Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Corona-Testpflicht vergrault Friseuren die Kundschaft
Ein Termin beim Friseur verlangt derzeit viel Vorabplanung. Den Aufwand wollen nicht viele Menschen in Remscheid auf sich nehmen.
(axd) Seit vergangener Woche besteht die Pflicht, einen negativen Corona-Schnelltest beim Friseurbesuch vorzulegen. „Viele Kunden haben ihren Termin nicht wahrgenommen“, berichtet Friseurin Anja Isler. Viele Telefonate mit Kunden drehen sich seitdem nur noch um Testfragen. Anja Isler macht teilweise selbst Termine für ihre Kunden im Testcenter aus.
An der Salontür muss sie die Tests dann auf Datum und Uhrzeit kontrollieren. „Der Aufwand ist schon groß. Die Kunden schreckt das ab“, sagt sie. Seien die Friseure im März gut besucht worden, sei der April schon etwas ruhiger gewesen. „Aber die vergangenen zwei Wochen sind schon sehr ruhig“, sagt Isler. Durch ständig neue Regelungen seien die Kunden zudem verunsichert.
Ähnliches berichtet Gudrun Sommerkorn, Obermeisterin der Friseur-Innung Remscheid. „Die Menschen sind total irritiert, weil jede Kommune ihre eigenen Regeln hat“, sagt sie. Ein Termin beim Friseur verlange viel Vorabplanung, damit der 24-Stunden-Zeitraum für den Termin reiche. Auch die Frage, was passiert, wenn der Termin innerhalb des 24-Stunden-Zeitfensters angetreten wird, aber länger dauert, sei dabei bereits aufgekommen, aber ungeklärt geblieben. Von den Testergebnissen müssen Fotokopien angefertigt werden. „Keiner geht mehr mit Unbefangenheit zum Friseur.“Seit Montag werden vollständig geimpfte sowie genesene Personen mit Menschen gleichgesetzt, die einen negativen Corona-Schnelltest vorweisen können. Eine nachgewiesene Immunisierung ersetzt in NRW somit den Nachweis über ein negatives Testergebnis unter anderem bei Dienstleistungen wie Friseurbesuchen. Dass nun Genesene und Geimpfte keinen Schnelltest mehr brauchen, ist sehr erfreulich, sagt Gudrun Sommerkorn – aus kaufmännischer Sicht. „Es schlagen ja zwei Seelen in der Brust. Die Ängstliche, Vorsichtige und das rein kaufmännische Denken.“Dennoch sei auch für die Gruppe der Immunen die FFP2-Maske unerlässlich. „Das Risiko ist geringer, aber immer noch vorhanden. Diese Sicherheit ist trügerisch.“Durch die Auflagen, sich Ergebnisse und Ausweise zeigen und Rückverfolgungsdokumente unterschreiben zu lassen, fällt „viel, viel Mehraufwand als im normalen Alltagsgeschehen an“, sagt Sommerkorn. Auch finanziell seien abgesagte Kundentermine erneut eine Herausforderung.
Die Gefahr dabei: „In ganz vielen Bereichen wird das die Schwarzarbeit fördern“, erklärt die Obermeisterin: „Unterstützen Sie bitte Ihren Friseur.“Das sei Solidarität mit jenen, die es momentan besonders schwer hätten. Sie wünscht sich außerdem, dass Friseure vorzeitig geimpft werden, denn der Abstand zum Kunden sei gering. Stichprobenartig wird in den Friseursalons der Stadt kontrolliert, berichtet Jürgen Beckmann, Leiter des Kommunalen Ordnungsdienstes. „Durch die neuen Möglichkeiten ist es ja freier und nicht enger geworden.“In der Vergangenheit sei überprüft worden, ob die Personenanzahl im Salon eingehalten und Masken getragen werden. Die Kontrolle, ob Kunden einen Schnelltest vorweisen können, ist nur am Rande erfolgt. „Es ist die Sorgfaltspflicht des Friseurs, nur Kunden in den Salon zu lassen, die eine der Voraussetzungen erfüllen“, sagt Beckmann – also entweder negativ getestet, geimpft oder genesen sind. Bislang sei kein Konzept für Kontrollen geplant.
Arzt Jens Pfitzner, der den Einsatz der Ermittler im Gesundheitsamt leitet, berichtet von vielen Fragen am Montag bezüglich der Infektionsbescheinigungen. Wer seine Bescheinigung nicht mehr besitzt, kann einen Ersatz beim Gesundheitsamt anfordern. In mehr als 90 Prozent der Fälle konnten Testergebnisse ausgestellt werden. Liegen die konkreten Befunde dem Gesundheitsamt nicht vor, könne auch die Quarantänebestätigung nachträglich angefordert werden, die das Datum der Infektion nachweist, erklärt Pfitzner.