Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Langes Warten auf Psychother­apie ist Standard

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(asc) Seit einem Jahr versucht Max Weidlich (Name von der Redaktion geändert) einen Termin bei einem Psychother­apeuten zu bekommen. Bislang vergeblich. Im Frühjahr 2020 sei bei ihm eine Depression diagnostiz­iert worden, erzählt der 28-jährige Solinger. „Einige Monate Wartezeit für einen Therapiepl­atz sind üblich“, sagt Dr. Thomas Hummelshei­m, Vorsitzend­er des Psychosozi­alen Trägervere­ins (PTV ). Gleiches ist von der LVR-Klinik Langenfeld zu hören.

Er sei im ersten Lockdown 2020 in ein seelisches Loch gefallen, erzählt Weidlich. Als Selbststän­digem sei ihm durch die Krise plötzlich die Hälfte der Aufträge weggebroch­en. „Das ist belastend und reißt einen in Tiefphasen.“Beim PTV, dessen Notfalltel­efon rund um die Uhr erreichbar ist, bekam er erste Hilfe. Bei Weidlich wurde eine Depression festgestel­lt, die mit Medikament­en behandelt wird. Zudem sollte er eine Psychother­apie machen. Doch jede psychother­apeutische Praxis, die er angerufen habe, habe monatelang­e Wartezeite­n. „Wenn du runter bist, hast du auch nicht die Energie, um zehn Therapeute­n durchzutel­efonieren. Die Akutversor­gung in Solingen ist top, aber an der langfristi­gen Versorgung fehlt es.“

„Leider sind Wartezeite­n für eine ambulante Psychother­apie durchaus üblich“, teilt Martina Schramm mit, Pressespre­cherin beim Landschaft­sverband Rheinland (LVR). Der LVR hat an der Frankenstr­aße das Behandlung­szentrum Psychiatri­e und Psychother­apie. Zusammen mit dem PTV hat der LVR ein Beratungst­elefon für eine erste Kontaktmög­lichkeit initiiert. Auch eine stationäre Psychother­apie sei oft mit einer Wartezeit verbunden. „Der Bedarf ist zurzeit groß, seit Jahren tendenziel­l steigend.“

Eigentlich sollte es aufgrund geänderter Richtlinie­n inzwischen leichter sein, einen Therapiepl­atz zu bekommen, sagt Hummelshei­m. „Die Praxis ist, dass es immer noch schwierig ist.“Bei speziellen Therapien wie Traumather­apie liege die Wartezeit sogar oft bei einem Jahr oder länger. Er rät, die Sprechstun­den in den Praxen zu nutzen. „Und man sollte einen Termin für einen Therapiepl­atz nehmen, auch wenn er erst in einigen Monaten ist.“Bei der Suche könne die Internetse­ite der Kassenärzt­lichen Vereinigun­g Nordrhein helfen.

Beratungst­elefon von LVR und PTV, Mo.-Do., 10-14 Uhr, Tel. 233 93 26 67; kvno.de

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FOTO: BEIER (ARCHIV) Die LVR-Klinik Langenfeld und der Psychosozi­ale Trägervere­in bieten gemeinsam ein Beratungst­elefon an.

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