolonie, kolonastik . . .“Emma steht mit einem anderen Kind im Garten der Hamburger Uni-Kinderklinik und beschäftigt sich mit dem alten KlatschReim. Ihr schwer erkrankter Bruder wird wieder einmal behandelt und sie wartet. Das kleine Mädchen muss sich in ihren frühen Kindertagen viel alleine beschäftigen.
Emma ist ein „Schattenkind“. Sie verbringt eine Menge Zeit im Schatten der Krankheit. Paul litt an einer schlimmen Krebserkrankung. Das bösartige Osteosarkom hatte seinen Oberschenkelknochen befallen. Zahlreiche Krankenhausaufenthalte und Operationen waren notwendig, um den Krebs zu besiegen. Seine Mutter, die gebürtige Solingerin Dr. Susanne Holthausen, kümmert sich aufopfernd um ihren Sohn – ihr Mann Jörg konnte sie nicht mehr unterstützen. Er ließ sie unerwartet als Witwe zurück. 2010 kam er nicht vom Fußballspielen heim. Eigentlich kerngesund, Herzinfarkt, die Kinder waren gerade erst zwei und fünf Jahre jung. Die über zweistündige Reanimation verhalf dem Architekten nicht zurück ins Leben. Emma wurde viel „rumgereicht“, andere Menschen und Familien sowie die Oma aus Solingen unterstützten Susanne Holthausen und sorgten oft für ihre Tochter.
Die Idee einer Stiftung für mehr Lebensfreude für Familien mit schwer erkrankten Kindern und Eltern beschäftigt die Ärztin und Journalistin bereits seit ihrer Ausbildung im Klinikum Solingen. Durch ihr eigenes Schicksal motiviert, folgt sie fortan dem Wunsch, auch anderen betroffenen Familien zu helfen. Sie ruft die Stiftung Empompi ins Leben. Eines ihrer Projekte ist die Vermittlung von Ferienunterkünften, zu deutlich günstigeren Konditionen, in ganz Europa an Familien, die dringend eine Auszeit brauchen. Sie und eine Handvoll Helfer agieren als Vermittler zwischen Vermietern und betroffenen Familien. Einfach mal raus, die Koffer packen und los.
Weitere Projekte warten auf ihre Umsetzung. Sobald Holthausen passende Stifter gefunden und ausreichend Geld zur Verfügung hat, möchte sie zum Beispiel Ausbildungsstipendien für Kinder aus betroffenen Familien vergeben, da durch schwere Krankheiten oftmals finanzielle Probleme den Alltag erschweren. Neben weiteren Projekten gründet sie auch einen kleinen Verlag mit Sitz in ihrer Heimatstadt Solingen. Ein Teil des Erlöses fließt in die Stiftung.
Das erste Buch „Zeit im Glück“hat ihre Mutter geschrieben. Die Solingerin Uschi Holthausen wächst im Schatten des Zweiten Weltkrieges in Wuppertal als Uschi Katz auf. Sie berichtet in ihrem knapp 160-seitigen
Taschenbuch über ihre Kindheit. Ihr Vater wurde wegen seiner ablehnenden Haltung den Nazis gegenüber als Zwangsarbeiter ins Klärwerk Buchenhofen geschickt. Später musste er ins Flugzeugmotorenwerk nach Augsburg. Die Mutter verdiente mit Näharbeiten und einem ausgeprägten Einfallsreichtum etwas Geld.
Uschi Holthausen erzählt von Bombennächten im Bunker am Verschiebebahnhof Cronenberg und von der Zerstörung ihres Hauses. Aber auch davon, dass die Frauen ihre Frisuren mit Zuckerwasser in Form brachten, um wie Zarah Leander oder Marlene Dietrich auszusehen. Ein Teil des Buches beschreibt ihre Aufenthalte in der Schweiz. Mehrfach wurde sie nach
dem Kriegsende im Nachbarland von einer humanitären Organisation untergebracht und von hilfsbereiten Schweizern aufgepäppelt und umsorgt. So wurde die damals Neunjährige aber auch als „Verdingkind“genutzt, weil auf einer Obstplantage eine Magd erkrankt war und es keine Arbeitskräfte gab. Ein Ziel behielt sie stetig im Auge. „Ich wollte nach den Jahren des Hungers einmal dick sein.“
Den lang ersehnten erste Biss in eine Banane empfand sie jedenfalls als große Enttäuschung. Zu „mehlig und trocken“war ihr Urteil. Grundsätzlich findet Uschi Holthausen in vielen Ereignissen dieser Jahre das pure Glück. Ihren Blick auf das Positive an ihren Erlebnissen verliert sie nie. Sie schrieb „Zeit im Glück“hauptsächlich für ihre vier Enkel. Aber auch jedem anderen werden durch diese Zeilen einer Zeitzeugin die verschiedenen Facetten der Kriegsjahre aus Sicht eines Kindes anschaulich gemacht.