Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Meinung zu belgischer Atomkraft gefragt
AKW Doel 1 und 2 werden bis 2025 verlängert. Leverkusen kann Stellung nehmen.
Die belgischen Atomkraftwerke Doel 1 und
2 bei Antwerpen sollen bis 2025 Strom produzieren. Die Verlängerung der Betriebserlaubnis über
2015 hinaus hat allerdings einen gravierenden Genehmigungsmangel: Es fehlt laut Urteil des Europäischen Gerichtshofes die nötige Prüfung, welche Auswirkungen die um zehn Jahre angehobene Laufzeit auf Mensch, Tier und überhaupt auf die Natur hat. Das belgische Verfassungsgericht entschied
2020 ebenso. Die Umweltverträglichkeitsprüfung wird jetzt nachgeholt. Stellungnahmen zu den beiden belgischen Atomkraftwerken können auch Leverkusener Bürger abgeben, schreibt die Stadt Leverkusen in einem Mitteilungsblatt für die Kommunalpolitiker.
Belgien betreibt sieben Kernkraftwerke, die 1975 gebauten Doel 1 und
2-Anlagen zählen zu den ältesten. Sie stehen nur circa 180 Kilometer Luftlinie von Leverkusen. Für eine radioaktive Wolke ist dies keine Entfernung, wie die Erfahrungen nach dem Gau im etwa 1600 Kilometer Kernkraftwerk Tschernobyl zeigen. Nach der Nuklearkatastrophe am 26. April 1986 wurden deshalb auch in Leverkusen etliche, teils massive Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit durchgeführt.
Noch heute weisen beispielsweise in Bayern Wildschweine überhöhte Strahlenbelastungen auf. Der Grund: Die Tiere ernähren sich viel von Wurzeln, Pilzen und Bodentieren, die Radioaktivität gut speichern, beschreibt das Bundesamt für Strahlenschutz. Die Experten empfehlen, auf den Genuss von selbst gesammelten Pilzen aus hochbelasteten Gegenden (Süddeutschland) vorsichtshalber zu verzichten.
Die Anlagen Doel 1 bis 4 und die Kraftwerke Tihange 1 bis 3 machen die Hälfte der belgischen Stromerzeugung aus. Dennoch will Belgien aus der Kernenergie aussteigen. Laut Gesetz vom 31. Januar 2003 soll dies bis 2025 erfolgen. Doel 1 und
2 sollen eigentlich schon seit sechs Jahren vom Netz sein. Im Juni 2015 verschob Brüssel per Gesetzesnovelle die Abschaltung der beiden AKW allerdings um zehn Jahre.
An der grenzüberschreitenden Umweltverträglichkeitsprüfung beteiligen sich neben Nordrhein-Westfalen auch Rheinland-Pfalz und die Niederlande. Für die Bundesrepublik hat das Land NRW die Koordination übernommen. Informationen gibt Belgien auf der Internetseite
„https://economie.fgov.be/de/doel1und2“.
Dort sind noch bis 15. Juni Mitteilungen per Webformular möglich. Deutsche Bürger und Behörden können zudem schriftlich bis einschließlich 1. Juli 2021 Stellungnahmen abgeben (entscheidend: Posteingang bei der belgischen Behörde). Die Adresse: FPS Economy, SME’s, Self-Employed and Energy, Directorate-General Energy, Division „Nuclear Applications“, Boulevard du Roi Albert II 16, 1000 Brussels, Belgium
2025 sollen die AKW Doel 1 und 2 in Belgien nach der Laufzeitverlängerung vom Netz gehen.