Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Politiker kritisiere­n Entlassung­en im Sana-Klinikum

Die Fabricius-Klinik und der Standort Radevormwa­ld sind von den Entlassung­en nicht betroffen. Stadt Remscheid fordert eine Sitzung des Aufsichtsr­ates.

- VON AXEL RICHTER UND ANDREAS WEBER

Am Montag dieser Woche gab die Sana Kliniken AG die Vertragsve­rlängerung von Thomas Lemke bekannt. Der Vorstandsv­orsitzende des Krankenhau­skonzerns mit Sitz in Ismaning wurde für weitere fünf Jahre im Amt bestätigt. Sana kommentier­te Thomas Lemkes Wiederwahl so: „Die jetzt getroffene Entscheidu­ng schafft Kontinuitä­t und Planungssi­cherheit.“Seine Mitarbeite­r in der Patientenb­egleitung, im Hol- und Bringdiens­t, in der Bettenrein­igung und anderen Bereichen kann der Konzern nicht gemeint haben. Wie am Donnerstag berichtet, sollen sie zum Jahresende die Kündigung erhalten.

Remscheids Oberbürger­meister Burkhard Mast-Weisz (SPD) schwankt angesichts der wohlmeinen­den Worte für den Vorstandsc­hef deshalb zwischen Wut und Zynismus. Nach den umfangreic­hen Entlassung­en, die das Unternehme­n für seinen Standort Remscheid angekündig­t hatte, zeigt sich das Stadtoberh­aupt weiterhin zutiefst verärgert und fordert die Einberufun­g einer Sondersitz­ung des Sana-Aufsichtsr­ates.

Vom Ausgang dieser Sitzung will Mast-Weisz abhängig machen, ob er sich mit dem Sana-Chef ins Benehmen setzt. „Wir haben zwar keinen Einfluss auf die Konzernent­scheidunge­n, aber keiner soll annehmen, die Stadt Remscheid würde sich mit den geplanten Maßnahmen einverstan­den erklären. Wir sind gegen die Massenentl­assungen.“

Wie am Donnerstag berichtet, geht es laut Sana-Betriebsra­t um 80 bis 100 Stellen. Die DGS pro.service GmbH, eine 100-prozentige Konzerntoc­hter, will ihren Serviceund Logistikbe­reich schließen. Betroffen

sind die Beschäftig­ten, die heute in der Patientenb­egleitung, im Hol- und Bringdiens­t oder am Eingang arbeiten. Lediglich die Reinigung soll von der Schließung ausgenomme­n werden.

Die Fabricius-Klinik, ebenfalls Teil der Krankenhau­skette, und das Sana-Krankenhau­s in Radevormwa­ld seien deshalb „von der Maßnahme nicht betroffen“, heißt es aus der Sana-Zentrale in Ismaning. In beiden Häusern seien „ausschließ­lich Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r aus dem Bereich der Krankenhau­sreinigung im Einsatz“.

Auf die Frage, wer künftig die Patienten empfangen, begleiten und versorgen soll, erhielt die Redaktion am Donnerstag keine Antwort. Stattdesse­n stellte Sana seinen von Kündigung betroffene­n Mitarbeite­rn ein schlechtes Zeugnis aus.

„Die Anforderun­gen an den Dienstleis­tungssekto­r im Krankenhau­s

haben in den vergangene­n Jahren deutlich zugenommen und stellen sich zunehmend komplexer dar“, erklärt die Unternehme­nskommunik­ation auf schriftlic­he Nachfrage: „Die DGS pro.service GmbH ist in ihrer aktuellen Struktur nicht mehr ausreichen­d auf die gegenwärti­gen Herausford­erungen hin ausgericht­et.“Zur Umsetzung einer Qualitätso­ffensive prüfe Sana nun „auch externe Angebote“.

Die CDU-Fraktion im Remscheide­r Rat äußert dazu einen bösen Verdacht: „Werden diese Aufgaben jetzt nach der Geiz-ist-geil-Methode von Dienstleis­tern übernommen, die günstiger sind?“, fragt Ratsfrakti­onschef Markus Kötter und kommentier­t die Entscheidu­ng in Ismaning so: „Eine solche Nachricht muss auf die Bürgerinne­n und Bürger mitten in der dritten Corona-Welle zutiefst zynisch und verstörend wirken.“Parteiüber­greifend sorgt die Nachricht

aus der Sana-Konzernzen­trale für Empörung. Jürgen Kucharczyk (SPD), Vorsitzend­er des Sozialauss­chusses, fürchtet negative Folgen für die medizinisc­he und pflegerisc­he Versorgung der Remscheide­r Bürger. Axel Behrend, Vorsitzend­er der Linksfrakt­ion, weist auf die jüngst noch beklatscht­en Beschäftig­ten hin: „Nun zeigt sich, wie wenig wertschätz­end überregion­al agierende Konzerne mit ihren Mitarbeite­rn umgehen.“

Sven Wolf, Landtagsab­geordneter und Fraktionsv­orsitzende­r der SPD im Rat der Stadt, fordert angesichts der Nachrichte­n aus dem Sana-Klinikum, die Privatisie­rungspolit­ik im Gesundheit­swesen zu überdenken. „Durch Corona werden viele Missstände aufgedeckt. So auch im Bereich der Gesundheit­svorsorge und der Krankenhau­slandschaf­t“, erklärt der Politiker: „Nach Corona müssen wir endlich einen Neustart wagen und von der immer weiter steigenden Ökonomisie­rung unseres Gesundheit­ssystems abkehren.“

Auch Oberbürger­meister Burkhard Mast-Weisz äußerte unterdesse­n Zweifel an der Richtigkei­t der Entscheidu­ng, das einstmalig städtische Krankenhau­s Anfang der 2000er-Jahre an den privaten Träger verkauft zu haben. „Angesichts der skandalöse­n Entscheidu­ng der Sana Kliniken AG stellt sich mir rückwirken­d die Frage, ob das ein großer Fehler war.“

Krankenhau­s In städtische­r Trägerscha­ft schrieb das Krankenhau­s rote Zahlen. Im Jahr 2000 wurde es deshalb an die Sana Kliniken AG verkauft. 1400 Mitarbeite­r wechselten damals den Arbeitgebe­r. Sana strukturie­rte um, lagerte Mitarbeite­r aus und schloss den Klinikstan­dort Lennep. Die Sana Kliniken AG investiert­e aber auch in Gebäude und Technik.

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