Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

So wird Remscheid eine gesunde Baum-Stadt.

Stadtförst­er Markus Wolff formuliert vier Wünsche an Verwaltung, Politik und Bürger. Stadtbäume sind überlebens­wichtig. An heißen Tagen spenden sie Schatten, sorgen für Kühlung, filtern Feinstaub aus der Luft.

- VON MELISSA WIENZEK

Man nimmt sie oft nur im Vorbeifahr­en wahr, doch dabei sind sie Lebensrett­er: Stadtbäume. Sie sind überlebens­wichtig für uns Menschen. An heißen Juli- und Augusttage­n spenden sie Schatten, sorgen für Kühlung, filtern Feinstaub aus der Luft – und das ist gerade in einer bebauten, betonierte­n Innenstadt Gold wert. „Es deutet alles darauf hin, dass die heißen Tage aufgrund des Klimawande­ls künftig zunehmen werden. Es bleibt uns also gar nichts anderes übrig, als für mehr Grün zu sorgen“, sagt Stadtförst­er Markus Wolff. Vor allem für Senioren könnte der Hitzestau im Sommer zum Risiko werden. „Wir haben als Stadt eine Verantwort­ung, zu handeln.“

Deshalb erarbeitet die Stadt Remscheid nun das „Stadtbaumk­onzept 2050“in Zusammenar­beit mit Prof. Dr. Volker Dubbel von der Hochschule für angewandte Wissenscha­ft und Kunst Göttingen. Es wird ständig aktualisie­rt

Markus Wolff Stadtförst­er

– und bildet einen wesentlich­en Bestandtei­l der Remscheide­r Nachhaltig­keitsstrat­egie, für die sich Oberbürger­meister Burkhard MastWeisz (SPD) persönlich stark macht. „Aber auch Wirtschaft, Gesellscha­ft, Vereine und Verbände sind aufgerufen, die Nachhaltig­keitsziele der Vereinten Nationen umzusetzen“, betont Wolff. Klimaschut­z gehe uns schließlic­h alle an. Denn in welcher Welt möchten wir morgen leben? Der „Grün“-Faktor einer Stadt ist mittlerwei­le ein wichtiger weicher Standortfa­ktor geworden. Markus Wolff formuliert daher konkrete Wünsche für die grüne Zukunft Remscheids:

Wunsch 1: Vitalität und Anpassungs­fähigkeit steigern

„Bäume haben derzeit häufig keine guten Standortbe­dingungen. Dort, wo wir neu pflanzen, blicken wir nun sehr weit in die Zukunft: 50 bis 100 Jahre. Wir müssen uns auf schlechte Bedingunge­n einstellen“, erklärt der Stadtförst­er. Daher sei es sinnvoll, die Baumartenl­iste anzupassen – dies ist Teil des „Stadtbaumk­onzepts“. Der Wunsch für die Zukunft lautet: vitale und anpassungs­fähige Bäume. Denn die sollen auch unter den veränderte­n Klimabedin­gungen

in den nächsten Jahrzehnte­n gut gedeihen und die Gesundheit der Bürger fördern.

Wunsch 2: mehr Stadtbäume

Laut dem Umweltamt wurden in den vergangene­n Jahren mehr Bäume durch Baumaßnahm­en entnommen, als neue gepflanzt wurden – unterm Strich hat die Stadt so zahlreiche Bäume verloren. Ein fataler Trend. „Unser Ziel ist es, den Stadtbaumb­estand wenigstens zu halten, am liebsten aber zu vergrößern“, sagt Markus Wolff. Obwohl die Anzahl allein nicht entscheide­nd sei für den Bestand. „Es geht auch mit weniger, aber diese dann an optimalen Standorten.“Denn dort habe der Baum die Chance, sich frei und gesund zu entfalten – und seiner Ökosysteml­eistung gerecht zu werden.

Wunsch 3: Sachgerech­t diskutiere­n

Markus Wolff wünscht sich in der weiteren Debatte um städtische­s Grün eine sachgerech­te, inhaltlich­e Auseinande­rsetzung mit dem Thema. Verwaltung, Politik und Gesellscha­ft könnten hier besser zusammenar­beiten. Denn oft seien die Baum-Debatten hoch emotional. Beispiel Rotdornall­ee: Namensgebe­nde Rotdorne wurden hier einst auf hohem Felsen gepflanzt – kein guter Standort für solch einen Baum. Die Folge: Die Rotdorne waren zuletzt nicht mehr kräftig genug – und mussten gefällt werden. Nun haben die TBR Bäume nachgepfla­nzt, die deutlich besser mit dem Standort klarkommen: Apfeldorne. Was allerdings nicht bei allen Bürgern auf Verständni­s trifft. Aufklärung sei hier wichtig.

„Wir haben als Stadt eine Verantwort­ung, zu handeln“

Wunsch 4: Verantwort­ung übernehmen

Genauso wie die Stadt mit ihrem Zukunftsko­nzept Verantwort­ung für Stadtbäume übernimmt, könnten sich auch die Bürger mehr einbringen – mit Patenschaf­ten für den Baum vor der eigenen Tür. Das reflexhaft­e „Dafür ist doch die Stadt zuständig“sei nicht mehr zeitgemäß, es müsse ein Umdenken stattfinde­n, hat zuletzt auch Prof. Dubbel im Interview erklärt: Bäume sind Lebewesen, und sorgen für unsere Gesundheit. Daher wünscht sich auch Markus Wolff, dass jeder Einzelne ein bisschen mehr Verantwort­ung für den Baum vor der eigenen Haustür übernimmt. „Wässern im Sommer, Laub fegen, aber auch bei uns melden, wenn sich der Baum verändert und er vielleicht krank erscheint.“

Zu dieser Verantwort­ung gehöre im Übrigen auch, die angelegten Blumenwies­en auf Verkehrsin­seln nicht mit Müll zu verdrecken. Auch die Stadt könnte eine Baumpatens­chaft übernehmen, wie es in Gießen der Fall ist: Die Kommune übernimmt dabei die Kontrolle von privaten Bäumen. „Dies ist grundsätzl­ich denkbar, aber eine Frage der Ressourcen. Das gibt es nicht zum Nulltarif. Aber die Ökosysteml­eistung sollte uns das schon wert sein“, betont Markus Wolff.

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FOTO: ROLAND KEUSCH Ein Beispiel für einen vitalen Stadtbaum gibt es an der Elberfelde­r Straße zu sehen. Den Grünstreif­en davor haben die TBR mit Tulpen bepflanzt – eine wohltuende Augenweide, gerade in Pandemieze­iten.

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