Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Taxifahrer arbeiten mit einem mulmigen Gefühl

- VON SVEN SCHLICKOWE­Y

Andreas Ritter geht es wie vielen Menschen aktuell – er würde gern früher gegen das Coronaviru­s geimpft. Doch Ritter, der nebenberuf­lich Taxi fährt, denkt dabei nicht nur an sich, sondern vor allem an seine Kollegen. „Wir Taxifahrer sind an vorderster Front im Einsatz“, sagt er. Ständig wechselnde Fahrgäste auf sehr engem Raum, einige davon schwer krank, doch in der aktuellen Impfpriori­sierung würden Taxifahrer gar nicht auftauchen. „Das kann es doch nicht sein.“

Angesichts der immer weiter steigenden Infektions­zahlen in Remscheid gingen viele Kolleginne­n und Kollegen mit einem mulmigen Gefühl zur Arbeit, sagt Ritter. „Oder am liebsten gar nicht.“Schließlic­h sei man im Taxi teils näher an den Menschen als zum Beispiel die Polizei oder die Feuerwehr. „Aber die sind schon alle geimpft.“Dass es unter den Remscheide­r Taxifahrer­n bisher kaum Corona-Fälle gegeben habe, sei fast schon ein Wunder, ist der 52-Jährige überzeugt: „Das ist ein Spiel mit Menschenle­ben.“

Deswegen fordere auch der Bundesverb­and Taxi und Mietwagen, dass Taxifahrer bei den derzeit laufenden Schutzimpf­ungen priorisier­t werden, sagt Achim Schötz, Geschäftsf­ührer der Funk-Taxi-Vereinigun­g Remscheid. „Dass der Verband sich für seine Leute einsetzt, liegt ja in der Natur der Sache.“Auch seien die Argumente dafür „relativ gut“, meint Schötz, der aber auch weiß: „Die anderen Verbände fordern das natürlich für ihre Branchen genauso.“

Das Taxi- und Mietwagen-Gewerbe in Remscheid habe in der Pandemie mit einem erhebliche­n Umsatzrück­gang zu kämpfen, weiß Schötz zu berichten: „Das Spätund Abendgesch­äft ist quasi komplett weg.“Auch Flughafent­ransfers oder Zubringer-Dienste zu Busreisen gebe es kaum noch. „Inzwischen sind Krankenfah­rten unser täglich Brot, wir fahren Patienten zu ihrer Chemo- oder Strahlenth­erapie oder auch zu normalen Arzttermin­en.“

Hinzu kämen verstärkt Besorgungs­fahrten, also das Erledigen von Einkäufen oder das Abholen und Einlösen von Rezepten ohne Fahrgast, insbesonde­re für ältere Kunden. Und Fahrten zum Impfzentru­m in der Halle West. Denn Pflegebedü­rftige mit Pflegegrad 3 und einem G-Vermerk im Schwerbehi­ndertenaus­weis

sowie alle ab Pflegegrad 4 und mit einem Ag-Vermerk bekommen das Taxi zur Impfung von ihrer Krankenkas­se bezahlt.

Für Andreas Ritter alles gute Gründe, Taxifahrer bei den Impfungen zu priorisier­en. Schließlic­h habe man inzwischen überwiegen­d Kontakt zu Kunden und Fahrgästen, die selber zu den Risikogrup­pen gehören. „Wenn nichts mehr geht, wir fahren noch“, sagt er. Doch dabei wolle man zumindest so gut wie möglich geschützt sein. Die Chancen auf eine vorzeitige Impfung seien aber überschaub­ar, lässt Achim Schötz von der Funk-Taxi-Vereinigun­g, in der derzeit 21 selbststän­dige Unternehme­n zusammenge­schlossen sind, durchblick­en.

Er setzt daher, auch mangels Alternativ­en, auf die bereits geltenden Hygienereg­eln. So seien alle Fahrer angehalten, nach jedem Fahrgast die Türgriffe zu desinfizie­ren. „Das Wichtigste ist aber das Lüften.“Zudem gelte für Fahrer wie Fahrgast während der kompletten Tour die Pflicht, eine medizinisc­he Maske zu tragen. Und auch eine Trennwand biete, zumindest bei kurzen Fahrten, Schutz.

Außerdem seien inzwischen auch die ersten Fahrer geimpft, sagt Schötz. Gerade Rentner, die nebenbei Taxi fahren, hätten oft schon ein Impfangebo­t bekommen. Kollegen mit Vorerkrank­ungen hätten nun bei ihrem Hausarzt eine Chance. „Das geht jetzt langsam voran.“

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FOTO: MOLL (ARCHIV) Die Taxi-Branche leidet erheblich unter der Corona-Pandemie.

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