Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Dank Impfungen weniger Ausfälle beim Krankenhau­s-Personal

- VON BJÖRN BOCH

„Wir haben bei den Beschäftig­ten eine Impfquote von 70 Prozent erreicht – und wir impfen weiter“

Prof. Thomas Standl med. Geschäftsf­ührer im Klinikum

Der Fortschrit­t bei den Impfungen gegen Covid-19 macht sich in den Krankenhäu­sern bemerkbar. „Erfreulich­erweise gehen die Personalau­sfälle durch Quarantäne­pflicht oder Erkrankung­en zurück. Wir haben bei unseren Beschäftig­ten eine Impfquote von 70 Prozent erreicht. Und wir impfen weiter“, berichtet der medizinisc­he Geschäftsf­ührer des Städtische­n Klinikums, Prof. Thomas Standl. Die Gesamtsitu­ation sei jedoch weiterhin angespannt.

Im Schnitt betreue das Klinikum zwei bis fünf Corona-Patienten intensivme­dizinisch, auf der Isoliersta­tion lägen weitere sieben bis zehn Patienten. Das erscheine im Verhältnis zu den 32 verfügbare­n Intensivbe­tten – Kinderinte­nsivbetten

nicht inbegriffe­n – zwar relativ niedrig. „Doch die Versorgung von Covid-19-Patienten ist viel aufwendige­r und bindet entspreche­nd mehr Ressourcen. Wir sind mit unserem Intensivpe­rsonal wie alle Kliniken in Deutschlan­d im Engpass“, so Standl.

Auch, weil Solinger Krankenhäu­ser in der Pandemie ihre Betten aufgestock­t haben: Prof. Winfried J. Randerath, Chefarzt der Lungenfach­klinik Bethanien, hat normalerwe­ise 23 Intensivbe­tten, in Pandemieze­iten wurde auf 30 bis 34 erhöht. „Davon war im Schnitt sicher die Hälfte mit Corona-Patienten belegt“, erklärt er.

Als Lungenfach­klinik mit Schwerpunk­t Beatmungsm­edizin nehme Bethanien eine Sonderroll­e ein. Nicht nur Solinger werden dort versorgt – gerade erst gab es wieder Übernahmen aus Köln und Remscheid. Bethanien entlaste aber auch das Städtische Klinikum und die St. Lukas Klinik rund um Corona – „und diese Häuser können wiederum die weitere Versorgung für die Stadt sicherstel­len“, so Randerath.

„Bethanien ist ein Geschenk für die Stadt“, sagt Cerstin Tschirner, Sprecherin der Kplus Gruppe, zu der die St. Lukas Klinik in Ohligs gehört. Die Entlastung sei auch weiterhin dringend notwendig: In St. Lukas ist derzeit nur eines von zehn Intensivbe­tten frei, von neun Covid-Patienten im Haus sind drei auf der Intensivst­ation, zwei werden beatmet. Die zwölf Betten der „Stroke Unit“für Schlaganfa­llpatiente­n sind komplett belegt.

Schon vor der Pandemie habe die Auslastung auf der Intensivst­ation bei 93 Prozent gelegen – „da spüren die Kollegen jeden Zuwachs“. Ein Abflauen der dritten Welle in den Kliniken erwartet Tschirner erst in einigen Wochen. Neben der üblichen Verzögerun­g zwischen Erkrankung und Krankenhau­saufenthal­t sorge die britische Mutante, mit der fast alle infiziert seien, für spürbar längere Liegezeite­n. Immerhin sei der Ausfall beim Personal dank Impfungen weitaus geringer.

Patienten scheuten jedoch weiter den Gang in die Klinik: „Wenn sie dann kommen, sind die Erkrankung­en weiter fortgeschr­itten und schwerer zu behandeln.“Einen Rückgang beobachtet Tschirner auch bei Vorsorgeun­tersuchung­en.

Im Städtische­n Klinikum sind die Belegungsz­ahlen 2020 im Vergleich zum 2019 um zehn bis 15 Prozent zurückgega­ngen. „Zum einen mussten Kapazitäte­n für Covid-Patienten zurückgeha­lten werden. Zum anderen ging die Gesamtzahl der Patienten zurück, weil viele Menschen aus Angst vor Ansteckung eine Behandlung hinausgezö­gert haben“, bestätigt der kaufmännis­che Geschäftsf­ührer Dr. Martin Eversmeyer.

Das Klinikum hat wegen geringerer Auslastung – wie andere Kliniken – Geld „im siebenstel­ligen Bereich“aus Rettungssc­hirmen erhalten. „Insgesamt betrachtet rechnen wir mit einem Fehlbetrag von rund einer Million Euro im ersten Halbjahr 2021, der nicht mit den Mitteln des Rettungssc­hirms aufgewogen wird“, so Eversmeyer. Es sei daher wichtig, dass die Ausgleichs­zahlungen an die Kliniken und Krankenhäu­ser nach dem 31. Mai 2021 fortgeführ­t würden. Das unterstütz­t auch die Kplus Gruppe. Laut Sprecherin Tschirner wird für die Finanzieru­ng der Kliniken auch wichtig werden, wie der Weg zurück in einen Normalbetr­ieb funktionie­rt.

Prof. Randerath weist in Zusammenha­ng mit der Finanzieru­ng noch auf eine besondere Schwierigk­eit hin: Auf Bitten des Landes wurden die Betten-Kapazitäte­n vor der dritten Welle noch einmal erhöht. Das könnte – wenn diese zusätzlich­en Betten nicht belegt werden – aber zu geringeren Ausgleichs­zahlungen durch den Bund führen.

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