Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Politiker kritisieren Entlassungen im Sana-Klinikum
Die Fabricius-Klinik und der Standort Radevormwald sind von den Entlassungen nicht betroffen. Stadt Remscheid fordert eine Sitzung des Aufsichtsrates.
Am Montag dieser Woche gab die Sana Kliniken AG die Vertragsverlängerung von Thomas Lemke bekannt. Der Vorstandsvorsitzende des Krankenhauskonzerns mit Sitz in Ismaning wurde für weitere fünf Jahre im Amt bestätigt. Sana kommentierte Thomas Lemkes Wiederwahl so: „Die jetzt getroffene Entscheidung schafft Kontinuität und Planungssicherheit.“Seine Mitarbeiter in der Patientenbegleitung, im Hol- und Bringdienst, in der Bettenreinigung und anderen Bereichen kann der Konzern nicht gemeint haben. Wie am Donnerstag berichtet, sollen sie zum Jahresende die Kündigung erhalten.
Remscheids Oberbürgermeister Burkhard Mast-Weisz (SPD) schwankt angesichts der wohlmeinenden Worte für den Vorstandschef deshalb zwischen Wut und Zynismus. Nach den umfangreichen Entlassungen, die das Unternehmen für seinen Standort Remscheid angekündigt hatte, zeigt sich das Stadtoberhaupt weiterhin zutiefst verärgert und fordert die Einberufung einer Sondersitzung des Sana-Aufsichtsrates.
Vom Ausgang dieser Sitzung will Mast-Weisz abhängig machen, ob er sich mit dem Sana-Chef ins Benehmen setzt. „Wir haben zwar keinen Einfluss auf die Konzernentscheidungen, aber keiner soll annehmen, die Stadt Remscheid würde sich mit den geplanten Maßnahmen einverstanden erklären. Wir sind gegen die Massenentlassungen.“
Wie am Donnerstag berichtet, geht es laut Sana-Betriebsrat um 80 bis 100 Stellen. Die DGS pro.service GmbH, eine 100-prozentige Konzerntochter, will ihren Serviceund Logistikbereich schließen. Betroffen
sind die Beschäftigten, die heute in der Patientenbegleitung, im Hol- und Bringdienst oder am Eingang arbeiten. Lediglich die Reinigung soll von der Schließung ausgenommen werden.
Die Fabricius-Klinik, ebenfalls Teil der Krankenhauskette, und das Sana-Krankenhaus in Radevormwald seien deshalb „von der Maßnahme nicht betroffen“, heißt es aus der Sana-Zentrale in Ismaning. In beiden Häusern seien „ausschließlich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem Bereich der Krankenhausreinigung im Einsatz“.
Auf die Frage, wer künftig die Patienten empfangen, begleiten und versorgen soll, erhielt die Redaktion am Donnerstag keine Antwort. Stattdessen stellte Sana seinen von Kündigung betroffenen Mitarbeitern ein schlechtes Zeugnis aus.
„Die Anforderungen an den Dienstleistungssektor im Krankenhaus
haben in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen und stellen sich zunehmend komplexer dar“, erklärt die Unternehmenskommunikation auf schriftliche Nachfrage: „Die DGS pro.service GmbH ist in ihrer aktuellen Struktur nicht mehr ausreichend auf die gegenwärtigen Herausforderungen hin ausgerichtet.“Zur Umsetzung einer Qualitätsoffensive prüfe Sana nun „auch externe Angebote“.
Die CDU-Fraktion im Remscheider Rat äußert dazu einen bösen Verdacht: „Werden diese Aufgaben jetzt nach der Geiz-ist-geil-Methode von Dienstleistern übernommen, die günstiger sind?“, fragt Ratsfraktionschef Markus Kötter und kommentiert die Entscheidung in Ismaning so: „Eine solche Nachricht muss auf die Bürgerinnen und Bürger mitten in der dritten Corona-Welle zutiefst zynisch und verstörend wirken.“Parteiübergreifend sorgt die Nachricht
aus der Sana-Konzernzentrale für Empörung. Jürgen Kucharczyk (SPD), Vorsitzender des Sozialausschusses, fürchtet negative Folgen für die medizinische und pflegerische Versorgung der Remscheider Bürger. Axel Behrend, Vorsitzender der Linksfraktion, weist auf die jüngst noch beklatschten Beschäftigten hin: „Nun zeigt sich, wie wenig wertschätzend überregional agierende Konzerne mit ihren Mitarbeitern umgehen.“
Sven Wolf, Landtagsabgeordneter und Fraktionsvorsitzender der SPD im Rat der Stadt, fordert angesichts der Nachrichten aus dem Sana-Klinikum, die Privatisierungspolitik im Gesundheitswesen zu überdenken. „Durch Corona werden viele Missstände aufgedeckt. So auch im Bereich der Gesundheitsvorsorge und der Krankenhauslandschaft“, erklärt der Politiker: „Nach Corona müssen wir endlich einen Neustart wagen und von der immer weiter steigenden Ökonomisierung unseres Gesundheitssystems abkehren.“
Auch Oberbürgermeister Burkhard Mast-Weisz äußerte unterdessen Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung, das einstmalig städtische Krankenhaus Anfang der 2000er-Jahre an den privaten Träger verkauft zu haben. „Angesichts der skandalösen Entscheidung der Sana Kliniken AG stellt sich mir rückwirkend die Frage, ob das ein großer Fehler war.“
Krankenhaus In städtischer Trägerschaft schrieb das Krankenhaus rote Zahlen. Im Jahr 2000 wurde es deshalb an die Sana Kliniken AG verkauft. 1400 Mitarbeiter wechselten damals den Arbeitgeber. Sana strukturierte um, lagerte Mitarbeiter aus und schloss den Klinikstandort Lennep. Die Sana Kliniken AG investierte aber auch in Gebäude und Technik.